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Ein Moment fürs Leben. Roman

Ein Moment fürs Leben. Roman

Titel: Ein Moment fürs Leben. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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arbeitet. Plötzlich fühlte ich mich ganz leicht, denn ich hatte mich auch von der letzten Lüge befreit: Vater und ich würden niemals Freunde werden.
    Ich klinkte mich wieder in Vaters Vortrag ein. »… dem ist nichts mehr hinzuzufügen, und wir sollten dieses Gespräch augenblicklich beenden.«
    »Ja, ich habe nichts mehr hinzuzufügen«, grinste ich.
    Er wanderte davon, zu Onkel Harold, den er verachtete und der den Blick nicht von Majellas Busen abwenden konnte.
     
     
    Mum war im Schlafzimmer und machte sich fertig. Als ich hereinkam, wandte sie sich von ihrem Spiegel ab.
    »Wow, Mum, du siehst toll aus.«
    »Oh, Lucy, ich bin so albern, so nervös«, lachte sie, und gleichzeitig füllten sich ihre Augen mit Tränen. »Ich meine, worüber muss ich mir denn Sorgen machen? Es ist ja nicht so, als könnte er mich versetzen!«
    Wir lachten beide.
    »Du siehst wunderschön aus«, sagte sie.
    »Danke«, lächelte ich. »Ich liebe dieses Kleid. Es ist perfekt.«
    »Oh, du sagst das bestimmt nur, damit sich die pingelige alte Braut freut.« Sie setzte sich an ihren Frisiertisch.
    Ich nahm ein Kosmetiktuch und tupfte vorsichtig die Tränen aus ihren Augenwinkeln, wo sie das Make-up zu verschmieren drohten. »Glaub mir, Mum, ich lüge nicht mehr.«
    »Ist Don hier?«
    »Er redet draußen mit Onkel Marvin, der mich vor Vater gefragt hat, ob er mich in einem Werbespot für die Magic Carpet Cleaners gesehen haben könnte. Vater wäre fast tot umgefallen.«
    »Es war deine beste Arbeit«, sagte Mum mit gespieltem Stolz.
    »Es war meine einzige Arbeit«, erwiderte ich etwas bekümmert.
    »Du wirst schon etwas finden.«
    Ich zögerte. »Don hat mich gefragt, ob ich vielleicht mit ihm arbeiten will.«
    »Teppiche reinigen?«
    »Sein Dad hat Rückenprobleme. Die letzten zwei Wochen musste Don die ganze Arbeit allein erledigen, und er braucht Hilfe.«
    Zuerst machte Mum ein besorgtes Gesicht, weil ihr natürlich als Erstes die alte Silchester-Definition eines respektablen Jobs in den Sinn kam, aber dann erinnerte sie sich an ihre neugewonnenen Erkenntnisse, und sie lächelte. »Aber das wäre doch eigentlich sehr praktisch, oder nicht? Eine Tochter, die zur Abwechslung mal saubermacht, statt Chaos anzurichten. Und – nimmst du das Angebot an?«
    »Vater wird bestimmt nicht glücklich darüber sein.«
    »Wann hast du jemals etwas gemacht, um ihm zu gefallen?«
    Mum sah aus dem Fenster.
    »Schau ihn dir an. Ich sollte ihn aus seinem Elend erlösen und runtergehen.«
    »Nein, lass ihn noch zehn Minuten schwitzen.«
    »Ach, ihr zwei …«, sagte Mum kopfschüttelnd. Dann stand sie auf.
    Ich holte tief Luft. »Bevor du zu ihm gehst, möchte ich dir ein Geschenk geben, diesmal ein richtiges Geschenk. Erinnerst du dich, dass du mal gesagt hast, du hättest nie das Gefühl gehabt, bei irgendwas richtig gut zu sein? Und nie gewusst, was du tun solltest?«
    Verlegen sah Mum mich an, stellte sich dann aber den Tatsachen. »Ja, ich erinnere mich.«
    »Ich hab viel darüber nachgedacht. Abgesehen davon, dass du die beste Mutter der Welt bist und das beste Brot backst, ist mir eingefallen, dass du früher immer Bilder zum Ausmalen für uns gezeichnet hast. Weißt du das noch?«
    Mums Gesicht hellte sich auf. »Daran erinnerst du dich?«
    »Na klar! Deinetwegen hatten wir immer neue Malbücher, ganz gleich, wo wir waren. Und die waren echt gut. Und deshalb …« Ich hielt inne, rannte auf den Flur und kam zurück mit einer Staffelei samt Zubehör, geschmückt mit einer roten Schleife. »… deshalb hab ich das hier für dich gekauft. Du tust viel für andere Leute, Mum, aber als ich klein war, habe ich immer gedacht, du bist Malerin. Also solltest du malen.«
    Sofort bekam Mum wieder nasse Augen.
    »Nicht weinen, du ruinierst dein Make-up. Es wäre mir wirklich lieber, du würdest nicht weinen«, rief ich, schnappte mir das nächste Kosmetiktuch und begann wieder zu tupfen.
    »Danke, Lucy«, sagte sie mit einem leisen Schluchzen.
    In diesem Augenblick klopfte Riley an die Tür. »Sind die Damen bereit?«
    »Bereit für die nächsten fünfunddreißig Jahre«, lächelte Mum. »Gehen wir.«
     
     
    Ein großes Glücksgefühl durchströmte mich, als ich hinter meiner Mutter, die von Riley geführt wurde, durch den Gang auf den Hochzeitsbogen zuschritt, wo Philip und mein Vater uns erwarteten. Noch nie hatte ich Vater so stolz gesehen, und auf einmal erkannte ich den jungen linkischen Praktikanten, der meiner Mum versprochen hatte, sie nie

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