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Ein Moment fürs Leben. Roman

Ein Moment fürs Leben. Roman

Titel: Ein Moment fürs Leben. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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die Treppe runtergesaust war und auf dem Kies landete, merkte ich, dass ich meine Schuhe auf dem Rassen vergessen hatte. So hinkte ich mühsam über die Steine, biss mir auf die Wangen, um nicht laut zu schreien, und jagte Sebastian dann in Höchstgeschwindigkeit die Auffahrt hinunter zum Tor. Den ganzen Weg produzierte das arme Auto Fehlzündungen, als wollte es sagen:
Ein Glück, dass wir die los sind!
Aber meine großartige Flucht kam jäh zu einem Ende, als das elektrische Tor die wilde Jagd aufhielt. Widerwillig ließ ich das Fenster herunter und drückte auf den Knopf.
    »Lucy«, sagte Riley. »Komm schon, sei nicht sauer.«
    »Lass mich raus«, sagte ich nur und weigerte mich, der Gegensprechanlage in die Augen zu sehen.
    »Sie hat es für dich getan.«
    »Erzähl mir doch nicht, dass du nichts damit zu tun hattest.«
    »Na gut. Dann eben wir. Wir haben es für dich getan.«
    »Warum? Mir geht’s gut. Alles ist gut.«
    »Das sagst du dauernd.«
    »Weil ich das auch dauernd meine«, fauchte ich. »Jetzt mach das Tor auf.«

Kapitel 5

    Sonntag. Wie der Riesengorilla über dem Hochhaus in dem Film hatte der Termin das ganze Wochenende bedrohlich über mir aufgeragt und mich nun schließlich mit seinen fiesen Krallen gepackt. Die ganze Nacht hatte ich mich mit allen möglichen »Ich treffe mein Leben«-Szenarien herumgeschlagen. Manche Geschichten waren gut ausgegangen, andere nicht so, in einer wurde ausschließlich gesungen und getanzt. Ich hatte jedes erdenkliche Gespräch mit meinem Leben geführt – auf die sonderbare Traumart, die beim Aufwachen überhaupt keinen Sinn mehr ergab –, und jetzt war ich wach und total erschöpft. Ich schloss die Augen, kniff sie fest zusammen und wollte mich zwingen, von dem süßen Typen im Zug zu träumen, irgendwas Schmutziges. Aber es funktionierte nicht. Jedes Mal platzte das Leben herein wie ein vorwurfsvoller Elternteil, der einen Teenager bei etwas Verbotenem erwischt. Der Schlaf wollte sich einfach nicht einfinden, mein Kopf war hellwach und plante – kluge Dinge, die ich sagen wollte, schlagfertige Erwiderungen, witzige Retourkutschen, intelligente Einsichten, Absagen, die nicht beleidigend wirkten. Aber hauptsächlich überlegte ich, was ich anziehen sollte. In diesem Zustand öffnete ich schließlich die Augen und setzte mich auf. MrPan räkelte sich in seinem Körbchen und beobachtete mich.
    »Morgen, Hilary«, sagte ich, und er schnurrte dankbar.
    Was wollte ich meinem Leben über mich erzählen? Zum Beispiel, dass ich eine intelligente, witzige, charmante, begehrenswerte, elegante Frau mit einem hervorragenden Stilgefühl war. Ich wollte von vornherein klarstellen, dass ich alles auf der Reihe und unter Kontrolle hatte. Nachdenklich betrachtete ich meine Kleider auf der Vorhangstange, die ich gegen die Morgensonne vorgezogen hatte. Ich betrachtete meine Schuhe auf dem Fensterbrett. Dann schaute ich aus dem Fenster nach dem Wetter, wieder auf die Schuhe, zurück zu den Kleidern. Aber keines sprach mich an, also musste der Wandschrank herhalten. Ich beugte mich hinüber und öffnete die Tür, aber bevor sie ganz offen war, stieß sie gegen das Bett. Egal, ich konnte genug sehen. Die Glühbirne war schon vor etwa einem Jahr kaputtgegangen, also griff ich nach der Taschenlampe neben meinem Bett und leuchtete damit hinein. Hosenanzug, dachte ich, schmal geschnitten, schwarzes Jackett, Schulterpolster für eine Prise achtziger Jahre, schwarze Weste, Absätze achteinhalb Zentimeter. Ich selbst dachte bei dieser Optik an Jennifer Aniston auf einem neueren Cover von
Grazia
, aber meinem Leben würde es hoffentlich den Eindruck vermitteln, dass ich das Leben ernst nahm, Hosenanzug-ernst, aber dennoch locker und entspannt blieb. Außerdem vielleicht noch, dass jemand gestorben war, und ich zur Beerdigung ging – aber ich hoffte einfach, dass das Leben nicht an den Tod dachte. Ich ließ MrPan in einem offenen Pumps mit Plattformsohle zurück, in dem er sich niedergelassen hatte und Gene Kelly im Matrosenanzug betrachtete – ein Bild aus dem Film
Heut gehen wir bummeln
 –, und versprach ihm, dass ich ihn in ein paar Tagen mit nach draußen nehmen würde. Als ich gerade in den Aufzug gestiegen war, hörte ich, wie die Tür meiner Nachbarin aufging, und so heftig ich auch auf den Knopf drückte – ich saß in der Falle. Im Spalt zwischen den sich schließenden Türen erschien ein Turnschuh, und da war sie auch schon.
    »Das war knapp«, lächelte sie. Dann

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