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Ein Moment fürs Leben. Roman

Ein Moment fürs Leben. Roman

Titel: Ein Moment fürs Leben. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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meine Großmutter.
    »Gestern hat sie auch keine gekriegt.«
    »Möchtest du unbedingt das Risiko eingehen?«
    »Wir könnten aus dem gleichen Stoff wie ihr Kleid hübsche Taschentücher machen lassen. Nur für den Fall des Falles.«
    »Nicht wenn der Stoff so ähnlich ist wie bei deinem letzten Brautkleid.«
    Da war es also: das Ende meines bisherigen Lebens.
    Ich schaute wieder auf die Uhr.
    »Es ist so schade, dass du schon gehen musst, wir haben noch so viel zu planen. Kannst du vielleicht morgen noch mal vorbeischauen? Dann können wir alles durchgehen«, fragte Mum, gleichzeitig erwartungsvoll und verzweifelt.
    Aber genau das war ja mein Dilemma. Mein Leben oder meine Familie. Eins so schlimm wie das andere.
    »Das geht leider nicht«, antwortete ich, wofür ich ein langes, betretenes Schweigen erntete. Mitglieder der Familie Silchester lehnten keine Einladungen ab, das war unhöflich. Man verschob Termine und riss sich sämtliche Beine aus, um nur keine Veranstaltung zu verpassen, zu der man eingeladen war, man heuerte Doppelgänger an und unternahm Zeitreisen – jedes Mittel war recht, um ganz sicher jede einzelne Zusage einzuhalten, die man selbst gegeben hatte oder die von anderen für einen gemacht worden war, auch wenn man nichts davon wusste.
    »Warum denn nicht, Liebes?«, fragte Mum, und sosehr ihre Augen sich bemühten, besorgt dreinzublicken, sie kreischten laut und deutlich:
Das ist Verrat!
    »Na ja, vielleicht kann ich kurz vorbeikommen, aber um zwölf hab ich einen Termin, und ich weiß nicht, wie lange er dauert.«
    »Einen Termin? Mit wem denn?«, fragte Mum.
    Tja, irgendwann musste ich es ihnen wohl erzählen.
    »Mit meinem Leben«, antwortete ich sachlich und ging fest davon aus, dass sie keine Ahnung haben würden, was ich damit meinte. Ich wartete, dass sie Fragen stellen und Meinungen verkünden würden, und nahm mir vor, ihnen zu erklären, dass es nur so ein zufälliges Ding war, das einem zugeteilt wurde wie Schöffendienst, und dass sie sich keine Sorgen machen mussten, denn mein Leben war ja in Ordnung, vollkommen in Ordnung.
    »Oh«, rief Mum, aber es klang ein bisschen wie ein Jaulen. »Ach du meine Güte, das ist ja nicht zu glauben.« Sie sah die anderen an. »Also, das ist wirklich eine Überraschung, stimmt’s? Wir sind alle
völlig
überrascht. Meine Güte. Was für eine
Überraschung

    Als Ersten schaute ich Riley an. Er machte ein Gesicht, als wäre er peinlich berührt, und sah auf seine Fingerspitzen hinunter, die damit beschäftigt waren, sich sanft an den Gabelzinken zu pieken. Dann blickte ich zu Philip hinüber, dessen Wangen sich etwas gerötet hatten. Meine Großmutter sah weg, als läge ein unangenehmer Geruch in der Luft, den selbstverständlich meine Mutter zu verantworten hatte, aber das war ja nichts Neues. Meinen Vater konnte ich nicht anschauen.
    »Du weißt es also schon?«
    Mum wurde knallrot. »
Was
weiß ich?«
    »Ihr wisst es alle!«
    Völlig fertig sackte Mum auf ihrem Stuhl zusammen.
    »Woher wisst ihr es?«, fragte ich laut, obwohl Silchesters niemals ihre Stimme erheben.
    Keiner antwortete.
    »Riley?«
    Endlich blickte Riley auf und sah mich mit einem kleinen Lächeln an. »Wir mussten es absegnen, Lucy, weiter nichts. Bloß unsere persönliche Zustimmung geben, dass die Sache läuft.«
    »Wie bitte? Und ihr wusstet, worum es geht?«
    »Es ist nicht seine Schuld, Liebes, er hatte nichts damit zu tun, ich hab ihn darum gebeten. Die wollten mindestens zwei Unterschriften.«
    »Wer hat denn sonst noch unterschrieben?« Ich sah sie an, einen nach dem anderen. »Etwa ihr alle?«
    »Du brauchst gar nicht so herumzuschreien, junge Dame«, sagte meine Großmutter.
    Am liebsten hätte ich ihr Mums selbstgebackene Brötchen ins Gesicht geschleudert oder ihr den Hummercocktail in den Rachen gestopft. Vielleicht merkte man mir das an, denn Philip appellierte hastig an alle, sich zu beruhigen. Allerdings hörte ich nicht, wie das Gespräch zu Ende ging, denn ich rannte weg – nein, ich durchquerte raschen Schrittes den Garten, ich rannte nicht, Silchesters rennen nicht weg –, um so schnell und so weit wie möglich fort von diesen Leuten zu kommen. Natürlich hatte ich den Tisch nicht verlassen, ohne mich zuvor zu entschuldigen, aber ich weiß nicht mehr genau, was ich sagte. Vermutlich murmelte ich irgendetwas davon, dass ich irgendwohin zu spät kommen würde, um dann höflich einen Abgang zu machen. Erst als ich die Haustür hinter mir zugezogen hatte,

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