Ein Moment fürs Leben. Roman
Produktionsassistentin. Ich hab nicht rausgekriegt, ob sie im Büro oder am Set arbeitet, aber jetzt weiß ich es. Jetzt weiß ich es mit Sicherheit.« Erneut begann ich meine Wanderung.
»Was weißt du mit Sicherheit?«
»Dass sie die Set-Assistentin ist, hörst du mir denn überhaupt nicht zu?«, fauchte ich. »Warte mal, wo ist mein Laptop?« Ich trampelte über den feuchten Teppich, riss das Eckschränkchen auf, schnappte mir meinen Laptop und einen Keks, den ich zermalmte, während der Computer hochfuhr. Mein Leben beobachtete mich von seinem hohen Hocker aus. Ich ging auf ihre Facebook-Seite und sah mir ihren Status an. Und schnappte nach Luft.
»Was ist jetzt schon wieder?«, fragte er gelangweilt.
»Ihr Status ist aktualisiert.«
»Und jetzt? Ist sie jetzt Ziegenhirtin?«, fragte er und sah zum Bildschirm, wo Jenna auf einem Standbild von Männern mit Umhängen umringt war.
»Nein.« Noch immer rasten meine Gedanken. Ich wusste es, ich wusste, dass meine Paranoia recht hatte.
»Steht da auch, auf wen sich ihr Status bezieht?«
»Nein.« Ich starrte auf ihr Facebook-Profil und versuchte mir vorzustellen, was hinter der Eingangsseite kam. »Ich wette, sie hat Fotos von sich und Blake eingestellt, alle möglichen Kommentare und Insider-Informationen. Wenn ich doch bloß reinkäme, dann könnte ich mir das ganze Zeug anschauen und wüsste Bescheid.«
»Fragt man auf den Dingern nicht nach, ob jemand mit einem befreundet sein will?«
»Glaubst du etwa, auf die Idee wäre ich noch nicht gekommen? Aber sie hat abgelehnt, dieses Miststück.«
Mein Leben sog die Luft durch die Zähne ein. »Du hättest vielleicht deinen Namen ändern sollen.«
»Hab ich doch.«
»Dann hättest du möglicherweise lieber deinen eigenen Namen benutzen sollen.«
»Bist du verrückt? Welcher Spion benutzt denn seine eigene Identität?«
»Oh, jetzt bist du also Spion. Okay, Null-Null-Lucy, ich glaube, du solltest dich jetzt erst mal ein bisschen beruhigen.«
»Ich kann mich nicht beruhigen. Bis jetzt sind sie als Paar ja noch ziemlich neu. Wann ist die Sendung aufgezeichnet worden? Bestimmt kann ich sie noch auseinanderbringen«, überlegte ich hoffnungsvoll. Dann rannte ich von der Küche zu meinem Bett, auf dem sich die Couchteile stapelten.
»He, pass auf mit dem Teppich!«, rief mein Leben.
»Ach, der kann mich mal, der Teppich«, gab ich theatralisch zurück. »Jetzt geht es um mein Leben.« Hektisch zerrte ich meinen Koffer vom Schrank herunter und fing an, Sachen hineinzuwerfen, völlig planlos, ich hätte mir aus dem Chaos niemals ein Outfit zusammenstellen können, aber allein der Aktionismus war in diesem Moment hilfreich.
»
Ich
bin dein Leben, und ich sage dir, hol tief Luft und denk nach.«
Ich gehorchte, aber nur, weil ich ihn brauchte. In meinem Kopf formte sich nämlich ein Plan, und mein Leben war darin ein zentraler Faktor.
»Du kannst nicht einfach deinen Koffer packen und ihm nachjagen bis …« Er schaute auf den Fernseher. »… Marokko.«
»Ich will auch nicht nach Marokko. Ich will nach Wexford.«
»Oh, welch aufregendes Ziel. Bei Thelma und Louise wäre bestimmt auch alles ganz anders gelaufen, wenn sie nach Wexford gefahren wären.«
»Dort ist sein Adventure-Center. Wenn ich jetzt mit Sebastian losfahre, kann ich morgen früh dort sein.«
»Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Sebastian bis dahin durchhält, und außerdem musst du morgen arbeiten.«
»Ich hasse meinen Job.«
»Ich dachte, du hast gesagt, du magst ihn.«
»Ich hab gelogen. Ich liebe Blake.«
»Ich dachte, du hast gesagt, dass du über ihn weg bist.«
»Ich hab gelogen. Ich hasse meinen Job, und ich liebe Blake.« Ich reckte die Faust in die Luft. Das zu sagen, fühlte sich richtig an.
Mein Leben seufzte. »Ein Schritt vor, zwei Schritte zurück.«
»Ich muss zu ihm«, beharrte ich, wenn auch etwas ruhiger. »Deshalb bist du hier. Ich weiß es. Als du weg warst, hab ich gegoogelt, wovon andere Leute träumen. Weil du nämlich recht hattest, ich hab keinen Traum, und das ist ziemlich traurig. Ich
sollte
einen Traum haben.«
»Ich weiß nicht, was trauriger ist – keinen Traum zu haben oder zu googeln, wovon andere Leute träumen.«
»Ich wollte mich doch nur inspirieren lassen – und weißt du, was da jemand geschrieben hat?« Ich war ganz atemlos, weil mir jetzt so klar zu sein schien, dass es sich auf mich bezog. »Er hat erzählt, dass er irgendwann, irgendwie wieder zu seiner wahren Liebe zurückkehren
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