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Ein Mord wird angekündigt

Ein Mord wird angekündigt

Titel: Ein Mord wird angekündigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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muss ein Kurzschluss sein!«, rief der Colonel.
    Von jenseits der Tür ertönte unaufhörlich eine schrille weibliche Stimme. Die Schreie wurden immer lauter, und dazu hörte man wütendes Hämmern gegen eine Tür.
    Dora Bunner, die still vor sich hin schluchzte, rief nun:
    »Das ist Mizzi. Jemand ermordet Mizzi … «
    »So viel Glück haben wir nicht«, brummte Patrick.
    »Wir brauchen Kerzen! Patrick, hol Kerzen … «, sagte Miss Blacklock.
    Der Colonel hatte bereits die Tür geöffnet, er und E d mund traten, jeder ein flackerndes Feuerzeug in der Hand, in die Halle, wo sie über eine ausgestreckt liegende Gestalt stolperten.
    »Der scheint getroffen zu sein«, Colonel. »Aber wo vol l führt eigentlich dieses Frauenzimmer den Höllenlärm?«
    »Im Esszimmer«, antwortete Edmund.
    Das Esszimmer lag auf der anderen Seite der Halle. Noch immer hämmerte Mizzi heulend gegen die Tür.
    »Sie ist eingeschlossen«, erklärte Edmund und drehte den Schlüssel um. Die Tür wurde aufgerissen, und wie ein wütender Tiger stürzte Mizzi in die Halle.
    Im Esszimmer brannte das Licht, und in dessen Schein bot Mizzi, die noch immer schrie, ein groteskes Bild: In der einen Hand hielt sie einen Lederlappen – sie war g e rade beim Silberputzen gewesen – und in der anderen ein großes Tranchiermesser.
    »Hören Sie doch auf, Mizzi!«, rief Miss Blacklock.
    »Halten Sie den Mund!«, herrschte Edmund sie an, und da Mizzi dieser Aufforderung keineswegs Folge leistete, beugte er sich vor und schlug ihr ins Gesicht.
    Mizzi keuchte, ihr Schreien ging in Schluchzen über, bis sie schließlich ganz verstummte.
    »Holen Sie Kerzen!«, befahl ihr Miss Blacklock. »Aus dem Küchenschrank. Patrick, weißt du, wo die Sicheru n gen sind?«
    »Im Gang hinter der Küche. Ich schaue gleich nach.«
    Als Miss Blacklock in den Lichtschein des Esszimmers trat, gab Dora Bunner ein lautes Stöhnen von sich und Mizzi stieß wieder einen spitzen Schrei aus.
    »Blut!«, keuchte sie. »Blut. Sie sind geschossen … Miss Blacklock, Sie zu Tod bluten!«
    »Seien Sie doch nicht albern!«, entgegnete Miss Blacklock kühl. »Ich bin kaum getroffen, die Kugel hat nur mein Ohr gestreift.«
    »Aber, Tante Letty, du blutest ja wirklich!«, rief nun auch Julia.
    Wirklich boten Miss Blacklocks weiße Bluse, das Pe r lenhalsband und ihre Hand einen schauerlichen Anblick.
    »Meine Ohren bluten leicht«, erklärte sie. »Ich erinnere mich noch, dass ich einmal als Kind beim Coiffeur in Ohnmacht fiel. Der Mann hatte mit der Schere mein Ohr nur geritzt, sofort schoss Blut hervor. Aber wir brauchen Licht!«
    »Ich hole die Kerzen!«, rief Mizzi.
    Julia ging mit ihr, und bald kehrten sie mit einigen auf Untertassen festgeklebten Kerzen zurück.
    »So, nun wollen wir uns den Übeltäter mal näher ans e hen«, sagte der Colonel. »Leuchten Sie, Swettenham!«
    Der ausgestreckt daliegende Mann war in einen schwa r zen Umhang und eine Kapuze gehüllt und trug schwarze Stoffhandschuhe, eine schwarze Maske bedeckte sein Gesicht; unter der verrutschten Kapuze wurde zerzaustes blondes Haar sichtbar. Der Colonel kniete nieder, fühlte den Puls und das Herz … dann zog er mit einem Ausruf des Ekels die Hand zurück, sie war voll Blut.
    »Er hat sich erschossen«, erklärte er.
    »Ist er schwer verletzt?«, fragte Miss Blacklock.
    »Hm. Ich fürchte, er ist tot … entweder hat er Selbs t mord begangen, oder er ist über seinen Umhang gesto l pert, und der Revolver ist beim Sturz losgegangen. Wenn ich nur besser sehen könnte … «
    Wie durch ein Wunder ging in diesem Augenblick das Licht wieder an.
    Angesichts des tot daliegenden Mannes hatten die A n wesenden ein Gefühl von Unwirklichkeit. Die Hand des Colonel war blutbefleckt, und Blut rieselte noch immer über Miss Blacklocks Hals und auf ihre Bluse.
    Der Colonel zog der Leiche die Maske vom Gesicht.
    »Wir wollen mal sehen, wer es ist«, sagte er. »Wah r scheinlich wird ihn aber niemand von uns kennen.«
    »Das ist ja ein ganz junger Mensch«, verkündete Mrs Harmond mit bedauerndem Unterton.
    Plötzlich rief Dora Bunner aufgeregt:
    »Letty! Letty, das ist ja der junge Mann aus dem Spa Hotel in Medenham Wells. Er kam neulich zu dir und wollte von dir das Reisegeld nach der Schweiz haben, und du hast es ihm nicht gegeben … Mein Gott, er hätte dich leicht umbringen können … «
    Miss Blacklock, völlig Herrin der Situation, sagte schneidend:
    »Phillipa, führe Bunny ins Esszimmer und gib ihr ein halbes Glas Kognak!

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