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Ein nackter Arsch

Ein nackter Arsch

Titel: Ein nackter Arsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Bauer
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zu informieren, ohne mich vorher anzurufen?“
    „Commissario, äh…“
    „Der ruft mich hier eben an, und ich steh da wie ein Idiot. Ich weiß nichts über diesen Schmidtbauer und er schon fast alles. Und dann noch die Sache mit der Pressekonferenz. Ich will unverzüglich auf den neuesten Stand gebracht werden. Warum hast du mich nicht vor Duchene angerufen?“
    „Hätte ich ja – aber erstens hat Duchene mich angerufen…“
    „Ich weiß“, stöhnte der Kommissar, „ich meine, bevor er mich anruft. Gibt es irgendeinen Hinweis, wer die Presse informiert hat?“
    „No, und…“
    „Was und?“
    „Ich wollte ja gleich anrufen, aber dann klingelte das Telefon schon wieder und, was für ein Zufall, Evi aus Köln war dran.“
    „W-was?“, stammelte Simarek in die Muschel, denn er war nun doch reichlich verwirrt. Sollte Evi jetzt schon bei seinem Assistenten anrufen, um ihm ihr Leid zu klagen? Das ginge ja wohl erheblich zu weit.
    „Es war dienstlich“, bemühte sich Fabio Trulli, betont korrekt zu klingen, denn er wusste, dass in letzter Zeit das Verhältnis zwischen Simarek und seiner Freundin nicht gerade entspannt genannt werden konnte. Und er wusste auch, dass er einen ordentlichen Krach mit seinem Chef riskierte, sollte er sich in irgendeiner Weise einmischen oder gar Partei für Evi ergreifen. Dabei hegte auch Fabio große Sympathie für Evi, seitdem sie bei einer Fortbildung einmal gemeinsam auf einer nächtlichen Tour in Köln versackt waren. Aber mehr als Schwärmerei, das wusste Fabio, würde er sich hier nie erlauben.
    „Dienstlich?“ Simarek signalisiert Trulli durch den Tonfall, dass er erstaunt seine Augenbraue hochzog. Und der Assistent hatte seinen Kommissar nun deutlich vor Augen.
    „Dienstlich“, bemerkte Trulli noch einmal. „Auch in Köln hat es eine Leiche gegeben, und die hat auf ihrem Personalausweis eine saarländische Adresse stehen.“
    „Unnatürlicher Tod?“
    „Offenbar Selbstmord. Und reichlich Beruhigungsmittel im Gepäck hatte die junge Dame. Deshalb ist auch Evis Rauschgiftabteilung mit drin in den Ermittlungen. Allerdings: Umgebracht hat sie sich mit stinknormalen Schlaftabletten in irgendso ’ner Kölner Nobelabsteige. Vornehm geht die Welt zugrunde…“
    „Bitte, Fabio.“ Simarek wollte unbedingt vermeiden, dass Trulli weitere weltanschauliche Allgemeinplätze von sich gab.
    „Si?“
    „Warum ruft Evi uns an? Selbstmord ist nicht unser Job. Und die Todesnachricht irgendwelchen Angehörigen zu überbringen ebenfalls nicht.“
    „Na, wegen dem Abschiedsbrief. Sie hat einen hinterlassen. An ihre Eltern. Und Evi meinte, der könnte uns interessieren.“
    „Aha, einen Abschiedsbrief, und was steht drin?“ Simarek war kurz davor, in das Telefonkabel zu beißen. Dass er seinem Assistenten die Würmer offenbar aus der Nase ziehen musste, brachte ihn an den Rand eines Wutanfalls. Und ein fernmündlicher Streit mit Fabio hätte zwar die Spannung gelöst, aber wahrscheinlich nicht weitergeführt. Simarek hatte längst akzeptiert, dass Trulli sein eigenes Tempo hatte. Und dessen Vorzüge, seine Gründlichkeit und sein mitunter aufblitzender Scharfsinn, überwogen in Simareks Augen seine Schwächen bei weitem.
    „Was drin steht, weiß ich noch nicht. Evi wollte ihn scannen lassen und dann mailen. Aber irgendwas mit ‚Nun hat er mich auch noch auf dem Gewissen‘, und Evi meinte, das könnte ein Hinweis sein, dem wir nachgehen sollten.“
    „Hmm, gut. Wann gehst du…?“
    „Um neun, denn…“
    „Nein, ich meine, dem Hinweis nach?“
    „Wieso ich? Ich hatte Nachtdienst und dafür heute frei, ich habe kein Auge zu…“
    Simarek fiel ihm zum zweiten Mal ins Wort.
    „Vergiss es, mein Lieber. Das Leben ist hart, und Altpeter ist krank. Ich habe Schmidtbauer am Hals, und der Neue kommt erst morgen. Und dem kannst du das wirklich nicht aufs Auge drücken.“
    „Na klasse, Mama macht heute Calamari con Piselli, du weißt, das Gericht, das du neulich von dieser italienischen Webseite gezogen hast.“
    Der Kommissar erinnerte sich. Er hatte vor ein paar Tagen im Netz gesurft, neugierig geworden, weil er von Montalbanos kulinarischer Leidenschaft gehört, bevor er das erste Buch von Camilleri erstanden hatte. Und über den Searchstring – warum verdammt noch mal gab es dafür kein deutsches Wort, Suchbegriff klang so blöd – war er auf einer Seite mit Rezepten a la Montalbano gelandet, jenes Kommissars, dessen erstem Fall er gerade in seiner Freizeit lesend folgte.

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