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Ein nasses Grab

Ein nasses Grab

Titel: Ein nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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war die Leiche leider schon vom Unfallort entfernt worden, aber nach Mrs. Fieldings Aussage lag der Mann hier auf dem Boden« – er reichte Dalziel ein glänzendes 10 × 15-Foto des Saalbodens, auf dem die Umrisse eines Körpers mit Kreide nachgezeichnet worden waren – »und hatte die Brust von der Spitze einer elektrischen Bohrmaschine durchbohrt. Der Bohrer war noch an. Neben der Leiche lag eine Leiter, und in zirka sechs Meter Höhe waren Bohrlöcher in der Wand zu sehen. Anscheinend hatte die Baufirma die Arbeit eingestellt, bis sie wieder Geld zu sehen bekamen, und Mr. Fielding hatte versucht, selbst weiterzumachen. Der Untersuchungsrichter kam zu dem Schluss, dass die Leiter weggerutscht, Mr. Fielding mit dem eingeschalteten Bohrer in der Hand hinunter- und unglücklicherweise genau auf die Bohrspitze gestürzt ist. 9,5 Millimeter mit zweitausend Umdrehungen. Das macht
so
ein Loch.«
    »Hätt ich mir sauberer vorgestellt«, bemerkte Dalziel, während er sich die Nahaufnahme der nackten Brust auf dem Obduktionstisch ansah.
    »Die Spitze blieb nach Eintritt des Todes in der Wunde stecken«, erläuterte Cross. »Durch das Gewicht des Bohrers wurde die Spitze durch das Fleisch hindurch zur Seite gedrückt, bis sich ein Gleichgewicht einstellte. Hat auf jeden Fall der Arzt gesagt. Hier ist der Autopsiebericht.«
    Dalziel überflog ihn rasch und fachmännisch. Normalerweise überließ er es seinen Untergebenen, die wichtigsten Details aus einem technischen Bericht zu extrahieren und ihm eine kurze und prägnante Zusammenfassung davon zu präsentieren. Doch Cross war nicht auf der Scheibe des großen Töpfermeisters geformt worden.
    »Also ein Unfall«, sagte er. »Was haben Sie damit zu tun?«
    »Wir haben die Pflicht, plötzliche Todesfälle zu untersuchen, Sir«, sagte Cross höflich.
    »Red kein Blech, Junge«, sagte Dalziel liebenswürdig. »Wenn ich von diesem Stuhl fallen und mir das Genick brechen würde, würdet ihr auch nicht dreißig Jahre tief in meiner Familiengeschichte graben. Also?«
    »Es gab da ein paar Dinge«, sagte Cross langsam. »Erstens, wie sich alle benahmen. Ist schon ein komischer Haufen da oben in Lake House, das haben Sie vielleicht gemerkt, aber man würde zumindest ein bisschen, na ja, Respekt erwarten. Aber die haben alle drauflosgequasselt, ohne Punkt und Komma, und wollten partout weitermachen, als wäre nichts passiert. Nur über die Unterbrechung haben sie sich ein bisschen geärgert. Wohlgemerkt, ich habe sie erst einige Zeit nach dem Todesfall gesehen, also kann ich über unmittelbare Reaktionen nichts sagen. Mrs. Fielding kam mir zwar ein bisschen betrübt vor, aber sie hatte sich voll im Griff, und der Junge, Nigel, war anscheinend wirklich völlig außer sich. Aber die anderen … na ja!«
    »Auch der Alte?«
    »Der alte Hereward? Der war am allerkomischsten. Von Trauer keine Spur, aber er sagte: ›Ich habe ja gewusst, dass dabei nichts Gutes herauskommt. Ich hab’s ihm ja gesagt‹, und das war’s. Sonst kein einziges Wort.«
    Dalziel sah auf die Uhr. Ihm lief die Zeit davon.
    »Sie haben gesagt, es gab mehrere Dinge, die Ihr Interesse weckten. Was noch, abgesehen von der Reaktion der Familie?«
    »Es gab einen Anruf«, sagte Cross. »Nicht bei uns, sondern bei Fieldings Versicherung. Einer ihrer Detektive, Spinx heißt er, kam her und erzählte es uns. Er nannte das Kooperation. Was er wirklich wollte, war, dass wir ihm sagten, sie müssten nicht zahlen! Anscheinend hat am Tag nachdem Fielding zu Tode kam, jemand bei ihnen im Büro angerufen und gesagt, sie sollten sich die näheren Umstände ganz genau ansehen, bevor sie mit dem Geld rausrückten. Ja, das müssen wir natürlich zur Kenntnis nehmen.«
    »Mann oder Frau?«, erkundigte sich Dalziel.
    »Sie glauben, es war eine Frau, hätte aber auch ein Mann mit Fistelstimme sein können. Darf ich Sie fragen, Sir, ob Sie irgendwas Bestimmtes im Auge haben? Ich meine, ich möchte nicht, dass Sie glauben, ich sage Ihnen, wie Sie Ihre Arbeit zu machen haben, aber es ist
mein
Fall.«
    Cross sah ihn herausfordernd an. Er hat völlig recht, dachte Dalziel. Nur weil ich rangmäßig über ihm stehe, habe ich noch lange kein Recht, ihm arrogant zu kommen oder ihn zu schikanieren.
    »Reine Neugier, mein Junge«, sagte er mit einem entwaffnenden Grinsen, das den Blick freigab auf Zähne, die so vollkommen und vertrauenerweckend waren wie die eines Haies. »Könnte sein, dass ich ein paar Tage bei diesen Leuten verbringe,

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