Ein nasses Grab
helfen.«
Er zog einen Stuhl heran und setzte sich Cross gegenüber, um dessen Mund ein kleines Lächeln spielte. Dalziel entschied sich dafür, dies nicht als Insubordination aufzufassen, und grinste zurück.
»Eine Familie namens Fielding«, sagte er. »Wohnt etwa fünfzehn Kilometer von hier in der Nähe eines Dorfes namens Low Fold.«
»Kenne ich«, sagte Cross. »Großes Haus, Lake House heißt es. Sie bauen einen Teil zu einem Restaurant um. Mr. Fielding ist kürzlich gestorben. Meinen Sie die?«
»Genau.«
»Ah.«
Dalziel sah ihn an und wartete. Er nutzte die Zeit, um sich energisch die linke Pobacke zu kratzen, ein Genuss, den er sich in Anwesenheit von Bonnie Fielding versagt hatte.
»Ich bin fremd hier«, sagte er schließlich. »Ich verstehe den Dialekt nicht ganz.
Ah
. Was heißt das?
Schönes Wetter heute?
Oder
Hallo, Süßer, wie wär’s mit einem Kuss?
So was muss man wissen.«
»Verzeihung, Sir. Ich habe mich nur gefragt … Ich meine, sind Sie ein Freund oder so?«
»Da gibt’s also einen Unterschied? Das ist ja schon mal ein Anfang. Bis gestern Nachmittag wusste ich nicht mal, dass es diese Leute gibt. Da ist mir nämlich mein Wagen verreckt, und sie haben mir geholfen. Und jetzt bin ich neugierig. Hilft Ihnen das?«
»Danke, Sir«, sagte Cross, stand auf und ging zu einem Aktenschrank. »Sind hier in der Gegend allgemein bekannt, die Fieldings. Leben seit ungefähr acht Jahren hier, und Mrs. Fielding war natürlich schon früher hier, als ihr erster Mann noch lebte. Da haben wir’s.«
Er zog eine Akte heraus und kam zum Schreibtisch zurück.
»Das Haus gehörte natürlich Mr. Percival.«
»Wem?«
»Dem ersten Mann. Alle hier kannten die Percivals. Waren hier schon lange ansässig. Kein Adel oder so, obwohl es da gewisse Ansprüche gab. Aber nicht unvermögend. Ihr Geld kam aus dem Handel, glaube ich.«
Er sprach das Wort aus, als hätte es in dieser Gegend noch immer eine negative Bedeutung.
»Handel?«, wiederholte Dalziel.
»Genau, aber weit genug entfernt, das war schon in Ordnung. Vielleicht zu weit. Es war hauptsächlich Baumwolle, und die Percivals hat die Rezession schlimmer erwischt als die meisten anderen. Ich kenne die näheren Umstände nicht, aber irgendwie glaube ich, dass sie bei Kriegsende finanziell so gut wie erledigt waren. Und auch als Familie. Drei von ihnen sind im Krieg geblieben, zwei im Feld und einer bei den Luftangriffen. Die älteren Überlebenden sind danach auch ziemlich rasch abgetreten, und schließlich ist alles, was noch vom Familienvermögen übrig war, auf dem Konto von Michael Percival gelandet, dem Ersten von Ihrer Mrs. Fielding. War anscheinend genug, dass er bescheiden – für seine Verhältnisse – davon leben konnte, und seine Frau auch, als sie 1954 heirateten. Das Mädchen, Louisa, kam im Jahr darauf zur Welt, und ein paar Jahre später ist Percival gestorben. Ein halbes Jahr danach hat Mrs. Percival Mr. Fielding geheiratet.«
»Den Vater ihres ältesten Sohns, wussten Sie das?«
»Aber ja. Sie machte gar kein Geheimnis daraus. Die Einheimischen sahen das nicht so gern, die verstecken ihre Bankerte lieber. Aber ihr war’s egal. Ein paar Jahre lang haben sie sich ohnehin nicht oft blicken lassen. Das Haus wurde vermietet, und nach allem, was man hörte, amüsierten die Fieldings sich in Swinging London. Aber Geld reicht nicht ewig, und in das Haus steckten sie so wenig davon hinein, dass es keiner mehr mieten wollte. Außerdem wurden Mitte der Sechziger die Moore, in denen die Mieter auf die Jagd gingen, trockengelegt und landwirtschaftlich nutzbar gemacht, und kein Mensch interessierte sich mehr für das Haus. Also kamen sie zurück und zogen selbst ein. Da hatten sie natürlich auch schon den jüngsten Sohn, und den Vater von Mr. Fielding haben sie auch mitgebracht, damit er ihnen finanziell unter die Arme greifen konnte, nehme ich mal an. Wie ich höre, ist er so eine Art Schriftsteller.«
Er sagte das, wie Dalziel wohlwollend zur Kenntnis nahm, als sei eine Art Schriftsteller zu sein gleichbedeutend mit: nicht im Vollbesitz seiner körperlichen Kräfte.
»Sie wissen eine Menge über diese Leute, Sergeant«, sagte er.
»Hab ein bisschen nachgeforscht, als unlängst diese Sache da passierte«, meinte Cross. »Sie haben davon gehört?«
»Erzählen Sie.«
Cross öffnete die Akte. »Der Verstorbene, Conrad Fielding, wurde von seiner Frau im sogenannten Bankettsaal in Lake House entdeckt. Als wir hinzugezogen wurden,
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