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Ein Noah von heute

Ein Noah von heute

Titel: Ein Noah von heute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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recht ärgerlich, und dann stellte ich mir vor, wie angenehm es sein würde, sie einem Zoo zu übergeben, wo ein anderer sich mit ihnen abplagen und von ihnen beißen lassen konnte. Aber als es schließlich soweit war und ich sie dem Zoo überbrachte, für den sie bestimmt waren, fiel mir der Abschied wirklich schwer. Ich besuchte sie, um einen letzten Blick auf sie zu werfen, und sie sahen so unschuldig und reizend aus, wie sie da in ihrem großen Zookäfig im Sägemehl umhertrotteten und mit ihrer dümmlich wirkenden Nase schnüffelten, daß ich mich fragte, ob ich sie vielleicht nicht doch falsch beurteilt hatte. Der Gedanke an die Trennung stimmte mich traurig.
    Ich rief sie ans Gitter, um Abschied zu nehmen, und sie sahen so friedlich und lieb aus, daß ich den Finger durchs Gitter steckte, um ihnen zum letztenmal das Köpfchen zu kraulen. Ich hätte es wirklich besser wissen sollen. Im Nu verwandelten sie sich aus harmlos aussehenden Tierchen zu den kreischenden Banditen, die ich längst kannte, und ehe ich den Finger zurückziehen konnte, hingen sie in einem Bündel daran. Nachdem ich mich endlich befreit hatte, trat ich von dem Käfig zurück, wischte mir das Blut mit meinem Taschentuch ab und entschied, daß ich doch sehr froh sein könnte, wenn in Zukunft ein anderer für sie sorgen mußte.

Fünftes Kapitel

Allerlei Affen

    Viele Leute, sowohl Europäer als auch Afrikaner, kamen zu meinem Lager, um sich alle die fremdartigen Tiere anzusehen, die ich gesammelt hatte. Darunter gab es natürlich auch Affen, und zwar hatten wir ungefähr fünfzig verschiedene Arten. Es war recht anstrengend, mit diesen lebhaften Tieren zusammenzuleben, denn fünfzig Affen können allerhand Ungemach hervorrufen, wenn sie es darauf anlegen. Von allen Affen, die wir hatten, erinnere ich mich besonders an drei. Das waren die Blaumaul-Meerkatze Footle, der Rotkopfmangabe Wiekes und der Schimpanse Cholmondely.
    Footle war, als er im Lager ankam, der kleinste Affe, den ich jemals gesehen hatte, denn er hatte mit Ausnahme seines langen Schwanzes bequem in einer Teetasse Platz. Sein Fell war von einer besonderen grünen Schattierung, und er hatte eine reizende weiße Hemdbrust; wie bei den meisten Affenjungen schien sein Kopf für das Körperchen viel zu groß zu sein. Am auffallendsten war der breite, gebogene weiße Strich über dem Maul, der wie ein Schnurrbart in dem grünlichen Gesichtchen wirkte. Noch nie hatte ich ein so drolliges Tierchen gesehen wie diesen kleinen Affen mit seinem ungeheuren Sankt-Nikolaus-Schmuck im Gesicht.
    In den ersten Tagen bewohnte Footle mit andern Jungtieren einen Korb neben meinem Bett, und er mußte mit Milch aus der Flasche ernährt werden. Die Flasche war ungefähr doppelt so groß wie er selbst; mit Freudensschreien stürzte er sich immer darauf, wenn sie erschien, stopfte sich den Schnuller ins Mäulchen und schlang Arme und Beine fest um den Flaschenbauch, so daß ich ihm die Flasche nicht wegnehmen konnte, bevor er fertig war. Er ließ nicht einmal zu, daß ich ihm die Flasche hinhielt; er wollte einen Diebstahl des Inhalts verhindern. So wälzte er sich mit der Flasche in den Armen auf dem Bett, und das sah aus, als ob er mit einem Zeppelin einen Ringkampf aufführte. Bald war er oben, bald die Flasche, aber ob Footle oben oder unten war, er nuckelte die Milch unentwegt weiter, wobei sein «Schnurrbart» vor Anstrengung auf und nieder zuckte. Er war ein sehr intelligentes Äffchen, und es dauerte nicht lange, bis er seine Milch aus einer Untertasse zu trinken vermochte, doch sowie er das gelernt hatte, wurden seine Tischmanieren schlichtweg grauenhaft. Zur Fütterung setzte ich ihn auf einen Tisch, und wenn er mich mit der Untertasse kommen sah, geriet er vor Ungeduld ganz außer sich, sprang vor Erregung auf und ab und schrie mit aller Lungenkraft. Kaum stand sein Futter auf dem Tisch, so tauchte er ohne Zögern kopfvoran hinein. Es entstand eine große Milchfontäne; er saß dann in der Mitte, steckte den Kopf hinein und kam erst wieder hervor, wenn er den Atem nicht länger anhalten konnte. Bisweilen blieb er zu lange unten, und wenn er glücklich auftauchte, spuckte und sprudelte er Milch aus wie eine Brunnenfigur. Nach jeder Mahlzeit dauerte es eine gute halbe Stunde, ihn zu trocknen, denn wenn er sie beendet hatte, sah er aus, als ob er in Milch gebadet hätte, anstatt sie zu trinken.
    Ich entschied, so dürfte es nicht weitergehen, denn da Footle fünfmal am Tag gefüttert wurde und

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