Ein Noah von heute
Abends den jungen Affen die letzte Flasche des Tages gab, bemerkte ich, daß das Schiff ziemlich heftig schlingerte. Ich blickte an der Reihe der Käfige entlang, die an der Reling aufgestapelt waren, und beschloß, sie nach der Fütterung der Äffchen anzubinden, um zu verhindern, daß sie durcheinanderpurzelten, wenn sich das Wetter in der Nacht verschlechterte. Kaum hatte ich diesen Entschluß gefaßt, da ritt das Schiff eine besonders hohe Welle ab, und meine fünfzig Käfige kippten um und krachten aufs Deck. Ich lief die Reihe entlang, stellte sie auf und band sie an der Reling fest. Zu meiner Erleichterung war kein einziger Insasse irgendwie verletzt; allerdings zeigten die Affen große Entrüstung und plapperten noch lange über den Unfall.
Mitunter erlebt man auf der Reise mit einem Tiergarten noch andere Aufregungen. Auf dem Rückweg von Westafrika benutzten mein Freund und ich einen Dampfer, dessen Kapitän, wie man uns sagte, nicht gerade erpicht darauf war, eine Tierladung an Bord zu haben. Da wir das wußten, gaben wir uns natürlich alle Mühe, so wenig Unruhe und Schwierigkeiten wie möglich zu verursachen; denn ein erzürnter Kapitän ist für einen Tierfänger nicht sehr erfreulich, da er ihm und seinen Tieren das Leben an Bord sehr erschweren kann. Aber wenn man darauf Bedacht nimmt, das beste Benehmen hervorzukehren, geht meistens etwas schief.
Schon am ersten Morgen warf mein Freund einen großen Eimer voll schmutziges Sägemehl, das wir aus den Käfigen gefegt hatten, über die Reling ins Meer, ohne sich zu vergewissern, aus welcher Richtung der Wind blies. So wurde eine dicke Sägemehlwolke in die Luft gewirbelt, und das Sägemehl regnete auf die Brücke, wo der Kapitän stand. Das war natürlich kein sehr guter Anfang für unsere Bemühungen, uns gut mit ihm zu stellen. Beim Frühstück begrüßte er mich denn auch etwas kühl, doch allmählich taute er auf und zeigte sich in der Mitte der Mahlzeit recht liebenswürdig.
Der Kapitän saß mir gegenüber an einer Seite des Tisches, hinter ihm waren Bullaugen, die zu der Luke hinausführten, wo wir alle unsere Käfige aufgestapelt hatten.
«Mir ist es gleich, was Sie tun», sagte der Kapitän zu mir, «vorausgesetzt, Sie lassen keines Ihrer Tiere entwischen.»
«Oh, bestimmt nicht», beteuerte ich, und im gleichen Augenblick bemerkte ich, daß sich in dem Bullauge hinter dem Kapitän etwas bewegte.
Zu meinem Schrecken erkannte ich, daß es ein Ölpalmhörnchen war. Es saß im Bullauge und beäugte mit vergnügter Miene den Speisesaal. Dann richtete es sich auf und begann seine Schnurrhaare zu putzen.
Der Kapitän frühstückte weiter, ohne zu ahnen, daß einen halben Meter von seinem Nacken entfernt ein Ölpalmhörnchen saß.
Als das Eichhorn mit seiner Morgenwäsche fertig war, blickte es sich um und fand offenbar, daß es sich lohnen würde, einen vollbeladenen Eßtisch näher zu untersuchen; denn es schien zu überlegen, wie es am besten dorthin gelangen könnte. Um die begehrten Leckereien zu erreichen, gab es für das Eichhorn keinen besseren Weg, als auf die Schulter des Kapitäns zu springen und von dort auf den Tisch. Mit einer hastig gemurmelten Entschuldigung stand ich auf, verließ den Speisesaal so gemächlich wie möglich, und sowie ich außer Sicht des Kapitäns war, rannte ich an Deck. Als ich außen bei dem Bullauge ankam, setzte das Eichhorn gerade zum Sprung an; doch bevor es sich auf den Kapitän stürzen konnte, warf ich mich über die Luke und packte seine große buschige Standarte. Ich brachte das entrüstet keckernde Tier in seinen Käfig und stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus.
Nach der Rückkehr in den Speisesaal stellte ich hocherfreut fest, daß der Kapitän nichts gemerkt hatte und nicht wußte, wie nahe er daran gewesen war, einem Rieseneichhorn als Landungsplatz zu dienen, während er mit seinen Speckeiern beschäftigt war.
Wie gesagt, gerade weil wir uns tadellos benehmen wollten, schien nichts zu klappen. Ein paar Tage später entwischten drei 1 große Eidechsen aus ihrer Box und verschwanden schnell zwischen lauter aufgerollten Tauen, die auf dem Deck lagen. Da es ganz unmöglich war, die schweren Taurollen ohne Hilfe der halben Schiffsbesatzung von der Stelle zu rücken, mußten wir uns damit begnügen, jedesmal nach den Tieren zu greifen, wenn sie auftauchten. Drei Tage dauerte es, bis wir alle drei wieder eingefangen hatten, und das war eine nervenzermürbende Zeit, da ich die
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