Ein Noah von heute
Käfigen und der gesamten Ausrüstung eine ganz schöne Ladung, und ich mußte drei Lastwagen und einen kleineren Lieferwagen mieten, um sie zur dreihundert Kilometer entfernten Küste zu befördern.
Aus verschiedenen Gründen beschloß ich, nachts zu fahren, vor allem, weil es dann für die Tiere am kühlsten war. Fährt man am Tage, so hat man die Wahl zwischen zwei Dingen: Entweder bedeckt man die Käfige auf dem Lastwagen mit einer Plache, so daß die Tiere beinahe ersticken, oder man rollt das Verdeck zurück, und dann werden die Tiere von dem aufgewirbelten roten Staub beinahe versengt. Also reiste ich bei Nacht, was meiner Erfahrung nach bei weitem die beste Methode war.
Aber man findet sehr wenig Schlaf, wenn man vorn in einem Lastwagen gerüttelt und geschüttelt wird und noch dazu weiß, daß man sogleich bei Tagesanbruch am Straßenrand halten muß, um jede einzelne Box und jede Kiste im Schatten der Bäume abzuladen und zu säubern, alle Tiere außerdem füttern muß, bevor man endlich etwas Schlaf erhaschen kann. Wenn dann die Nacht plötzlich hereinbricht und es kühl wird, werden die Lastwagen wieder beladen, und die Fahrt geht weiter.
Die Straßen in Kamerun waren so schlecht, daß unsere Geschwindigkeit nicht mehr als fünfunddreißig Stundenkilometer betragen durfte, und so brauchten wir für eine Strecke, die man in Europa spielend an einem Tage zurückgelegt hätte, ganze drei Tage.
Bei der Ankunft an der Küste stellte ich fest, daß das Schiff mit dem Laden noch nicht fertig war, das heißt, wir mußten noch warten, bevor wir unsere Tiere an Bord bringen konnten, und da es goß, wollte ich bis dahin die Tiere auf den Wagen lassen. Kaum hatte ich diesen Entschluß gefaßt, da verzogen sich die Gewitterwolken, und die Sonne schien glühend auf uns herab. Also mußte ich alle Tiere abladen und die Käfige in den Schatten einiger naher Bäume tragen. Sowie ich damit fertig war, zogen die Wolken wieder herauf, und binnen wenigen Minuten waren alle Käfige, die Ausrüstung, die Vorräte und ich selbst durchnäßt. Als wir glücklich an Bord waren, zitterten die durchnäßten Tiere, und ich mußte mich daran machen, alle Käfige zu säubern. Ich ersetzte das nasse Sägemehl mit trockenem und bewarf die Affen mit Sägemehl, um wenigstens einen Teil der Feuchtigkeit aus dem Fell zu ziehen und eine Erkältung zu verhindern. Hierauf flößte ich jedem Tier, das dafür empfänglich war, heiße Milch ein. Zum Glück hatte diese Dusche keine schlimmen Folgen.
Nach dem ersten Tag auf See entwickeln die Tiere durch die Meeresluft einen ungeheuren Appetit, und die Affen fressen dann, wenn man es zuläßt, vier- bis fünfmal soviel wie normalerweise. Das muß man wissen, bevor man die Reise antritt, und es beim Einkauf der Vorräte berücksichtigen.
Natürlich kann man keine solchen Delikatessen wie Heuschrecken und Ameisen mitnehmen. Aber den wählerischeren Tieren, vor allem den Vögeln, kann man Küchenschaben verschaff en, indem man abends in den Maschinenraum geht und zwischen den heißen Rohren Jagd auf die Schaben macht. Es dauerte nicht lange, bis sich die Matrosen an Bord für diesen Sport begeisterten, und bald brauchten wir die Küchenschaben nicht mehr selbst zu fangen, sondern die Besatzung brachte uns regelmäßig einen Vorrat aus dem Maschinenraum.
Eine zwei- bis dreiwöchige Seereise kann sehr vergnüglich sein, vorausgesetzt, das Gepäck des Reisenden umfaßt nicht große Mengen außerordentlich hungriger Tiere. In diesem Falle muß man ebenso angestrengt, sogar noch angestrengter arbeiten als irgendeiner der Besatzung. Ich ließ mich jeden Morgen um halb sechs wecken, um vor dem Frühstück einen Teil der Säuberungsarbeiten zu erledigen. Wenn ich gefrühstückt hatte, begann die Fütterung der Tiere, und von da an hatte ich buchstäblich keine Minute des Tages für mich, bis ich am Abend den letzten Milchnapf in die Affenkäfige gestellt hatte.
Je mehr sich das Schiff England näherte, desto kälter wurde die Luft, und weitere Vorsichtsmaßnahmen mußten ergriffen werden, damit sich meine Tiere nicht erkälteten. Heiße Milch am Abend wurde zur Regel, und die Käfige wurden sorgfältig mit Plachen und Decken vor dem kalten Wind geschützt. Wenn die See rauh war, mußte ich mich vergewissern, daß alle Käfige sorgsam an der Reling angebunden waren, sonst konnte es einen bösen Unfall geben.
Auf meiner ersten Rückreise von Westafrika hatte ich das nicht bedacht, und als ich eines
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