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Ein Ort für die Ewigkeit

Ein Ort für die Ewigkeit

Titel: Ein Ort für die Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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und jetzt muß sie darüber nachdenken, daß ein Mann gehängt wird, weil ich meine Arbeit getan habe.« Er stand auf dem Treppenabsatz und schüttelte den Kopf, und seine zerzausten Haare flogen in alle Richtungen. »Es ist ein Wunder, daß sie es nicht verloren hat.«
    Clough legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Komm. Wir ziehen uns an. Ich lade dich zum Frühstück ein. Nicht weit vom Gefängnis entfernt ist ein Café.«
    George wurde ganz starr. »Gehst du zum Gefängnis?«
    »Wolltest du nicht hin?«
    George schien überrascht. »Ich gehe ins Büro. Jemand wird mich anrufen, wenn alles vorbei ist.«
    »Du kommst nicht mit zum Gefängnis? Sie werden alle dasein, die Lomas’ und die Carters und die Crowthers. Du bist der Mann, den sie sehen wollen.«
    »Bin ich das?« sagte George mit schneidender Bitterkeit in der Stimme. »Na ja, sie werden sich eben mit dir begnügen müssen, Tommy.«
    Clough zuckte die Achseln. »Ich habe immer gefunden, wenn ich meinen Teil dazu beigetragen habe, einen Mann an den Galgen zu bringen, dann sollte ich die Konsequenzen tragen.«
    »Tut mir leid, mir ist nicht danach. Ich lade dich zum Frühstück in der Polizeikantine ein, dann kannst du hingehen, wenn du Lust hast.«
    »Ja, in Ordnung.«
    George wandte sich ab und ging ins Bad.
    »George?« sagte Clough leise. »Es gibt nichts, weshalb wir uns schämen sollten, so oder so. Es gibt nichts Schlimmeres als das in diesem Beruf, nicht einmal einer Mutter sagen zu müssen, daß ihr Kind tot ist. Aber man muß es überstehen. Ich tu das auf meine Art, und du bist dabei, deine Art zu finden. Lassen wir das mit dem Frühstück. Ich treffe dich später, und heute abend gehen wir aus und machen einen drauf.«
     
    Acht Uhr neunundfünfzig. George beobachtete den großen Zeiger seiner Armbanduhr, der sich rhythmisch über das Zifferblatt bewegte. Der Priester würde jetzt mit Hawkin fertig sein. George fragte sich, wie Hawkin sich fühlte. Bestimmt hatte er entsetzliche Angst. Er würde wahrscheinlich versuchen, Würde zu bewahren.
    Der große Zeiger erreichte die Zwölf, und vom Kirchturm in der Nähe ertönte der erste der neun Glockenschläge. Die Doppeltür der Zelle des Verurteilten würde sich öffnen, und Hawkin würde die letzten sechs Meter seines Lebens zurücklegen. Der Henker würde sich einen Lederstreifen ums Handgelenk binden.
    Der zweite Schlag. Jetzt würde der Scharfrichter vor Hawkin hergehen, sein Helfer hinter ihm. Sie würden möglichst gleichmäßig gehen, und die staatlich beauftragten Killer würden versuchen, so zu tun, als sei es nur ein Spaziergang im Park.
    Der dritte Schlag. Hawkin steht jetzt auf der Falltür, einen Fuß auf jeder Seite des Doppelflügels, der sich unter ihm auftun und sein Leben mit hinabnehmen wird.
    Der vierte Schlag. Der Scharfrichter dreht sich zu dem Verurteilten um und streckt die Hände aus, um ihn zu halten, während sein Gehilfe in die Hocke geht und Hawkins Beine mit einem Riemen zusammenschnallt.
    Der fünfte Schlag. Der Leinenbeutel erscheint wie von Geisterhand. Der Henker stülpt ihn Hawkin mühelos mit einer oft geübten Bewegung über den Kopf. Jetzt geht es schneller, weil niemand mehr den Mann anschauen muß, der in einer Minute tot sein wird; er sieht sie nicht mehr flehend an, er hat aufgehört, sie mit dem milchigweißen Blick eines Tieres auf der Schlachtbank zu behelligen. Der Henker zieht den Leinenbeutel herunter und legt ihn glatt um den Hals, damit sich der Stoff nicht in der Schlinge verfängt.
    Der sechste Schlag. Der Henker streift ihm die Schlinge über den Kopf und vergewissert sich, daß die Messingöse, die den traditionellen Schlaufenknoten ersetzt hat, hinter Hawkins Ohr zu liegen kommt, um höchste Schnelligkeit beim Genickbruch und der anschließenden Verrenkung des Körpers zu garantieren, die das Hängen theoretisch zu einer geschwinden und relativ schmerzlosen Todesart machen.
    Der siebte Schlag. Der Henker tritt zurück, gibt seinem Gehilfen ein Zeichen. Der zieht den Splint aus dem Sicherungsmechanismus, und fast im gleichen Moment drückt der Henker den Hebel herunter.
    Der achte Schlag. Die Falltür geht auf, Hawkin stürzt im tödlichen Fall.
    Der neunte Schlag. Es ist vorbei.
    George spürte Schweiß auf seiner Lippe. Er sah, daß seine Hand zitterte, als er nach den Zigaretten griff. Winzige Zeichen des Mitgefühls, die für Hawkin jetzt keine Bedeutung mehr hatten, und für Alison Carter schon lange nicht mehr.
    Erst als er ausatmete, wurde

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