Ein Ort für die Ewigkeit
Regiment nicht fehl am Platze gewesen wäre, gesagt wurde, er solle jetzt ruhig heimgehen, da er seiner Frau und dem Klinikpersonal weder zum Nutzen noch zur Zierde gereichen könne.
Benommen und verwirrt stand George plötzlich draußen auf dem Parkplatz und wußte nicht recht, wie er dorthin kam. Was sollte er jetzt tun? Anne hatte eifrig Bücher gelesen, die sie auf das Muttersein vorbereiteten, aber niemand hatte George gesagt, was er tun sollte. War das Baby erst einmal da, dann war alles in Ordnung, dann wußte er Bescheid. Zigarren für alle Kollegen im Büro, dann zum Pub, um das Baby zu begießen. Aber was sollte er in der Zeit bis zu diesem Moment machen? Dazu kam noch die Frage, wie lange es dauern würde.
Mit einem Seufzer setzte er sich wieder ins Auto und machte sich auf den Heimweg. Als er die schicke kleine Doppelhaushälfte erreichte, die genauso wie das Haus in Buxton aussah, nur ohne den Vorteil eines Eckgartens, griff er sofort zum Telefon und rief die Klinik an.
»Es wird einige Stunden nichts passieren«, sagte ihm eine Schwester ungehalten.
»Gehen Sie doch ruhig mal zeitig zu Bett, und rufen Sie uns morgen früh wieder an.«
George legte klappernd den Hörer auf. Er kannte bei der Kriminalpolizei der Stadt noch niemanden gut genug, um anzurufen und vorzuschlagen, man könnte doch etwas trinken gehen. Er wollte gerade eine Flasche Whisky vom Sideboard in Angriff nehmen, als das Telefon klingelte und ihn so erschreckte, daß er eines der Kristallgläser fallen ließ, die sie als Hochzeitsgeschenk bekommen hatten. »Verdammt!« rief er, während er abnahm.
»Kein guter Zeitpunkt, George?« Tommy Cloughs lockerer Ton kam ihm so gelegen wie der Verrat eines Spitzels.
»Ich habe gerade Anne zur Entbindungsstation gebracht, aber sonst ist alles klar. Was kann ich für dich tun?«
»Ich habe es gerade geschafft, meine Schicht zu tauschen und auf morgen zu verschieben. Ich dachte, ich könnte runterkommen und nachsehen, ob sie den Kerl auch wirklich morgen früh hängen. Und dann dachte ich, wir könnten einen trinken gehen und uns mal vollaufen lassen. Aber es hört sich an, als hättest du anderes zu tun.«
George klammerte sich an den Hörer wie ein Ertrinkender an einen Rettungsring. »Komm runter. Ich könnte jemanden brauchen, der mir Gesellschaft leistet. Diese Schwestern tun so, als hätten Männer überhaupt nichts mit Babys zu tun.«
Tommy lachte leise. »Darauf gibt es schon eine Antwort, aber du bist ja verheiratet, da werde ich deinen Ohren nichts Obszönes zumuten. Ich bin in einer Stunde oder so bei dir.«
George verbrachte einen Teil der Zeit damit, vom Pub Flaschenbier zu holen, um den Whisky zu ergänzen. Tatsächlich tranken sie dann sehr wenig, jeder auf seine Weise von der Macht der Ereignisse um sie herum ergriffen.
Einige Zeit nach Mitternacht – und nach Georges viertem Anruf in der Entbindungsstation – hatte Clough sich im Gästezimmer hingelegt. Aber es war nicht sein sanft prustendes Schnarchen, das George nicht schlafen ließ. Als die lange Nacht in Dämmerung überging, vermischten sich die Bilder von Alison Carters Schicksal mit dem, was Anne seiner Vorstellung nach jetzt durchlitt, bis er das Leiden der beiden nicht mehr voneinander trennen konnte. Als der Himmel im Osten hell zu werden begann, schlummerte er schließlich in einer Ecke des Betts wie ein Fötus zusammengekauert ein.
Der Wecker klingelte um sieben Uhr; er riß die Augen auf und war sofort hellwach. War er schon Vater? Er streckte die Beine und rannte fast durchs Zimmer, fiel beinahe hin, als er nach unten zum Telefon eilte. Der Ton war derselbe, allerdings diesmal mit einem anderen Akzent. Nichts Neues. Der Untertitel: Lassen Sie uns in
Ruhe
.
Cloughs zerzauste Locken und seine verschlafenen Augen erschienen über dem Treppengeländer. »Gibt’s was Neues?«
George schüttelte den Kopf. »Nein, nichts.«
»Irgendwie komisch«, Clough gähnte, »daß Anne gerade jetzt die Wehen bekommt.«
»Eigentlich nicht. Sie war schon zwei Wochen überfällig. Angst kann manchmal die Wehen auslösen, steht in einem ihrer Bücher. Und sie hat mehr als ihren Anteil Angst im Zusammenhang mit diesem Fall ausgestanden«, sagte George und ging wieder hinauf. »Erstens mußte sie damit fertig werden, daß ich durch die Ermittlungen ständig weg war, dann all den Dreck in den Zeitungen lesen, ich sei korrupt und schicke einen Unschuldigen an den Galgen, dann schließlich nach der Berufung alles noch mal,
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