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Ein Ort für die Ewigkeit

Ein Ort für die Ewigkeit

Titel: Ein Ort für die Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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mit der Heirat würde warten wollen. Das hieß, daß er Helens Schwester, ihre einzige noch lebende Verwandte, kennenlernen würde und Scardale nicht ewig umgehen konnte.
    Bei dieser Aussicht war ihm Pauls Fürsprache für Catherine Heathcote wie ein Wink des Schicksals erschienen. Es war, als hätte sich alles verschworen, ihn zu zwingen, über Alison Carter nachzudenken. Er fand, es würde nicht schaden, die Journalistin zu treffen, um zu sehen, ob er das Gefühl hatte, ihr vertrauen zu können. Zunächst hatte er den Eindruck gehabt, sie sei nur wieder eine jener schicken Fleet-Street-Miezen. Aber als sie sich unterhielten und sie ihm die Auswirkungen geschildert hatte, die der Mord an Alison Carter auf ihr Leben gehabt hatte, wurde ihm klar, daß er nie jemanden finden würde, der besser geeignet war, die Geschichte zu schreiben, und es kam ihm so vor, als verlangten die Ereignisse geradezu danach, erzählt zu werden.
    Der gewohnte Klang von Schritten, die die Treppe herunterkamen, unterbrach seine Gedanken. Er schaute auf und sah Anne verschlafen in der Tür stehen. »Hab ich dich aufgeweckt, Schatz?« fragte er und schaltete den Wasserkocher wieder an.
    »Meine Blase hat mich aufgeweckt«, erwiderte sie trocken und ging langsam zu dem Stuhl ihm gegenüber. »Und deine Seite im Bett war kalt, da dachte ich, du wolltest vielleicht Gesellschaft haben.«
    George stand auf und löffelte die Mischung aus Malz und Schokoladenpulver für das Getränk, das Anne so mochte, in einen Becher. »Da sage ich nicht nein«, antwortete er, als er Wasser dazuschüttete und umrührte. Er ging zu seinem Stuhl zurück und schob ihr das Getränk über den Tisch zu. Sie legte ihre gekrümmten, arthritischen Finger um den Becher und genoß die Wärme in den vom Rheumaschmerz geplagten Händen.
    »Nervös wegen deines Termins?« fragte sie.
    Er nickte. »Wie zu erwarten, ich wünschte, ich hätte nie zugestimmt.«
    »Es würde jedem so gehen; wegen einer so wichtigen Sache wird man eben nervös«, sagte sie verständnisvoll. »Du mußt es eben wirklich richtig machen wollen, um Alison noch einmal Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.«
    Er lachte mit einem leisen Schnaufen durch die Nase. »Du unterstellst mir edlere Motive, als ich habe, mein Schatz. Ich wollte, ich hätte nie zugestimmt, weil ich mich nicht schwarz auf weiß als der Narr dargestellt sehen möchte, der ich in der Sache mit Philip Hawkin war.«
    Anne schüttelte den Kopf. »Du bist der einzige, der das denkt, George. In den Augen aller anderen warst du der Held des Tages. Wenn sie einen Preis ›Befreites Scardale‹ zu vergeben gehabt hätten, hätten sie ihn dir sofort an dem Tag verliehen, als die Geschworenen ihr Urteil fällten.«
    Er schüttelte den Kopf. »Vielleicht. Aber du weißt doch, ich habe mir nie die Meßlatte anderer Leute angelegt, nur meine eigene, und gemessen an meinen eigenen Grundsätzen habe ich die Leute im Stich gelassen. Ich war ein Teil des Systems, das Alison im Grunde verraten hat, ein System, das auf die Behauptung eines jungen Mädchens, sie sei sexuell mißbraucht worden, niemals gehört hätte.«
    Anne kräuselte ungeduldig die Lippen. »Jetzt bist du aber albern. Damals hat doch überhaupt niemand zugegeben, daß es so etwas wie Kindesmißbrauch überhaupt gab. Und bestimmt nicht innerhalb von Familien. Wenn du dich unbedingt unglücklich machen willst, weil du dir einredest, du hättest Ruth Carter verraten, ist das deine Sache. Aber ich werde nicht dabeisitzen, wenn du dich wegen des Versagens der britischen Öffentlichkeit vor fünfunddreißig Jahren schlechtmachst. Das ist Schwelgerei im Selbstmitleid, George Bennett, und das weißt du auch.«
    Er lächelte und erkannte, daß sie recht hatte. »Da könnte was dran sein. Vielleicht hätte ich das alles vor vielen Jahren schon rauslassen sollen? Sagen uns die Psychiater das nicht immer? Alles mal rauslassen ist gesund. Wenn man alles unter Verschluß hält, bekommt man Psychosen.«
    Anne erwiderte sein Lächeln. »Wie zum Beispiel den Verfolgungswahn, daß man an allen Übeln der Welt schuld ist.«
    Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Es gibt auch noch einen anderen Grund. Ich muß Paul und Helen zuliebe meinen Frieden mit dieser Sache machen. Wir werden eines Tages nach Scardale gehen müssen, um Helens Schwester kennenzulernen, und ich habe Scardale für mich zu einem Schreckgespenst werden lassen. Ich muß das alles ändern, oder ich werde es allen verderben. Und ich will

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