Ein Ort für die Ewigkeit
ihres verstorbenen Mannes dort ein Haus geerbt. Eine Cousine zweiten Grades oder so etwas. Als meine Tante starb, ist es an unsere Mutter übergegangen. Und als sie vor drei Jahren gestorben ist, hat sie es mir und Jan hinterlassen. Es ist immer vermietet gewesen, aber Jan wollte gern auf dem Land wohnen, da hat sie beschlossen, den Mietern zu kündigen, und ist eingezogen. Es würde mich zum Wahnsinn treiben, da draußen zu wohnen, wo Fuchs und Hase sich gute Nacht sagen, aber sie ist begeistert. Allerdings reist sie beruflich viel, so kommt sie vermutlich gar nicht dazu, der Sache überdrüssig zu werden.«
»Was macht sie beruflich?« fragte Catherine.
»Sie hat eine Beratungsfirma. Ihre Kunden sind hauptsächlich große Multis, für die sie psychologische Gutachten der Führungskräfte erstellt. Sie übt die Tätigkeit erst seit ein paar Jahren aus, aber sie steht recht gut da«, sagte Helen. »Das muß sie allerdings auch, um die Heizung für diese Scheune von einem Haus zu zahlen.«
Es gab nur eine Immobilie in Scardale, auf die diese Beschreibung paßte. »Sie wohnt doch nicht in Scardale Manor, oder?« fragte Catherine.
»Sie kennen es offensichtlich«, lachte Helen. »Stimmt. Wieso kennen Sie ein Kaff wie Scardale so gut?«
»Helen«, sagte Paul mit warnendem Unterton.
Catherine verzog das Gesicht zu einem Lächeln. »Es gab einen Mord in Scardale, als ich ein Teenager war. Ein junges Mädchen wurde entführt und von ihrem Stiefvater ermordet. Sie war genauso alt wie ich.«
»Alison Carter?« rief Helen aus. »Sie kennen den Fall Alison Carter?«
»Ich bin überrascht, daß Sie ihn kennen«, sagte Catherine. »Sie können doch kaum auf der Welt gewesen sein, als er Schlagzeilen machte.«
»Oh, wir kennen den Fall Alison Carter gut, nicht wahr, Paul?« sagte Helen mit diebischem Vergnügen.
»Nein, Helen, das tun wir nicht«, erwiderte Paul und klang etwas ärgerlich.
»Na gut, vielleicht nicht«, sagte Helen beschwichtigend und streckte die Hand aus, um seinen Arm zu berühren. »Aber wir kennen einen Mann, der Bescheid weiß.«
»Laß doch, Helen. Catherine interessiert sich nicht für einen Mordfall von vor fünfunddreißig Jahren.«
»Da liegen Sie falsch, Paul. Der Fall hat mich immer fasziniert. Was ist Ihre Verbindung dazu?« Sie schaute auf seinen mißbilligenden Gesichtsausdruck. Plötzlich fiel der Groschen. Eine leichte Ähnlichkeit, die sie fast unbewußt wahrgenommen hatte, als sie sich kennenlernten, und jetzt sein Name in Verbindung mit dem Fall Alison Carter. Schnell zog sie die entsprechenden Schlüsse. »Warten Sie mal … Sie sind nicht
George
Bennetts Sohn, oder?«
»Das ist er«, sagte Helen triumphierend.
Paul schien mißtrauisch. »Sie kennen meinen Vater?«
Catherine schüttelte den Kopf. »Nein, nicht persönlich. Aber ich habe von ihm gehört im Zusammenhang mit dem Alison-Carter-Fall. Da hat er ausgezeichnete Arbeit geleistet.«
Paul sagte: »Ja, na ja, es war, bevor ich zur Welt kam, und Dad hat nie sehr viel über seine Arbeit gesprochen.«
»Es war wirklich ein wichtiger Fall, wissen Sie. Angehende Rechtsanwälte müssen ihn immer noch studieren wegen der Konsequenzen für Mordfälle, bei denen es keine Leiche gibt. Und es hat nie ein Buch über den Fall gegeben. Es sind nur Zeitungsberichte aus der Zeit damals zu finden und die juristischen Abhandlungen über Präzedenzfälle, die leider furchtbar trocken sind. Ich bin erstaunt, daß Ihr Vater keine Memoiren geschrieben hat«, sagte Catherine.
Paul zuckte die Schultern und fuhr sich mit der Hand durch sein gut geschnittenes blondes Haar. »Es ist nicht sein Stil. Ich erinnere mich, daß einmal ein Journalist bei uns zu Haus auftauchte. Ich muß etwa sechzehn gewesen sein. Dieser Typ sagte, er hätte über den Fall berichtet, und wollte, daß Dad an einem Buch mitarbeitete, aber Dad schickte ihn auf der Stelle weg. Er sagte danach zu Mum, daß Alisons Mutter damals genug mitgemacht hätte und sie es nicht verdiene, daß alles wieder ausgegraben würde.«
Catherines Journalisteninstinkte waren sofort geweckt. »Aber sie ist doch tot, Alisons Mutter. Sie ist fünfundneunzig gestorben. Jetzt gibt es keinen Grund mehr, warum er nicht über den Fall sprechen sollte.« Sie beugte sich vor, plötzlich aufgeregt. »Ich würde sehr gern die Insidergeschichte über den Fall Alison Carter schreiben. Diese Dinge sollten erzählt werden, Paul. Nicht zuletzt, weil alle Berichte damals die Wahrheit über Philip Hawkins
Weitere Kostenlose Bücher