Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot
schön auf den Wecker, ich hab' da so eine Ahnung, was mit ihr los ist. Ich denke, das macht ihr alles angst. Daß ich jetzt da bin, und die Angst ist, daß ich wieder weggehe. Und sie ist schon ziemlich verkorkst, was das angeht. Ich weiß nicht, wie Magersüchtige so drauf sind, aber wohl doch ziemlich verkorkst. Aber irgendwie stört mich das nicht so, daß ich sie nicht mehr lieben würde.
Und das ist auf einmal total schön, daß mir das so klar wird.
Ich liebe sie. Vielleicht, weil ich noch nie für jemanden so verantwortlich war und noch nie bei jemanden so stark das Gefühl hatte, ich müßte ihn beschützen. Als Bettina später dann noch' mal in mein Zimmer kommt, schlafe ich mit ihr. Aber das ist O.K., weil ich ja weiß, daß ich Nora irgendwie liebe und ihr treu bin. Und daß es mir gar nichts bedeutet, mit Bettina zu schlafen. Das ist nur so wie mas-siert werden.
NORA guckt auch noch einmal aus dem Fenster
Nora hatte also am Fenster gesessen, und die Zeit war ganz langsam vergangen. Als es 12 war, war ihr klar, daß die beiden nicht mehr kommen würden. Nora oder das Ding, das mal Nora gewesen war, zitterte. Ganz stark und wußte, es l müsse irgend etwas machen, denn wenn es weiter einfach so dasitzen würde, würde das Zittern explodieren und sein Herz zerfetzen und den ganzen Körper sprengen. Und so lief das Ding durchs Haus. Alles ganz angespannt, jeden Muskel, um das Zittern zu kontrollieren, lief es durch das Haus, das Ding, das mal Nora gewesen war. Und es suchte ein Instrument, das schärfer war als der Schmerz unter dem Zittern. Das kann ja nicht gut ausgehen, wenn so ein Ding durch ein leeres Haus läuft und zittert. Und unschwer wird ja jeder erkannt haben, daß Nora ein bißchen über-spannt ist, und das kann nur schiefgehen. Im Keller fand es etwas. Einen großer Kanister, schwer und voll mit Benzin. Und den schleppte es hoch in die Küche. Es machte den Deckel auf und fing an, das Benzin auf den Fußboden zu schütten. Ihr werdet schon sehen, dachte das Ding, ihr werdet nicht glücklich werden, das verspreche ich euch.
Und ich werde mich totlachen. Irgendwo, werde ich sitzen und mich totlachen. Und es goß das ganze Benzin aus, bis nichts mehr war in dem Kanister, und dann setzte es sich auf den Boden und fühlte noch mal, ob da irgendeine Angst war in ihm, die vielleicht bereuen konnte, wenn es zu spät war. Aber da war keine Angst mehr, und darum nahm es die Streichholzschachtel in die Hand und machte die langsam auf. Das Benzin reagierte vorbildlich. Mit einem dumpfen, bösartigen Geräusch entflammte es. In wenigen Sekunden war der Raum voller Flammen. Nora würgte, der Sauerstoff wurde unbarmherzig aufgegessen, was in ihre Lunge drang war ein heißes Etwas, wie pures Feuer rann es die Luftröhre hinab. Aber Nora wurde nicht ohnmächtig. Leider nicht. Die Flammen erfaßten ihre Kleidung. Kunstfasern vermischten sich mit ihrer Haut.
Die Haare waren in einem Augenblick vernichtet. Das Fleisch schien von Noras Körper zu tropfen. Jeder Tropfen herausgerissen unter gemeinem Schmerz. Sah Nora auf ihren Arm. Wie unter schwarzen Fleischresten ein Knochen zischend brannte. Wie Wunderkerzen kleine Funken setzten. Dann fraßen die Flammen glücklicherweise die Augen. Machten kleine Platzgeräusche. Dachte aber nicht mehr die Nora. Vor lauter Schmerz, schrie auch nicht. Waren keine Lippen mehr da zum Schreien. Hörte erst auf, der Schmerz, als die Bauchdecke weggefressen war und es an die Innereien ging. Mußte nicht mehr erleben, wie das Feuer Darme verkochte, die Nora.
BETTINA und TOM sehen einen Laster
Dann wachte Tom auf, und ihn störte erheblich, daß da soviel nackte Frau um ihn herum war. Und auf einmal kam eine Unruhe über ihn, und er weckte die nackige Frau. Hör mal, ich habe ein total komisches Gefühl, wie ist deine Nummer in dem Haus, ich muß mal Nora anrufen. Und Bettina, echt sauer, schmiß ihm die Nummer an den Kopf, und Tom wählte die, aber es ging natürlich keiner ran. Und weil er so nervös wurde, auf einmal, drängte er Bettina zum Zurückfahren. Bettina hatte da überhaupt keine Lust dazu, aber Tom sagte, wenn sie nicht mitkäme, würde er ein Taxi nehmen oder irgendwas. Er würde auf der Stelle fahren. Und dann gab Bettina nach, weil sie merkte, daß eh alles falsch gelaufen war. Und dann saßen sie im Auto, mitten in der Nacht, übermüdet und jeder in seinen Gedanken, und die waren nicht schön. Tom fuhr ganz schnell.
Es war stockfinster, und Tom fuhr so
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