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Ein paar Tage Licht

Ein paar Tage Licht

Titel: Ein paar Tage Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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dann wurde das Gebüsch abrupt lichter. In ein paar Metern Entfernung sah Eley die ersten Felsen.
    Plötzlich spürte er, dass er in eine Falle lief. Vielleicht, dachte er, musste es so sein.
    Als er aus der Macchia trat, schnappte die Falle zu.
    »Arrêtez-vous«, sagte eine Stimme.
    Links von ihm stand der Mann aus dem Steinhaus, eine Pistole auf ihn richtend.
    Zögernd hob Eley die Hände.
    Von rechts trat Madjer zu ihm, nahm ihm mit einem ungeduldigen Lächeln die HK aus dem Holster und sagte: »Sie suchen den Tod, Monsieur Eley?«

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    BERLIN
    Ein Boulevardjournalist, verlangte einen Kommentar. Würde sich vielleicht mit einem Deal zufriedengeben. Homestory, Fotos, profunde Einblicke ins Private. So etwas.
    Bekommt er nicht, hatte Prinz gesagt.
    Bekommt er, hatte Jens Carlsen gesagt.
    Das Problem war, dass der Journalist nicht nur den Satz kannte, Je pense à toi jour et nuit, die E-Mail von Lyon aus Elfenbeinküste. Ihm lag eine weitere Mail vor, Januar 2010, Absender: Ernst von Mettler, einer ihrer ehemaligen Referenten in Algier, mittlerweile an der Botschaft in Brasilia, Adressat: Heinrich Zimmermann. Bedenken wegen KP. Scheint privat in etwas verwickelt.
    Waren Sie?, hatte Jens Carlsen gefragt.
    Waren Sie nie?, hatte sie zurückgefragt, noch unter dem Schock der Erkenntnis stehend. Zimmermann hatte sie nicht nach Berlin zurückgeholt, um ihre Karriere zu fördern, sondern weil er sie und ein bisschen auch sich selbst vor ihr hatte retten wollen.
    Als sie ihren Namen hörte, zwang sie sich zur Konzentration.
    »Frau Dr.   Prinz’ große Algerien-Erfahrung wird unserem Kreis sicherlich zugutekommen.«
    Sie lächelte bescheiden.
    Kurz nach sechzehn Uhr, das allmonatliche Treffen der »Freunde Algeriens«. Sie saß an einem überdimensionalen Konferenztisch im obersten Stockwerk der Hauptstadtrepräsentanz von Elbe Defence Systems und hielt dem Blick von Mareike Roth-Albig stand, die in gefühlt zwanzig Metern Entfernung auf der anderen Seite des Tisches Platz genommen hatte und sie seit Minuten mit falscher Herzlichkeit in der Stimme vorstellte und mit jedem zweiten Wort ein Stückchen mehr desavouierte.
    Jahrgangsbeste beim Abitur, beim ersten Diplom, beim zweiten Diplom.
    Die Promotion summa cum laude, fast möchte ich sagen: natürlich.
    Protegée unseres geschätzten, schwer erkrankten Freundes Dr.   Zimmermann, dessen Platz und Stuhl sie von heute an einnimmt.
    Spitznamen: »Miss Embassy«, »Die schöne Diplomatin«.
    In einem harmlosen Nebensatz war das böse Wort »unverheiratet« gefallen, in einem anderen hieß es: »der Partner ein erfolgreicher Hedgefonds-Manager«.
    Prinz fasste im Stillen zusammen: unfähig zur verlässlichen Bindung, über alle Maßen ehrgeizig, protegiert, hatte sich also höchstwahrscheinlich nach oben gevögelt. Zumal Sex im Zusammenhang mit ihr immer eine Rolle spielte, das Aussehen. Geld. Und wo sind die Kinder? Zu egoistisch für Kinder.
    Wenn du wüsstest, dachte sie.
    Jour et nuit.
    Jens Carlsen hatte gesagt, er werde einen Deal aushandeln. Sie bezweifelte, dass sich der Journalist darauf einlassen würde. Homestory, Fotos, Privatleben, all das war doch uninteressant. Nur eines zählte, und das würde er nicht erreichen: dass sie den Kampf gegen das Meininger-Rau-Geschäft mit Algerien aufgab.
    Denn natürlich war es kein Zufall, dass die E-Mails ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt aufgetaucht waren. Jemand hatte gezielt herumgeschnüffelt. Wie bitte?, hatte Jens Carlsen geflüstert. Gefasst hatte sie zugesehen, wie er erbleichte.
    »Am besten«, sagte Roth-Albig fröhlich, »fand ich ja ›So sexy kann Diplomatie sein‹.« Sie hielt eine Zeitungsseite hoch. Eine Hälfte füllte ein Foto aus, Prinz im tief ausgeschnittenen blauen Kleid mit windzerzauster Haarmähne bei einem Empfang der Friedrich-Ebert-Stiftung, neben ihr mit Kopftuch die Dolmetscherin, im Hintergrund die nächtliche Silhouette der Stadt mit den Hügeln, dem Märtyrermonument. Ein Abend unter Frauen, sie hatte einen Vortrag über die Probleme der Emanzipation im Maghreb gehalten. Was hier natürlich keine Rolle spielte.
    Die Sitzung hatte noch nicht einmal richtig begonnen, da hatten die etwa fünfzig Anwesenden schon das gewünschte, desaströse Bild von ihr. Roth-Albig, Referatsleiterin im BMW i und Sprecherin der »Freunde Algeriens«, fackelte nicht lange.
    Sie war Mitte fünfzig, gedrungen, hatte einen blonden Bubikopf. Das Kostüm war grau, konservativ geschnitten, das Make-up einen Tick zu grell,

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