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Ein paar Tage Licht

Ein paar Tage Licht

Titel: Ein paar Tage Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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Wangenküssen. Der Fahrer verschwand in dem Häuschen, schloss die Tür; Madjer und der dritte Mann schulterten die Rucksäcke und folgten der Straße zu Fuß.
    Eley wartete, bis sie in einen Durchgang zwischen mannshohen Mauern abgebogen waren, dann fuhr er an der Hütte und der Abzweigung vorbei und parkte den Wagen dicht am Hang. Er löste die Pistole unter dem Sitz, steckte das Handy ein, betrachtete seinen Proviant: Wasser, Brot, Zigaretten. Nicht eben viel.
    Dafür passte es in die Jackentaschen.
    Madjer und sein Begleiter waren nicht zu sehen. So leise wie möglich folgte Eley dem Weg, der zwischen den von Gras und Gebüsch überwucherten Mauern zum Hügelkamm hochführte und kaum einen Meter breit war. In der Nähe hörte er die Stimmen von zwei Frauen, den Geräuschen nach zu urteilen zersägten und stapelten sie Holz.
    Ein Baby weinte, Hunde bellten.
    Wenig später lag der Weg im Schatten, der leichte Wind wurde kühler. Die Mauern endeten, liefen in entgegengesetzten Richtungen auseinander. Vor Eley weitete sich ein fahlgelbes Grasplateau, daran anschließend begann Macchia, die sich über die nächste Kuppe zog und in einen mit Felsgeröll bedeckten Hang mündete.
    Auf halber Strecke des Plateaus sah er zwei Köpfe über Rucksäcken und kurzen Beinen.
    Er setzte sich in den Schatten der Mauer, aß trockenes Brot, trank Wasser, dachte, dass es viele gute Gründe gab umzukehren. Die meisten davon trugen Namen: Amel, Madjer, Soudani, Harry Landrich. Der Botschafter.
    Richter, den er vielleicht in zusätzliche Gefahr bringen würde. Doch Richter war auch ein Grund weiterzugehen. Der entscheidende Grund. Neben oder nach dem Grund natürlich, der »Eley« hieß.
    Er steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen, ohne sie anzuzünden. Die Köpfe tänzelten körperlos jenseits einer leichten Wölbung. Der Wind war hier oben stärker, ließ Gras und Blätter säuseln. Als er sich für einen Moment legte, war ein anderes Geräusch zu hören, mehr eine Ahnung von einem Geräusch, ein unsichtbarer Hubschrauber.
    Al-Qaida war ein Grund umzukehren.
    In der Gemeinde Bouzeguène war ein paar Jahre zuvor eine AQM -Zelle ausgehoben worden. Mehrere Hundert Soldaten hatten mit Unterstützung von Kampfhubschraubern eine Handvoll Dschihadisten in der Macchia gestellt, drei davon bei der anschließenden Schießerei getötet.
    Wo AQM hauste, musste man mit verminten Wegen rechnen. Mit Terroristen, die in der Abenddämmerung in die Dörfer herunterkamen, um sich mit Proviant zu versorgen. Die Kabylen unter ihnen setzten sich an die gedeckten Tische von Verwandten oder Freunden, die anderen spekulierten auf Angst oder Sympathie. Manche Berber sahen aller Logik zum Trotz in den islamistischen Fundamentalisten Mitstreiter im Widerstand gegen die verhasste arabische Regierung. Doch die meisten wollten mit Terroristen nichts zu schaffen haben, und die Mutigen unter ihnen wiesen sie ab. Verschwindet, sagten sie, wir haben selbst kaum genug. Um nicht ans Militär verraten zu werden, zogen die Bärtigen weiter, zum nächsten Haus, ins nächste Dorf. In der Dunkelheit kehrten sie über Trampelpfade in ihre abgelegenen Wald- oder Bergverstecke zurück, zu denen kein Jeep, kein Transportpanzer, kein Militärlaster je gelangen würde. Zu Fuß wagten sich die Soldaten wegen der Minen nicht dorthin.
    Blieben die Hubschrauber. Die ratissages .
    Eley stand auf. Die Ebene war menschenleer.
    Zehn Minuten später hatte er die Macchia erreicht. Ein fußbreiter Weg schlängelte sich durch das dichte Gebüsch, das ihm bis zum Kopf reichte. Vage nahm er den zerfaserten Geruch von Zigarettenrauch wahr.
    Auf dem sandigen Untergrund waren Schuhabdrücke zu erkennen. Er konzentrierte sich darauf, die Füße in die Umrisse zu setzen. Ein wenig üben, bevor es ernst wurde. Die Wahrnehmung schärfen.
    Der Felshang war sicherlich gefährlicher als die Macchia. Solange man wie hier Fußspuren sah, hatten Minen keinen Sinn. Anders dort, wo Spuren fast unsichtbar waren und es viele Möglichkeiten gab aufzutreten.
    Gelegentlich blieb er stehen, um zu lauschen. Motorengeräusche aus einem fernen Tal, ein sanftes Zischen, wenn Wind über die Büsche strich, Vögel, sonst war nichts zu hören.
    Die Macchia wurde dichter, der Wind immer kühler. Seit einer Weile ging Eley im Schatten, die Sonne stand schräg hinter einem Gipfel. Er trank, ohne innezuhalten. Der Pfad war jetzt steiler, verlief in lang gezogenen Kurven nach oben. Wieder roch es nach verbranntem Tabak,

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