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Ein perfekter Freund

Ein perfekter Freund

Titel: Ein perfekter Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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Zeitungsausschnitten und Andrucke von Anzeigen.
    Fabio nahm alles entgegen. Auf ein Pressemäppchen war eine Visitenkarte geheftet. »Presseabteilung« stand darauf. »Marlen Berger, PR-Assistentin.« Und in Marlens Handschrift: »Gruß M.«
    Fabio kaufte ein Stück Pizza an einem Stand schräg gegenüber dem Apartmenthaus Florida. Der Teig war weich und der Käse verbrannt. Er aß die Hälfte und ließ den Rest in der Tonne verschwinden, die gleichzeitig als Stehbar diente.
    In seinem Apartment herrschte ein Geruch, der ihm schon beim Einzug aufgefallen war. Nur hatte er ihm damals keinen Namen geben können. Jetzt konnte er es: Staubsaugersack. So roch die Luft, die hinten beim Staubsauger herauskam, wenn man den Sack lange nicht gewechselt hatte.
    Fabio öffnete das Fenster und zog den Palmenvorhang zu. Es war noch zu früh zum Schlafen, aber ein wenig ausruhen wollte er sich. Er legte sich angezogen aufs Bett. Er fühlte sich müde und verwirrt.
    Ein Auto weckte ihn. Nicht das eintönige Brummen des Verkehrs, zu dem er eingeschlafen war, sondern das Geräusch eines einzelnen Autos. Als er erwacht war, mußte es genau vor dem Fenster gewesen sein, jetzt wurde es leiser und verlor sich schließlich in einem anderen Motorengeräusch, das seinerseits lauter und wieder leiser wurde. Der Verkehr war spärlich geworden. Es mußte spät sein. Fabio fand den Schalter der Nachttischlampe und machte Licht. Der Lampenschirm war irgendwann mit der heißen Birne in Berührung gekommen. Das rote Plastik hatte sich an einer Stelle zu einer braunen Narbe zusammengezogen.
    Seine Uhr zeigte Viertel nach eins. Er hatte über fünf Stunden geschlafen. Hemd und Hose waren feucht und zerknittert.
    Er stand auf, zog sich aus und ging ins Bad. Der Duschvorhang trug ein Bambusmuster. Am Saum hatte ihn die Feuchtigkeit grau gefleckt. Wenigstens kam das Wasser mit Druck aus der Brause.
    Fabio hielt die Hand unter den Strahl, bis ihm die Temperatur behagte. Dann erst betrat er die Duschkabine. Kaum war er eingeseift, ließ der Druck nach und sank die Temperatur. Fabio drehte an der Mischbatterie, bis das Wasser wärmer wurde. Plötzlich stieg der Druck wieder an, und der Strahl wurde kochend heiß.
    Fabio spülte mit kaltem Wasser die Seife ab, trocknete sich ab und verfluchte Fredi.
    Das einzige, was nicht nach Staubsauger roch, war der Kühlschrank. Der roch nach Kühlschrank. Fabio hatte ihn in der Hoffnung geöffnet, sein Vorgänger habe ein Mineralwasser darin vergessen.
    Er zog ein paar einigermaßen saubere Sachen an und ging aus dem Haus.
    Die Sternstraße lag ruhig da. Ab und zu fuhr ein Auto vorbei, ein Taxi oder ein später Freier. Der Pizzastand war geschlossen. Da und dort brannten Leuchtschriften von Nachtlokalen und Bars. Die erste, an der er vorbeikam, hieß Caramba.
    Das Lokal war schlecht besetzt. Elvis sang »Love me tender«. Ein paar Gäste saßen an der Bar, ein paar Mädchen leisteten ihnen Gesellschaft. An einem Tisch spielten vier Männer Karten, drei weitere kiebitzten.
    Fabio stellte sich an die Bar. Eine ältere Barmaid mit Hildegard-Knef-Wimpern schaute ihn müde an.
    »Kann ic h drei Mineralwasser haben. Zum Mitnehmen?«
    »Mineralwasser kostet achtzehn.«
    »Zum Mitnehmen? Komm, ich wohne hier. Heute eingezogen und nichts im Haus.«
    Die Barmaid verschwand durch eine Tür. Eine junge Frau rutschte von ihrem Barhocker und kam zu ihm herüber. Sie trug golden glänzende Hotpants, kaum größer als ein Slip. »Wie heißt du?« fragte sie.
    »Fabio.«
    »Jessica. Kaufst du mir ein Piccolo?«
    »Vielleicht ein andermal.«
    Jessica drängte sich nahe an ihn heran und küßte ihn. Fabio wich zurück.
    »Schwul?« fragte sie.
    »Ja«, antwortete er.
    Die Barmaid kam mit zwei Literflaschen Mineralwasser.
    »Von mir privat. Sechs Franken. Okay?«
    Vor dem Florida stand eine junge schwarze Frau mit einem älteren weißen Mann. Sie war gerade dabei, die Haustür zu öffnen. Als Fabio kam, musterte sie ihn mißtrauisch. Er zeigte seinen Schlüssel. »Ich wohne hier.« Das schien sie zu beruhigen. Sie traten ein, und Fabio blickte ihr nach. Ihre Frisur bestand aus Hunderten kleiner Zöpfchen. Sie trug einen handbreiten Mini, und ihre Beine begannen dort, wo bei ihrem Begleiter der Bauch anfing.
    Der Lift bot nur für zwei Personen Platz. Als sich die Tür schloß, zwinkerte ihm die Frau zu.
    Die Leuchtanzeige erlosch, Fabio holte den Lift wieder herunter. Er war erfüllt vom Duft eines exotischen Parfüms, dessen Spur sich

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