Ein Prinz wie aus 1001 Nacht
Und er betete. Aus eigener schmerzlicher Erfahrung wusste er, dass auch sämtliche Errungenschaften der modernen Medizin nicht automatisch eine glatte Geburt garantierten. Auch seine Mutter war jung und stark gewesen, als sie mit ihm schwanger war, und dann starb sie direkt nach seiner Geburt an einem Schlaganfall. Sein Vater hatte sich bis heute nicht von dem Verlust der geliebten Frau erholt.
Eine Stunde später hielt Shahir seinen Sohn auf dem Arm, der so entspannt schlief, als interessiere ihn der ganze Rummel um seine Geburt nicht im Geringsten. Behutsam drückte der frischgebackene Vater einen Kuss auf das rosige Händchen und schluckte heftig, um den Kloß in seinem Hals loszuwerden.
„Er … er ist wirklich etwas ganz Besonderes“, sagte er heiser, während es in seinen Augen verdächtig schimmerte. Dann legte er den Winzling in sein Bettchen zurück, beugte sich über seine Frau und küsste sie auf die Stirn. „Wir sind wahrlich gesegnet. In ein paar Wochen, wenn du dich ausreichend erholt hast, werden wir ihn heim nach Dhemen bringen und ihn meinem Volk vorstellen.“
8. KAPITEL
Als der Jet sicher in Dhemen gelandet war, holte Kirsten ihren Sohn Tazeem aus seinem Reisebettchen, drückte sanft seinen kleinen warmen Körper an sich und hauchte einen Kuss auf die samtweiche Wange.
„Wer ist der hübscheste Junge der Welt?“, flüsterte sie zärtlich.
Tazeem öffnete seine großen braunen Augen, die schon jetzt ein Spiegel der bemerkenswerten Augen seines Vaters waren, und heftete sie mit der gleichen Intensität auf das Gesicht seiner Mutter, die Kirsten bereits von Shahir vertraut war. Sie liebte ihren Sohn über alles, auch wenn er über einen festen Willen verfügte, den er bei Bedarf auch lautstark durchzusetzen vermochte.
In den ersten Wochen nach der Geburt hatte er einige Infekte überstehen müssen, und Kirsten und Shahir befürchteten schon, dass er durch seine zu frühe Geburt eine Art Immunschwäche entwickelte, ließen sich aber bereitwillig von ihrem Arzt beruhigen. Inzwischen war Tazeem aber ganz genesen und zur Freude seiner Eltern ein munteres, lebhaftes Baby.
Kirsten war mit ihm in London geblieben, während Shahir um die halbe Welt flog. Er kümmerte sich um alle geschäftlichen Belange, die er vernachlässigt hatte, als es seiner Frau nicht gut ging, und er lieber an ihrer Seite bleiben wollte. Tazeem war inzwischen drei Monate alt, und drei Wochen war es her, dass Kirsten seinen Vater zum letzten Mal gesehen hatte.
Sie vermisste ihn viel mehr, als sie erwartet hatte. Und so funkelten ihre Augen voller Vorfreude auf das baldige Wiedersehen. Nach Tazeems Geburt hatte sich Shahir als der perfekte Vater gezeigt. Doch seine Entscheidung, Kirsten bis nach ihrer zweiten Eheschließung nicht zu nahe zu kommen, nahm er so ernst, dass er sie in der ganzen Zeit nicht einmal geküsst hatte.
Kirsten litt sehr darunter und bemühte sich, sein Verhalten nicht als Zeichen seines Desinteresses zu werten oder sich zurückgestoßen zu fühlen. Aber nicht immer gelang ihr das. Was, wenn Sharir nur aus Pflichtbewusstsein bei ihr geblieben war?
Mit klopfendem Herzen übergab sie ihren Sohn der wartenden Kinderschwester und erhob sich seufzend aus dem komfortablen Sitz, um sich für die bevorstehende Begegnung mit ihrem Mann zu rüsten. Schon lange vor der Landung hatte sie sich noch einmal frisch gemacht und einen eleganten dunkelblauen Hosenanzug angezogen, den sie mit aller Sorgfalt für ihren ersten Besuch im Königreich Dhemen ausgesucht hatte.
Kirsten hatte jedes verfügbare Buch über die Heimat ihres Mannes verschlungen und wusste deshalb, dass hier für verschiedene Anlässe unterschiedliche Farben bevorzugt wurden. Blau war für besondere festliche Gelegenheiten vorgesehen – und deshalb erschien Kirsten ihr Aufzug durchaus angemessen.
Als sie Shahirs dunkle Stimme hörte, wurde ihr bewusst, dass die Türen des Jets bereits offen waren, und ihr Gatte schon an Bord sein musste. Ein letzter Blick in den Handspiegel, ein nervöses Lächeln, und dann eilte Kirsten in Richtung Ausstieg.
„Shahir …!“
„Du wirst schon sehnsüchtig erwartet“, sagte er rau und fing ihre Hand ein, ehe Kirsten sie um seinen Hals legen konnte. Während er seine Frau auf Abstand hielt, schaute er mit leuchtenden Augen zu seinem kleinen Sohn hinüber, der friedlich im Arm der Kinderschwester eingeschlafen war. „Tazeem …“
Shahir lachte leise. „Er sieht glücklich aus, aber das sollte er auch sein,
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