Ein Prinz wie aus 1001 Nacht
jetzt, wo er endlich heimgekommen ist …“
Kirsten war enttäuscht durch Shahirs kühle Begrüßung und wandte den Kopf ab. Durchs Kabinenfenster sah sie eine dicht gedrängte Menschenmenge unten an der Gangway stehen, die erwartungsvoll zu ihnen hinaufschaute.
„Du lieber Himmel! Was ist denn da unten los?“, fragte sie irritiert. „Worauf warten die denn alle?“
„Auf dich und Tazeem. Bist du so weit? Es wäre nicht höflich, unser Empfangskomitee länger als notwendig in der brütenden Hitze stehen zu lassen.“
„Die vielen Menschen warten auf mich und Tazeem?“, vergewisserte sich Kirsten noch einmal nervös.
„Alles, was du tun musst, ist lächeln. Du bist eine Braut und jetzt schon die Mutter des zukünftigen Thronfolgers. Außerdem bist du wunderschön … all das wird dazu beitragen, dass man dich hier verehren wird“, erklärte Shahir mit ruhiger, eindringlicher Stimme und schob seine Frau unmerklich zum Ausgang.
Kirsten wurde durch das gleißende Sonnenlicht geblendet, und die unglaubliche Hitze hüllte sie ein wie ein Kokon. Ehe sie auf der steilen Gangway straucheln konnte, umfasste Shahir ihre Hand mit festem Griff und geleitete seine Frau Stufe für Stufe hinunter. Unterdessen stimmte eine uniformierte Kapelle ein Musikstück an.
„Stehen bleiben, Kopf hoch und nicht bewegen“, raunte Shahir ihr zu. „Das ist die Nationalhymne.“
Kirsten fühlte, wie sie vor Verlegenheit rot wurde und tat, wie ihr geheißen. Kurze Zeit später, am Fuß der Treppe, tauschte Shahir militärische Grüße mit einem uniformierten Mann aus. Die Menschenmassen hinter den Absperrungen verbeugten sich, lächelten ihnen zu und applaudierten. Aber das geschah nicht übertrieben, sondern diszipliniert und respektvoll.
Shahir dirigierte Kirsten ohne weiteren Aufenthalt zu einem zeltartigen Baldachin, der angenehmen Schatten spendete. Auf einem Podium standen zwei Stühle.
„Du setzt dich erst, wenn ich Platz genommen habe“, warnte Shahir sie mit einem Unterton in der Stimme, der verriet, wie sehr er es bedauerte, sie nicht vorher mit dem königlichen Protokoll bekannt gemacht zu haben.
Das war ebenso kurzsichtig wie gedankenlos gewesen, denn wenn Kirsten als seine Frau neben ihm in der Öffentlichkeit repräsentieren musste, erwartete man natürlich von ihr, dass sie sich an die jahrhundertealte Etikette hielt, die Shahir seit Kindesbeinen an vertraut war.
Ein niedliches kleines Mädchen mit schwarzen Kulleraugen überreichte Kirsten einen Strauß Blumen. Kirsten lächelte erfreut und bedankte sich auf Arabisch bei der Kleinen.
Shahir warf seiner Frau einen schnellen Seitenblick zu. „Ich bin beeindruckt …“
„Erwarte bloß nicht zu viel“, murmelte sie verlegen. „Ich habe mir nur ein Wörterbuch für Touristen gekauft und kann nicht mehr als fünfzig Vokabeln.“
Ein Abgeordneter des Hofes hielt eine lange, enthusiastische Begrüßungsrede, von der Kirsten natürlich kein Wort verstand, dann fuhr eine unglaublich lange Limousine mit abgedunkelten Scheiben vor, die an allen vier Ecken mit der Landesflagge bestückt war. Auf ein Zeichen von Shahir hin erhoben sie sich und verließen das Zelt.
Augenblicklich intonierte die Kapelle ein Stück, das Kirsten seltsam vertraut erschien.
„Dir zu Ehren haben die Musiker noch ein Werk eines englischen Komponisten eingeübt“, raunte Shahir ihr zu.
Kirsten war gerührt. „Es heißt Chanson de Matin“, flüsterte sie zurück. „Und es war ein Lieblingsstück meiner Mutter.“
Sekundenlang war Shahir überrascht, bis ihm einfiel, dass Kirstens Mutter vor ihrer Ehe Musiklehrerin gewesen war. „Ich wusste gar nicht, dass du so bewandert in der Musik bist.“
„Ich war noch sehr klein, als mein Vater den Fernseher aus unserem Haus verbannte. Mum hat die Musik dafür benutzt, Daniel und mich zu beschäftigen. Und so haben wir das Fernsehen gar nicht vermisst, bis Dad auch das Klavier verkauft hat.“
„Das muss schrecklich für euch gewesen sein.“
„Mum hat es am meisten verletzt. Ich habe mir damals geschworen, eines Tages ein eigenes Klavier zu besitzen und so oft und lange zu spielen, wie ich will!“ Das kam so unvermutet heftig raus, dass Kirsten verlegen auflachte. „Ich befürchte nur, dass meine Finger inzwischen ziemlich eingerostet sind.“
„Ich glaube nicht, dass es mir etwas ausmachen würde …“, sagte Shahir gedehnt.
In der Limousine war es durch die Klimaanlage angenehm kühl, und Kirsten streckte mit einem leisen
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