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Ein Pyrenäenbuch

Ein Pyrenäenbuch

Titel: Ein Pyrenäenbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Tucholsky
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bleu, bleu comme la Côte d’Azur,
bleu comme une boule de blanchisseuse, et tout ce que vous écriiez là-dessus
n’y changera rien. Croyez-vous qu’on vous prendra au sérieux si vous prétendez
qu’il a au Japon plus de morts par les accidents de tramways que par le
harakiri? Pas du tout... La tâche du voyageur n’est pas de détruire des
légendes, c’est d’en créer. Il faudra que vos Hindous soient majestueux, vos
Chinois impénétrables, vos nègres lubriques, vos Nippons courtois. Ça n’est pas
vrai! Tant pis! La réalité, c’est la monnaie de ceux qui ne savent pas mentir.»
    Roland Dorgelès: ‹Partir›
     
    Und
Inger war freundlich und gutherzig. Sie erzählte von der Domkirche in Drontheim
und begann: «Ihr habt wohl die Domkirche in Drontheim nicht gesehen? Nein, ihr
seid ja nicht in Drontheim gewesen!»
    Diese Domkirche war gleichsam
Ingers eigene Domäne, sie verteidigte sie, sie prahlte mit ihr, gab Höhe und
Breite an, sie sei wie ein Märdien!
    Knut Hamsum: ‹Segen der Erde›

Der Beichtzettel
     
    Geographie hatten wir beim
roten Gierke. Der Mann war ein Lehrbeamter mit vielen kleinen Äderchen im
Gesicht, die ihm ein kupferrotes Aussehen gaben; wegen seines Spitznamens hatte
er sich anstandshalber einen roten Bart umgebunden. Er mochte uns nicht, und
wir mochten ihn nicht. Er galt für falsch und rachsüchtig, Urteile von
Schulklassen sind immer richtig — es wird schon gestimmt haben.
    «Hast du Geographie gemacht?» —
«Ich habe keine Ahnung!» — Woher sollte ich auch eine Ahnung haben? Das
kümmerliche Geographiebuch verzeichnete ein paar Namen und stotterte in
holprigem Deutsch etwas von «Bodenbeschaffenheit» und «Sardinenhandel», der
Rote hatte dazu mit einem Rohrstock an der Karte entlanggestrichen, und die
Klasse hatte korrekt geschlafen.
    «Wir kommen nunmehr zu den
Pyrenäen», sagte der Rote. Ich weiß nicht, ob er heute auch noch dazu kommt —
aber bis auf das schöne Wort «Maladetta», was kein Fluch, sondern ein Berg ist,
habe ich nichts behalten. Es ist alles Wie ausgelöscht. Das gute Schulgeld —!
Die schöne verlorne Zeit —!
    «Pyrenäen» — das war so eine
rostbraune Sache auf der sonst grünen und schwarzen Karte, darin ein paar
Bergkleckse standen, rechts und links gefiel sich die Karte in Blau, das war
das Meer... Ja, und sie trennten Spanien und Frankreich. Auch mußte man
jedesmal ein kleines bißchen nachdenken, bevor man den Namen schrieb.
    Dies waren die
wissenschaftlichen Kenntnisse, die mir die deutsche Schule in Bezug auf die
Pyrenäen mitgegeben hatte.
    Aber der Rote lehrte nicht nur
Geographie, sondern auch Geschichte, und da ging es wesentlich muntrer her. Es
war eine Mordsgeschichte, in der es nichts wie Schlachten, Fürsten und Staaten gab.
Was ein Staat war, hatte er uns nie erklärt, aber das Leben holte das rasch
ein. Wenn man zum Beispiel in die Pyrenäen fahren will, braucht man einen Paß.
    Viele europäische Staaten
fordern zur Zeit noch Eintrittsgeld, und das kann ihnen niemand verdenken.
Autorität übt man am besten dem Schwachen gegenüber aus — dem, der keinen
Fußtritt zurückgibt, wenn der armselige verschuldete Popanz mit dem Wappen
fuchtelt. Bauern, die für ihren ganzen Besitz so viel Steuern bezahlen wie ein
Schreibmaschinenfräulein, Aktiengesellschaften, die, wenn es ans Zahlen geht,
nur mit ihrer französischen Bezeichnung «Sociétés Anonymes» auftreten... bei
denen geht’s nicht. Das arme Luder von Staat muß sich doch ein Mal, ein
einziges Mal fühlen! Der Ausländer ist eine schöne Gelegenheit.
    Über die Kuppen und Grate der
Pyrenäen hinweg läuft eine kleine gekreuzelte Linie, die Grenze. Der Fall lag
wunderschön kompliziert; ich wohne in Paris, und es waren drei Mächte zu
bemühen: Deutschland, Frankreich und Spanien. Ich bemühte sie.
    Es kostete vier Arbeitstage
sowie zweihundertachtunddreißig Francs. Die Sache spielte sich in Liebe und
Freundschaft ab: niemand benahm sich irrsinniger, als seine Vorschrift ihm das
vorschrieb, es wurden weder Kniebeugen noch Freiübungen verlangt, auch vom
Einzelvorbeimarsch wurde allgemein abgesehen. Regiert wurde ich bei den
Deutschen von einem sehr wohlschmeckenden, großen Mädchen, bei den Franzosen
von einem höflichen, staubigen Mann, bei den Spaniern von einem
Botschaftssekretär und zwei dunkelgetönten Konsularbeamten. Jeder stempelte,
trug in Bücher ein, schrieb und fertigte aus, ließ von unbekannten Mächten, die
hinter geschlossenen Türen

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