Ein Quantum Tod: Roman (German Edition)
plötzlich vor mir auf und wandte sich mit geübtem Charme an mich.
»Ich kenne Sie nicht, oder?«
»Ich glaube nicht«, antwortete ich. »Ich bin Shaman Bond. Kümmern Sie sich nicht um mich, ich bin niemand Wichtiges.«
»Warum verschwende ich dann Zeit damit, mit Ihnen zu reden?«, giftete sie und schritt davon.
»Nett, Sie kennenzulernen«, murmelte ich. »Ich hoffe, Sie bekommen bald Dysenterie.«
»Du weißt eben, wie man die Damenwelt beeindruckt«, sagte Molly, die gerade neben mich trat.
»Fass das Essen und Trinken nicht an«, riet ich ihr.
»Oh, ich weiß alles über diesen Kram. Du solltest mal sehen, was bei den Hexensabbaths verteilt wird. Manches davon würde eine Ziege kotzen lassen.«
»Es sind vielleicht Satanisten, aber sie wissen wirklich nicht, wie man eine Party schmeißt«, fand ich. »Ich habe noch nie so viele Leute getroffen, die keine Ahnung haben, wie man Spaß hat. Ich habe auch noch nie so viele Gesichter gesehen, denen ich liebend gern eins reinhauen würde, einfach aus Prinzip. Wo ich auch hingehe, versuchen sie, mit endlosen Geschichten darüber, wie grausam sie sein können und was sie Furchtbares getan haben, Eindruck auf mich und alle anderen zu machen. Alles, was ich höre, ist: ›Oh, es ist ja so befreiend, ein Satanist zu sein!‹ Und sie reden so beiläufig über Vergewaltigung, Folter und Mord und geistige Abscheulichkeiten aller Art. ›Wir sind vielleicht bösartig, aber wenigstens bilden wir uns etwas darauf ein.‹«
»Was hast du denn anderes erwartet?«, fragte Molly vernünftig.
»Ich könnte jeden Einzelnen hier umbringen und mich ohne Gewissensbisse gut dabei fühlen.« Meine Stimme musste besonders kalt geklungen haben, denn Molly sah mich scharf an.
»Das sieht dir nicht ähnlich, Eddie, und das weißt du. Lass sie nicht an dich ran. Wir sind hier, um Informationen zu sammeln. Wenigstens diesmal.«
Ich zuckte unbehaglich mit den Schultern und nahm einen langen Schluck aus meiner Flasche. »Ich glaube, diese Leute haben einen schlechten Einfluss auf mich.«
»Hallo, Molly!«, sagte eine kleine, pummelige Rothaarige in diesem Moment neben uns. Sie trug ein silbernes Abendkleid, das ihr nicht stand. Sie und Molly küssten die Luft rechts und links von ihren Gesichtern und schmatzten dabei laut, dann sah mich die Rothaarige an, als sei ich ein Gegenstand aus einem Katalog. Ihr Gesicht war rot angelaufen und sie stand nicht mehr allzu sicher auf den Beinen.
»Das ist Jodie Harper«, stellte Molly vor. »Jodie, das ist Shaman Bond.«
»Oh ja, mein Lieber, ich habe von Ihnen gehört«, sagte Jodie. »Sie hatten wohl endgültig genug davon, ganz allein zu arbeiten, oder? Sie sind wohl zu den Gewinnern gewechselt!« Sie gab mir keine Gelegenheit, das zu kommentieren, sondern wandte sich sofort wieder an Molly. »Es ist schon so lange her, meine Liebe! Seit dieser Sache mit der alten Tanzschule im Schwarzwald, richtig? Ich hätte wissen sollen, dass du hier bist, Molly; du konntest ja nie ertragen, außen vor zu stehen!« Dann wandte sie sich wieder an mich. »Endlich trauen Sie sich mal in die richtige Welt hinauf, was, Shaman? Oder sollte ich lieber sagen, hinunter?«
Sie lachte laut über ihren eigenen Witz und das erste Mal erkannte ich, wie ängstlich sie wirklich war. Das Glas in ihrer Hand sah aus, als wäre ordentlicher Alkohol darin, und was auch immer bevorstand, sie schien es bitter nötig zu haben, eine Menge davon herunterzustürzen, damit sie ihm ins Gesicht sehen konnte. Was in mir unwillkürlich die Frage aufkommen ließ, was denn so furchtbar war, dass selbst eingefleischte Satanisten Angst davor hatten. Jodie erkannte jetzt, dass sie allein lachte, und hörte ganz plötzlich damit auf. Sie fluchte beinahe geistesabwesend, wandte sich ab und ging zur Bar.
Molly sah ihr kühl hinterher. »Nichts ist schlimmer als eine abergläubische Satanistin. Jodie konnte sich noch nie zu etwas bekennen. Ich glaube nicht, dass sie in dieser Gesellschaft lange überleben wird. Eddie, ist dir aufgefallen, dass all die Felle auf dem Boden von gefährdeten Arten stammen? Die Kerzen in den Leuchtern wurden aus menschlichem Talg gemacht, aus Leichen von politischen Häftlingen und Ebola-Opfern. Sogar die Luft, die wir atmen, wurde mit der Essenz von Leid geschwängert, das man aus den Tränen der Unschuldigen destilliert hat.«
»Woher weißt du das alles bloß?«
»Weil es Standard bei satanistischen Treffen ist«, antwortete Molly. »Ich hab an so was schon
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