Ein reizvolles Angebot
drückten.“ Rand machte eine Pause. Dann fuhr er fort: „Und trotzdem würde ich gern wissen, was mein Vater gemacht hat. Was hatte er in der Hand, um dich in eine so kompromittierende Lage zu bringen?“
Tara biss sich auf die Lippen. Jetzt war der Moment gekommen, in dem sie Farbe bekennen und zugeben musste, dass sie keineswegs so selbstlos war, wie Rand es darstellte, denn ausgerechnet für ihre Mutter hatte sie eben nicht ihr Letztes gegeben. „Ich habe nicht mit Everett geschlafen, das stimmt. Trotzdem habe ich mir oft gewünscht, ich hätte es doch getan.“
Rand fuhr entsetzt zurück.
„Dein Vater hat mir ein Angebot gemacht, das ich nicht hätte ablehnen dürfen. Er hat mir versprochen, für mich und für meine Mutter zu sorgen und ihr die besten Ärzte und die teuerste Pflege angedeihen zu lassen, wenn ich zu ihm nach Kincaid Manor ziehe und in jeder Hinsicht seine Partnerin werde.“
Rand war fassungslos vor Wut. „Mein Vater wollte die Krankheit deiner Mutter dazu missbrauchen, dich dazu zu bringen, seine Geliebte zu werden? Das ist absolut widerwärtig.“
Tara senkte den Kopf. „Nun, ich denke, er war sehr einsam“, entschuldigte sie ihn halbherzig. Sie wusste selbst nicht, was sie davon halten sollte. „Wahrscheinlich wollte er uns wirklich helfen.“
„Nein, Tara. Was er wirklich wollte, war etwas anderes. Er wollte mir eine Lektion erteilen und hat dich als Mittel zum Zweck benutzt.“
Tara erschrak. Es klang grotesk. Aber nach allem, was Rand über seine freudlose Jugend unter dem Diktat seines Vaters erzählt hatte, kam ihr das nicht einmal abwegig vor. Everett Kincaid musste wirklich ein sehr widersprüchlicher Charakter gewesen sein. Sie beschloss, Rand endlich alles zu erzählen. Nachdem sie ihm die Vorgeschichte geschildert hatte, fuhr sie fort: „Im ersten Augenblick habe ich seinen Vorschlag sogar akzeptiert. Aber ich merkte sofort, dass ich das nicht durchhalten konnte. Vor allem weil ich dich noch immer liebte. Ich hatte die Vorstellung, dass du doch einmal zu mir zurückkehren würdest.“ Ganz die Mutter, dachte Tara.
Dann betrachtete sie traurig ihre Hände und erklärte: „Wenn ich auf Everetts Vorschlag eingegangen wäre, hätte meine Mutter vielleicht noch ein paar Jahre länger leben können. Ich bin also gar nicht so selbstlos, wie du behauptest. Da finde ich das, was du gemacht hast, um einiges uneigennütziger. Du bist um Nadias und Mitchs willen hierher zurückgekehrt, hast deinen Job aufgegeben, bist bei mir eingezogen, obwohl du das alles nicht wolltest. Und du bist auf meine etwas fantastischen Bedingungen eingegangen.“
Er seufzte und entgegnete mit einer Prise bitterer Ironie: „Man könnte auch sagen, ich habe mich prostituiert und du nicht.“
„Nein. Du bist einfach stärker als ich, stark genug, ein großes Opfer zu bringen. Und ich war es nicht.“
Nun setzte Rand sich dicht neben sie, sodass sie die Wärme seines Oberschenkels spüren konnte. „Du bist nicht schwach, Tara. Und ich bin auch nicht so stark, wie du denkst. Im Gegenteil. Ich habe dich zwei Mal gehen lassen – aus Angst. Als meine Mutter Selbstmord beging, habe ich gedacht, sie hätte es aus Verzweiflung über die Untreue meines Vaters getan. Alle Welt behauptet, ich sei genauso wie mein Vater, aus demselben Holz geschnitzt, ein eingefleischter Egoist, ganz besonders, wenn es um Frauen geht. Mitch und ich glauben, dass es so etwas wie einen Fluch gibt, der auf der Familie lastet und alle Frauen der Familie unglücklich werden lässt. Als Serita, mit der ich nach der Highschool zusammen war, die Schlaftabletten geschluckt hat, habe ich auch gedacht, es wäre meine Schuld gewesen. Erst kürzlich habe ich von ihr erfahren, dass das nicht stimmt. Und es stimmt auch nicht, dass mein Vater schuld am Tod meiner Mutter ist.“
„Aber Rand …“
Er legte ihr den Finger auf die Lippen. „Lass mich zu Ende erzählen. Zwei Mal bin ich praktisch vor dir davongelaufen. Ich liebte dich damals, Tara, aber ich hatte Angst, ich würde dich unglücklich machen. Und dieses Mal war es genauso.“
Tara war sprachlos. Was wollte er damit sagen? Dass er sie liebte?
Rand schien ihre Fragen zu verstehen, auch ohne dass sie sie aussprach. „Damals liebte ich dich, weil du so offen und unbefangen warst, weil wir so viel Spaß miteinander hatten. Dieses Mal ist es noch mehr als das. Ich habe mich in dich verliebt, weil du eine außerordentlich schöne, starke, intelligente Frau bist, die sich zu
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