Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music
seiner drei Komma soundso viel Jahrzehnte bei der Truppe. Zehn Tage später, und dieser arme Kerl wäre schon nicht mehr sein Problem gewesen – was immer noch der Fall sein könnte. Seit Wochen schon spürte er Siobhans Anspannung: Ein Teil von ihr – vielleicht sogar der beste Teil von ihr – wollte, dass Rebus endlich das Feld räumte. Erst dann konnte sie anfangen, ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Jetzt waren ihre Augen auf ihn gerichtet, als wüsste sie, woran er gerade dachte. Er lächelte sie listig an.
»Noch bin ich nicht tot«, sagte er, während sich der Van der Spurensicherung langsam näherte und dann stehen blieb.
Der diensthabende Arzt hatte ordnungsgemäß den Tod festgestellt. Die Spusi hatte die Raeburn Wynd abgesperrt, Scheinwerfer aufgestellt und eine Plane gespannt, so dass die Gaffer nichts sehen konnten außer den Schatten auf der anderen Seite. Rebus und Clarke steckten mittlerweile in den gleichen weißen Einwegoveralls wie die Spusi. Ein Kamerateam war gerade eingetroffen, und der Leichenwagen wartete auf seinen Einsatz. Becher voll Tee waren von irgendwoher aufgetaucht und dampften in der kalten Luft. In der Ferne Sirenen; Geschrei von Betrunkenen auf der nahen Princes Street; vielleicht sogar das Heulen einer Eule auf dem Friedhof. Vom jungen Mädchen und dem Ehepaar waren vorläufige Aussagen aufgenommen worden, und Rebus überflog sie gerade, von den zwei Constables flankiert, deren älterer, wie er inzwischen wusste, Bill Dyson hieß.
»Wie man hört«, sagte Dyson, »werden Sie jetzt endlich doch auf die Straße gesetzt.«
»Übernächstes Wochenende«, bestätigte Rebus. »Aber bei Ihnen kann’s auch nicht mehr lange dauern.«
»Sieben Monate, Tendenz fallend. Hab mir für hinterher schon einen netten kleinen Job als Taxifahrer organisiert. Keine Ahnung, wie Todd ohne mich klarkommen wird.«
»Ich werde die Zähne zusammenbeißen«, meinte Goodyear gedehnt.
»Das ist eine Sache, die du gut draufhast«, sagte Dyson, während Rebus sich wieder seiner Lektüre zuwandte. Das Mädchen, das die Leiche entdeckt hatte, hieß Nancy Sievewright. Sie war siebzehn, hatte eine Freundin besucht und war auf dem Heimweg gewesen. Die Freundin wohnte in der Great Stuart Street und Nancy in der Blair Street, einer Querstraße der Cowgate. Sie war schon von der Schule abgegangen und arbeitslos, hoffte allerdings, irgendwann einen Collegeplatz zu bekommen und eine Ausbildung als Zahnarzthelferin zu machen. Die Befragung hatte Goodyear durchgeführt, und Rebus war beeindruckt: saubere Handschrift und jede Menge Details. Sich anschließend Dysons Notizbuch vorzunehmen bedeutete einen Umschwung von Hoffnung zu Verzweiflung: ein Gewirr von hastig hingekritzelten Hieroglyphen. PC Bill Dyson konnte es sichtlich nicht erwarten, diese letzten sieben Monate hinter sich zu bringen. Mit viel Phantasie erschloss Rebus, dass die Eheleute Roger und Elizabeth Anderson hießen und in der Frogstone Road West wohnten, am Südrand der Stadt. Es gab eine Telefonnummer, aber keinerlei Hinweis auf Alter oder Beruf der beiden. Stattdessen konnte Rebus »kamen bloß vorbei« und »haben angerufen« entziffern. Er gab die Notizbücher kommentarlos zurück. Alle drei Zeugen würden später noch einmal befragt werden. Rebus warf einen Blick auf seine Uhr und fragte sich, wann der Pathologe wohl eintreffen würde. Bis dahin konnte man nicht mehr allzu viel tun.
»Sagen Sie ihnen, dass sie gehen können.«
»Das Mädchen ist noch ziemlich wacklig auf den Beinen«, meinte Goodyear. »Meinen Sie, wir sollten sie heimfahren?«
Rebus nickte und richtete seine Aufmerksamkeit auf Dyson. »Was ist mit den beiden anderen?«
»Ihr Auto steht auf dem Grassmarket.«
»Ein bisschen Late-night-Shopping?«
Dyson schüttelte den Kopf. »Weihnachtskonzert in St. Cuthbert’s.«
»Ein Gespräch, das wir uns hätten sparen können«, erklärte ihm Rebus, »wenn Sie sich die Mühe gemacht hätten, das alles aufzuschreiben.« Als sich seine Augen in die des Constable bohrten, spürte er förmlich die Frage, die Dyson auf der Zunge lag: Warum, zum Teufel, hätte ich das tun sollen? Zum Glück war der Veteran nicht so unvorsichtig, irgendetwas in der Richtung laut zu äußern … jedenfalls nicht solange der andere Veteran in Hörweite war.
Rebus ging zum Van der Spurensicherung, wo Clarke gerade dabei war, den Leiter des Teams auszufragen. Er hieß Thomas Banks – »Tam« für alle, die ihn kannten. Er grüßte Rebus mit
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