Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music
einem Nicken und fragte, ob sein Name auf der Gästeliste für seine Verabschiedungsfete stünde.
»Wie kommt’s, dass alle so scharf darauf sind, Zeugen meines Ablebens zu werden?«
»Wundern Sie sich nicht«, sagte Tam, »wenn die Bürohengste aus dem Hauptquartier mit Pfählen und Hämmern kommen, nur um ganz sicherzugehen.« Er zwinkerte Clarke zu. »Siobhan erzählt, Sie hätten es so hingedreht, dass Ihre letzte Schicht am Samstag ist. Hat das den tieferen Sinn, dass wir dann alle zu Hause vor der Glotze hängen, wenn Sie sich auf den Langen Marsch begeben?«
»Hat sich einfach so ergeben,Tam«, versicherte ihm Rebus. »Wie steht’s mit Tee?«
»Vorhin wollten Sie keinen haben«, hielt ihm Tam vor.
»Das war vor’ner halben Stunde.«
»Tja, John, hier kriegt keiner’ne zweite Chance.«
»Ich hatte grad gefragt«, unterbrach Clarke, »ob Tams Team was für uns hat.«
»Ich schätze mal, er hat Sie um Geduld gebeten.«
»Darauf lief’s in etwa raus«, bestätigte Tam, während er eine SMS las, die gerade bei ihm eingegangen war. »Messerstecherei vor einem Pub auf dem Haymarket«, informierte er die beiden.
»Viel los, heut Nacht«, kommentierte Clarke. Dann, zu Rebus gewandt: »Der Arzt vermutet, dass unser Mann zu Tode geknüppelt und vielleicht sogar getreten wurde. Er tippt, dass die Autopsie geschlossenes Polytrauma ergeben wird.«
»Ich werde bestimmt keine Wette gegen ihn abschließen«, erwiderte Rebus.
»Ich ebenso wenig«, fügte Tam hinzu und rieb sich über den Nasenrücken. Er wandte sich zu Rebus. »Wissen Sie, wer dieser junge Uniformierte war?« Er nickte in Richtung des Streifenwagens. Todd Goodyear half Nancy Sievewright gerade in den Fond, während Bill Dyson mit den Fingern auf das Lenkrad trommelte.
»Hab ihn vorher noch nie gesehen«, gab Rebus zu.
»Aber vielleicht kannten Sie seinen Großvater …« Tam ließ es dabei bewenden, Rebus sollte selbst darauf kommen. Er brauchte nicht lange dazu.
»Doch nicht Harry Goodyear?«
Tam nickte bestätigend, so dass es Clarke überlassen blieb zu fragen, wer Harry Goodyear war.
»Ur- und Frühgeschichte«, informierte Rebus sie.
Womit sie, wie so oft bei Rebus, genauso schlau wie vorher war.
2
Rebus fuhr Clarke gerade nach Haus, als ihr Handy trillerte.
Er wendete und fuhr zur Cowgate, wo sich das städtische Leichenschauhaus befand.Vor der Ladebucht stand ein nicht gekennzeichneter Lieferwagen. Rebus parkte daneben und ging voraus. Die Nachtschicht bestand lediglich aus zwei Männern. Der eine war in den Vierzigern und sah – in Rebus’ Augen – wie ein Exknacki aus. Eine verblasste blaue Tätowierung kroch ihm aus dem Halsausschnitt des Overalls zur Kehle. Es dauerte einen Augenblick, bis Rebus eine Art Schlange darin erkannte. Der andere Mann war erheblich jünger, bebrillt und schlaksig.
»Ich nehm mal an, Sie sind der Dichter«, tippte Rebus.
»Lord Byron nennen wir ihn«, krächzte der Ältere.
»Also, wie ich ihn erkannt habe«, sagte der jüngere Sektionsgehilfe zu Rebus. »Ich war erst gestern …« Er warf einen Blick auf seine Uhr. »Vorgestern«, verbesserte er sich und erinnerte Rebus so daran, dass es nach Mitternacht war, »auf einer Lesung von ihm. Er hatte genau dieselben Sachen an.«
»Vom Gesicht her dürfte er kaum zu identifizieren sein«, unterbrach Clarke, die des Teufels Advokatin spielte.
Der junge Mann pflichtete ihr mit einem Nicken bei. »Trotzdem … das Haar, diese Jacke und der Gürtel …«
»Und, wie heißt er also?«, fragte Rebus.
»Todorow. Alexander Todorow. Er ist Russe. Ich habe ein Buch von ihm im Aufenthaltsraum. Er hat’s mir signiert.«
»Das dürfte dann jetzt einiges wert sein.« Der andere Gehilfe klang plötzlich interessiert.
»Könnten Sie es holen?«, fragte Rebus. Der junge Mann nickte und schlurfte an ihm vorbei Richtung Korridor. Rebus musterte die Reihen von Kühlfächern. »In welchem liegt er?«
»Nummer drei.« Der Gehilfe klopfte mit den Fingerknöcheln gegen die fragliche Klappe. Daran war ein Schildchen befestigt, aber vorläufig noch ohne Namen. »Ich würde nicht darauf wetten, dass Lord Byron sich irrt – der hat was auf dem Kasten.«
»Wie lange ist er schon hier?«
»Paar Monate. Richtig heißt er Chris Simpson.«
Jetzt hatte auch Clarke eine Frage. »Eine Ahnung, wie lang’s noch dauert, bis die Obduktion beginnt?«
»Bis die Pathologen ihren Arsch hierherschaffen.«
Rebus hatte die neueste Ausgabe der Evening News entdeckt und in die Hand
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