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Ein Rückblick aus dem Jahr 2000

Ein Rückblick aus dem Jahr 2000

Titel: Ein Rückblick aus dem Jahr 2000 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Bellamy
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und moralische Umgestaltung hat vollziehen können wie jene, die seitdem stattgefunden hat. Es könnte nicht treffender illustriert werden, wie leicht sich die Menschen an Verbesserungen ihrer Lage als an etwas ganz Selbstverständliches gewöhnen, obendrein an Verbesserungen, die schon nichts mehr zu wünschen, übrig zu lassen schienen, als sie zum erstenmal ausgedacht und formuliert wurden. Diese Betrachtung ist wie keine andere geeignet, die Begeisterung von Weltverbesserern zu mäßigen, die auf die lebhafte Dankbarkeit künftiger Geschlechter zählen!
    Das vorliegende Buch ist für Leser bestimmt, die wohl eine klare Vorstellung von den sozialen Unterschieden zwischen dem neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert erlangen möchten, aber vor der trockenen Darstellung der Geschichtsbücher darüber zurückschrecken. Der Verfasser ist durch seine Erfahrungen als Lehrer gewitzigt worden. Sie haben ihm gezeigt, daß das Studieren leicht für ermüdend gilt. Er hat sich daher bemüht, den belehrenden Charakter seines Buches dadurch anziehender zu gestalten, daß er dieses in die Form eines Romans gebracht hat. Ein solcher, so hofft er, wird schon an sich nicht jeden Interesses ermangeln.
    Der Leser mag hin und wieder Doktor Leetes Erklärungen der modernen sozialen Verhältnisse, seine Auseinandersetzungen über die ihnen zugrunde liegenden Prinzipien für recht alltäglich halten. Ihm selbst erscheinen sie ja als die reinste Selbstverständlichkeit. Allein er darf zweierlei nicht vergessen. Erstens, daß sie für Doktor Leetes Gast ganz und gar nicht selbstverständlich waren. Zweitens, daß es der ausdrückliche Zweck dieses Buches ist, den Leser vergessen zu machen, wie selbstverständlich die neue soziale Ordnung für ihn ist. Noch ein Wort. Beinahe alle Schriftsteller und Redner, die die Wende um das Jahr Zweitausend feierten, haben von der Zukunft und nicht von der Vergangenheit gesprochen; nicht von dem Fortschritt, der bereits verwirklicht worden, sondern von dem Fortschritt, der noch zu verwirklichen ist, immer vorwärts und aufwärts, bis das Menschengeschlecht seine unsagbar hohe Bestimmung erreicht hat. Das ist gut, sehr gut. Doch ist eine andere Erwägung nicht minder berechtigt. Nirgends können wir festeren Boden für kühne Prophezeiungen über die menschliche Entwicklung in den nächsten tausend Jahren finden, als wenn wir einen „Rückblick“ auf den Fortschritt werfen, den die letzten hundert Jahre bedeuten.
    Möchte dieses Buch so glücklich sein, Leser zu finden, die aus Interesse an der Sache die Mängel der Darstellung übersehen. Mit diesem Wunsche tritt der Verfasser beiseite und läßt Herrn Julian West selbst sprechen.

 
1. Kapitel
Der Kapitalismus der Vergangenheit
     
    Ich erblickte das Licht der Welt zu Boston im Jahre 1857. „Was“, fragt der Leser, „1857? Das ist ein drolliger Irrtum. Der Herr meint natürlich 1957.“ Ich bitte um Entschuldigung, aber es ist kein Irrtum. Es war gegen vier Uhr nachmittags, am 26. Dezember, einen Tag nach Weihnachten im Jahre 1857 und nicht 1957, als ich zum erstenmal Bostons Ostwind atmete. Und wie ich dem Leser versichern kann, blies er in jenen vergangenen Tagen ebenso durchdringend wie im gegenwärtigen Jahre des Heils 2000.
    Diese Behauptungen werden im ersten Augenblick und besonders dann wunderlich erscheinen, wenn ich hinzufüge, daß ich dem Äußeren nach ein junger Mann von ungefähr dreißig Jahren bin. Niemand könnte es darum versagt werden, wenn er kein Wort weiter von einem Buche lesen will, das bloß seine Leichtgläubigkeit hinter das Licht zu führen scheint. Nichtsdestoweniger versichere ich dem Leser im vollen Ernst, daß ich ihm durchaus nichts vorzuphantasieren gedenke, und ich will versuchen, ihn vollständig davon zu überzeu gen, wenn er nur die Geduld behält, noch wenigen Seiten meiner Erzählung seine Aufmerksamkeit zu schenken. Der Leser gestatte mir, meine Behauptung zu rechtfertigen, daß ich besser weiß als er, wann ich geboren bin. Tut er das, und läßt er mein Versprechen gelten, so will ich meine Erzählung fortsetzen. Jeder Schulknabe weiß, daß am Ende des neunzehnten Jahrhunderts kei ne Zivilisation existierte, die der heutigen zu vergleichen gewesen wäre. Gewiß waren bereits die Elemente in Fluß, die unsere heutige soziale Ordnung entwickeln sollten. Nichts war jedoch geschehen, um die seit undenklichen Zeiten bestehende Spaltung der Gesellschaft in vier {2} Klassen abzuschaffen, die viel treffender

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