Ein Sarg für zwei
tränennassen Augen stolz darauf war, dass er mich dazu gebracht hatte,
zu tun, was er wollte.
Stattdessen
sah er mich einfach nur an. Er hatte den schwarzen Schal wieder um sein Gesicht
gewickelt, so dass ich nur seine Augen sehen konnte, aber das genügte, um zu
erkennen, dass er nicht lachte.
»Was zum
Teufel glaubst du, wie es gelaufen ist?«, stieß ich hervor.
Er
betrachtete mich sinnend. »Du hast das Richtige getan. Er hat deine
Entscheidung nicht angezweifelt?«
Ich
schluckte gegen den Kloß in meiner Kehle an. »Nein, das hat er nicht. Und?
Zufrieden?«
»Das macht
mich natürlich nicht zufrieden.«
»Na klar,
und das soll ich glauben!« Ich wollte an ihm vorbeigehen, doch er stellte sich
mir in den Weg.
»Wo willst
du hin?«, fragte er.
»Nach Hause.
Ins Bett.«
»Ist es
sicher für dich, so allein unterwegs zu sein?«
»Der
Anführer der Vampirjäger macht sich Sorgen, dass ich kleiner Reißzahn sicher
nach Hause komme? Wie süß von dir.« Meine Stimme troff förmlich vor
Gehässigkeit. Ich holte tief Luft und sah ihm wieder direkt in die Augen. »Ich
habe zugestimmt, dich in zwei Wochen zu zeugen. Heißt das, dass ich mich bis
dahin damit abfinden muss, dass du ständig um mich herumschleichst? Es wäre mir
wirklich lieber, du würdest dich bis dahin so weit wie möglich von mir
fernhalten und dich um deine eigenen verdammten Angelegenheiten kümmern.«
Er wich
unwillkürlich ein Stück zurück. »Das werde ich nicht tun. Ich lasse dir
natürlich genug Raum, aber glaube nur nicht, dass ich nicht genau aufpasse, was
du machst. Es ist zu riskant für mich, dir zu viel Freiheit zu lassen.«
Ich wischte
mir die Tränen ab, die ich erst aus Kummer, dann aus Verzweiflung vergossen
hatte. »Ich habe getan, wozu du mich gezwungen hast! Ich habe mich von Thierry
getrennt. Und das am Valentinstag. Jetzt will ich nur noch allein sein, okay?
Ist das vielleicht möglich, du vernarbter Mistkerl?«
Seine grünen
Augen glitzerten. »Da du mich so höflich darum bittest, ist das wohl nur fair.
Gute Nacht, Sarah. Bis bald.«
Er trat zur
Seite, um mich vorbeizulassen.
Ich hätte
ihm gern den Stinkefinger gezeigt oder ihn noch lieber auf der Stelle
umgebracht, aber dafür fehlte mir die Kraft. Stattdessen trat ich langsam aus
der Gasse hinaus auf den Bürgersteig und marschierte den weiten Weg zu Georges
Haus, bis meine Füße schmerzten und förmlich Blasen warfen.
Eine Stunde
später lag ich im Dunkeln im Bett und versuchte einzuschlafen. Eventuell würde
mein Leben morgen ja nicht mehr ganz so hoffnungslos aussehen, obwohl ich
ernsthaft daran zweifelte.
Ich konnte
nicht einschlafen, was nicht allzu überraschend war. Ich hätte ein paar
rezeptfreie Schlaftabletten eingeworfen, nur zeigten, abgesehen von den
Knoblauchpfeilen, keine Drogen Wirkung auf Vampire.
Knoblauchschlaftabletten
für Vampire, überlegte ich abwesend. Damit könnte man sicher Millionen
verdienen.
Also blieb
ich wach liegen und starrte die dunkle Decke über mir an, während ich in meinem
Kopf alles durchging, was in meinem Leben schiefgelaufen war.
Letztlich
lief es darauf hinaus, dass ich nie zu diesem Blind Date hätte gehen dürfen.
Damit hatte der ganze Ärger überhaupt erst angefangen. Wäre ich nicht
hingegangen, hätte mich dieser zwanghafte, widerliche Kerl nicht gebissen,
damit wir »für immer« zusammen sein konnten. Er hätte mich nicht zum Vampir
gemacht. Ich wäre niemals von Vampirjägern verfolgt worden.
Und wäre nie
Thierry begegnet.
Hätte ich
Thierry nicht getroffen, hätte er sich an jenem Abend auf der Brücke erstochen,
und seine glibberigen Überreste wären in den Fluss unter ihm geplatscht und
weggeschwemmt worden. Er hätte mich nicht retten müssen. Er hätte nicht den
ernsthaften Drang gespürt, mich seither beschützen zu müssen, was ich
offensichtlich mit romantischen Gefühlen verwechselt hatte. Er wäre gar nicht
erst in meinem Leben aufgetaucht und hätte es nicht völlig ruiniert.
Ich wäre
noch dieselbe Sarah wie immer, eine persönliche Assistentin, die Mode liebte,
in einer Wohnung wohnte, gern auf Partys ging und kein Ziel im Leben hatte.
Nur wollte
ich diese Sarah nicht mehr sein. Ein Vampir zu sein hatte mich zwar gewaltig
verändert, aber nicht all diese Veränderungen waren schlecht. So sah ich das
zumindest.
Wäre ich
kein Vampir geworden, hätte ich weder George noch Quinn kennengelernt. Amy
hätte Barry nicht getroffen und diesen kleinen Mistkerl nicht geheiratet.
Dann war
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