Ein Schlag ins Herz
Minister der finnischen Regierung. Sein Gesicht war hochrot. »Gehen die Ökofaschisten jetzt zu Selbstmordattentaten über?«
Der eisige Blick durch die Brille des Ministerpräsidenten brachte den erregten Minister zum Schweigen.
Auch im modernen Berliner Kanzleramtspalast sah man sich die CN N-Aufnahmen an.
»
Der Terrorakt der Umweltbewegung fällt auf einen Zeitpunkt, zu dem sich die Lage im Ostsee-Anrainerstaat Estland immer mehr zuspitzt. Kundgebungen für die Rechte der russischsprachigen Bevölkerung des Landes
führen nun schon am dritten Tag zu Unruhen in der estnischen Hauptstadt Tallinn
…«
»Kann es sein, dass sich gerade unsere schlimmsten Befürchtungen bewahrheiten?«, fragte der für den Nachrichtendienst und Sicherheitsfragen zuständige Kanzleramtsminister. »Die Umweltbewegung radikalisiert sich, wird zur terroristischen Organisation und geht dabei nach dem Muster extremer Islamisten vor …«
Die Kanzlerin schüttelte ernst den Kopf. »Ich fasse das nicht. Gut ausgebildete Menschen aus dem westlichen Teil der Welt begehen keine Selbstmordattentate. Es muss sich um eine Art Unfall handeln.«
Dieselbe Bildsequenz lief in Zeitlupe auf einem großen Monitor im gedämpft erleuchteten Lageraum des Oberkommandos der russischen Streitkräfte in der Frunze-Uferstraße in Moskau. An die Wand wurde eine elektronische Karte des Finnischen Meerbusens projiziert.
»Spul noch einmal zurück!«, befahl ein schlanker, grauhaariger Offizier.
Aufmerksam verfolgte die Gruppe von Experten des Nachrichtendienstes und der Seestreitkräfte die Zeitlupe.
»Halt«, sagte der Oberst scharf. »Genau hier.«
Auf dem Bild war der Moment der Explosion zu sehen. »Sehen Sie das? Schauen Sie auf die Gestalten im Schlauchboot. Ist das nicht seltsam?«, fragte der Oberst und wandte sich den anderen zu. »Puppen. Eine Ladung mit Platzpatronen, Rauchbomben und Puppen ist mit dem Schiff kollidiert. Was hier vorliegt, ist eine freche Provokation.«
»Die zu einem ungünstigen Zeitpunkt kommt«, seufzte ein Marineoffizier mit düsterer Miene. »Zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt.«
»
Von mehreren Seiten ist inzwischen bestätigt worden, dass sich lediglich Puppen in dem Schlauchboot befanden und bei dem Anschlag niemand zu Schaden gekommen ist. Explodiert sind Platzpatronen und Rauchbomben
«, sagte der Nachrichtensprecher von CNN.
Nachdenklich starrte Patrik auf den Bildschirm in dem halb dunklen, hohen Raum, vor dessen Sprossenfenstern sich ein Schärenpanorama auftat. Patriks Haare waren noch feucht und seine Wangen rot.
Die Männer, die neben ihm auf den Bildschirm schauten, wirkten ernst und angespannt.
»
Zu dem Attentat hat sich die Umweltorganisation
Live Baltic
bekannt. In einer öffentlichen Verlautbarung erklärt sie, sie habe auf den katastrophalen Zustand der Ostsee hinweisen wollen sowie auf die Tatsache, dass der Mensch für seinen unstillbaren Konsum bereit sei, die Meere zu opfern. Die Attentäter sind noch nicht gefasst worden
…«
»Ich hätte gern die Gesichter der russischen Soldaten gesehen«, fing Andrus an, aber die anderen schnitten ihm zischend das Wort ab. Er nahm seine runde Brille von der Nase und reinigte sie mit einem Taschentuch.
»
Ist damit zu rechnen, dass die Umweltbewegung im Kampf für ihre Ziele künftig zu härteren Mitteln greifen wird? Zu diesem Thema begrüße ich nun im Studio Herrn Professor
…«
»Wir sind weltweit die Top-Nachricht«, sagte Dominik Gladbach, der mit seinen etwa vierzig Jahren älter war als die anderen. Durch seine grauen Haare wirkte er sogar noch älter, zumal seine ganze Erscheinung Erfahrung und Entschlossenheit ausstrahlte. Er hatte etwas von einem beinharten Geschäftsmann an sich, insofern war er nicht gerade das Abbild eines Umweltaktivisten.
Patrik schaute den Mann, der sich normalerweise imHintergrund hielt, neugierig an; Dominik war der Anführer der Gruppe, ein abgehärteter, gelassen wirkender Deutscher, von dem Beate oft und mit Respekt gesprochen hatte. Angeblich war es vor allem seine Person gewesen, weswegen Beate sich überhaupt der Gruppierung angeschlossen hatte.
Sobald er an Beate dachte, verfinsterten sich Patriks Gedanken. Die chaotischen Ereignisse in Afrika und das wirre Telefongespräch mit Beates Vater kamen ihm wieder in den Sinn.
Dominik schien seine Gedanken erraten zu haben, er schaute Patrik streng an.
»Beate hat mir versprochen, dass du mit so einer Situation fertigwirst«, sagte
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