Ein schneller Sieg
großen Torbogen verdeckte. Durch den Torbogen erreichten die beiden Männer eine kurze, weite Passage, die zwischen Drehkreuzen und Eintrittskartenschaltern hindurchführte. Am Ende der Passage hing eine ähnliche Matte wie weiter vorn.
Canning schob auch sie aus dem Weg, und der Politiker schaltete die Taschenlampe ab. Die beiden traten in einen schwach erleuchteten Gang. Auf dem nackten Fußboden waren ihre Schritte deutlich zu hören. Als wäre das Gebäude der Leichnam eines lange toten Baumes, der von innen nach außen verfault, roch die Luft muffig nach Verlassenheit. Der fahle Schein weit auseinander liegender Leuchtröhren leitete sie am Basketballfeld vorbei und an Schwimmbecken, in denen sich eine dicke Staubschicht abgesetzt hatte, und durch eine trostlose Halle zum Zentrum des lange vergessenen Sportkomplexes.
Canning schob ein weiteres Hindernis aus Stoff beiseite, und Pierre blinzelte. Offenbar war es Canning gelungen, die allermeisten Deckenlichter zu ersetzen, die nach der Schließung des Sportcenters von den Bewohnern des Bauwerks gestohlen worden waren, und ein besseres Ergebnis hätte Pierre sich nicht wünschen können. Die verdunkelten Fenster ließen kein Licht passieren und verbargen so die Versammlung vor Beobachtern von außen, aber die Beleuchtung verwandelte das geräumige Tennisfeld in eine bestrahlte Bühne. Sich in diesem zerfallenden Monument von Mißwirtschaft und Korruption zu treffen, besaß starken Symbolcharakter, aber Cannings Leute hatten inmitten des Verfalls ein Refugium aus Licht und Ordnung erschaffen. Sogar gefegt und geputzt hatten sie, die Zuschauersitze abgestaubt und die Spinnweben entfernt, und darin lag ein wenigstens ebenso starkes Sinnbild. Trotz des Risikos, das jeder in diesem Raum Anwesende einging, fehlte die Aura des verstohlenen Versteckens, es gab nichts von der krankhaft gesteigerten Heimlichkeit, mit der andere verbotene Gruppen sich umgaben.
Sicherlich , resümierte Pierre, während sie zwischen den Sitzblöcken hindurch zur Ebene des Spielfeldes hinabstiegen, haben Paranoia und Heimlichkeit ihre Meriten, ganz besonders bei diesem Unterfangen. Momente der Entscheidung erfordern jedoch eine andere Psychologie. Wenn ich heute nacht mein Anliegen durchsetzen kann, dann hat sich jedes Risiko und jede Mühe gelohnt, die Canning und ich auf uns nahmen, um Rahmen und Stimmung zu erzeugen.
Und wenn wir es heute nicht durchgesetzt bekommen, werden Canning und ich binnen kurzem ›verschwinden‹.
Er gelangte auf dem Spielfeld an und ging an den kleinen Tisch, den Canning in der Mitte aufgestellt hatte. Etwa siebzig Männer und Frauen in den Sitzreihen sahen ihm zu, und jedes Gesicht trug eine eigene, einzigartige Mischung aus Sorge und aufgeregter Erwartung. Besonders angespannt wirkte das Dutzend in der vordersten Reihe, denn dort saßen die einzigen Angehörigen des achtzigköpfigen Zentralkomitees der BRP, denen Pierre genügend traute, um sie einzuladen.
Er setzte sich auf den wartenden Stuhl, und Canning stellte sich hinter ihn. Pierre legte die Hände gefaltet auf die Tischplatte und saß schweigend da, ließ den Blick über all die Gesichter wandern und verharrte bei jedem kurz, bis er auch das letzte gemustert hatte. Dann räusperte er sich.
»Ich danke Ihnen für Ihr Erscheinen.« In der gewaltigen Räumlichkeit hallte seine Stimme wider, und Pierre lächelte schief. »Ich weiß, daß dies kein sehr angenehmer oder bequemer Versammlungssaal ist, und ich bin mir des Risikos, uns alle an einem Ort zu treffen, durchaus bewußt. Dennoch halte ich diese Konferenz für unumgänglich. Einige von Ihnen sind sich noch nie begegnet, aber ich versichere Ihnen, daß ich jeden der Leute kenne, die Sie selbst nicht kennen. Wenn ich ihnen nicht trauen würde, dann wären sie nicht hier. Selbstverständlich könnte ich mich mit meiner Einschätzung irren, aber …«
Er zuckte die Schultern, und dem einen oder anderen Zuhörer gelang es, sich ein Lächeln abzuringen. Doch dann beugte Pierre sich vor. Jede Andeutung von Unernst war aus seinem sich plötzlich verhärtenden Gesicht verschwunden.
»Der Grund, weshalb ich Sie heute nacht hierher eingeladen habe, ist ganz einfach. Die Zeit ist gekommen, über einen Wechsel nicht nur zu reden, sondern ihn einzuleiten.«
Seine Zuhörer atmeten tief durch, und Pierre nickte bedächtig.
»Jeder von uns hat eigene, persönliche Gründe, hier zu sein. Ich möchte Sie alle warnen, daß nicht alle Ihrer Genossen und
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