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Ein Schnupfen hätte auch gereicht. Meine zweite Chance

Ein Schnupfen hätte auch gereicht. Meine zweite Chance

Titel: Ein Schnupfen hätte auch gereicht. Meine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Köster
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wollten? Nein, absagen kam auch nicht in Frage! Also fragte ich Donald, ob er Lust hatte mitzukommen. Wie früher, als er und Frau Doktor auch immer dabei gewesen waren. Donald kam mit und der Abend war supersensationell! Das hätte ich nie gedacht, dass ich es hinbekommen würde, aber es funktionierte. Unglaublich. Frau Doktor, die erfahrene Tourhundspezialistin hat bestimmt kräftig mitgeholfen. Vor dem Nachhausekommen hatten wir beide dann noch mal richtig Angst, weil sie nicht, wie sonst immer üblich, zur Begrüßung an die Tür kommen würde. Als wir diese Klippe auch noch umschifft hatten, ging Donald schnurstracks ins Bett, und ich trank erst mal einen doppelten Schnaps!!! Ich habe doch sehr über mich selbst gestaunt: Was man alles kann, wenn man will und wenn man muss! Da klettert man doch auf manchen unbezwingbar geglaubten Gedankengipfel!
    Frau Doktor bekam jedenfalls eine schöne Beerdigung und liegt im Garten, mit Blick auf ihre geliebte Rennbahn! Meine Freunde Ricky und Erwin hatten extra einen Sarg für sie gebaut und sie besonders tief eingegraben, damit die Füchse sie nicht wittern konnten. Ich bin sehr froh, dass sie so nah bei uns ist.
    Also, ich glaube, eins ist nach diesem Kapitel so klar wie Kloßbrühe: Ich liebe Hunde einfach wie jeck! Ich danke an dieser Stelle meinen sämtlichen Nachbarn für ihre Geduld. Wir sind echt ein Chaoshaufen: Mutter mit Schlaganfall, Sohn in der Pubertät, fünf Hunde. Ohne die Mum, die dazwischen auch noch rumwieselt, geht gar nix!
    Urlaub und Bitte schlafen auf eigenen Wunsch in Donalds Zimmer und Tussi, Taxi und Toffeefee in meinem Bett. Ja, da können Sie sich auch gerne und überhaupt viele drüber aufregen, das interessiert mich gar nicht! Ist doch herrlich: Sonntag, draußen Schnee oder Regen … ein gutes Buch und die Hunde mit im Bett … ne, wat is dat gemütlich …!

Schräge Vögel in der Südstadt
    In der Klinik habe ich etwas wiederentdeckt, was mich sehr an meine Arbeit in den Kneipen der Südstadt erinnert hat. Nämlich Leute beobachten, ihre Sprache und ihr Verhalten aufsaugen wie ein Schwamm. Ich kann mir jeden noch so kleinen Tick oder jede noch so kleine Gesichtsmimik beim Sprechen meines Gegenübers merken. Das war immer wichtig für die Figuren, denen ich in meinen Bühnenprogrammen oder als Schauspielerin eine besondere Note geben wollte. Angefangen hatte das schon in meiner Kindheit, aber so richtig aufgeblüht und entwickelt hat sich diese Eigenschaft in der Zeit, als ich in Kneipen gearbeitet und praktisch gewohnt habe.
    Die Kneipenzeit in den achtziger Jahren war eine sehr heftige Zeit gewesen, aber auch sehr schön! Ich habe geschuftet wie eine Pikloppte, aber ich habe auch gefeiert wie hulle! Ich habe in dieser Zeit praktisch alles gelernt, was ich später für meinen Beruf brauchte. Das Witzige ist nur, dass mir das selber jahrelang gar nicht klar war, dass diese Zeit praktisch meine Lehrjahre gewesen waren! Alle diese schrägen Vögel, diese für den Normalo verrückten, aber mit der Zeit für uns verrückt normal gewordenen Existenzen mit ihren Spleens und Eigenheiten! Die gebrochenen und traurigen Menschen, die nur in den Kneipen der Südstadt ein Zuhause und eine Art Familie hatten, aber ansonsten auf der Straße lebten. Die Künstler, die Studenten, die Malocher, die Säufer, die Druggies, die Prolls, die Irren – in der Kneipe sitzen sie alle am gleichen Tresen, und wenn man wie ich die Ohren immer auf Empfang hatte, dann konnte man gar nicht vermeiden, dass sich diese Freaks und ihr Verhalten inklusive Sprachschatz irgendwie auf die hauseigene Festplatte brannten. Und obwohl ja nun gerade meine Festplatte wirklich versucht hatte, diverse Daten unaufgefordert zu stornieren, ist es ihr nicht gelungen, diese so prägende Zeit aus meinem Datenspeicher zu löschen. Das Einzige, was mir aufgefallen ist, war: So richtig zeitlich genau kann ich alles nicht mehr einordnen, aber das liegt nicht am Schlaganfall, das konnte ich auch vorher nicht so wirklich dolle. Ich glaube, es ist zum einen der Suff gewesen (nein, ich war kein Alk), denn wir haben fast täglich unsere Existenz gefeiert! Vor allem aber auch mit viel Vehemenz! Und zum anderen habe ich manchmal das Gefühl, dass diese Zeit zu einem großen Block zusammengeschmolzen ist, damit sie in der Erinnerung wie ein einziger Tag in der Kneipe vorbeizieht. Sonst müsste ich mich am Ende noch fragen, ob ich mir nicht das eine oder andere harte Jahr hätte sparen können. Quatsch!

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