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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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Police Captain ist.«
    »Kann sein, dass Pa schon mal einem in die Quere gekommen ist, aber was Ernstes gab es nie«, beteuerte Erich. »Die Leute haben ihn geachtet. Keiner, der ihn kannte, hätte so was fertiggebracht.«
    »Sie glauben also, es war ein Fremder?«
    »Die Schmuggler nutzen diesen Flussabschnitt, um nach Mosambik rein und raus zu kommen«, bemerkte Henrick. »Waffen, Schnaps, sogar kommunistische Pamphlete. Das ganze Zeug kommt ins Land, wenn keiner hinschaut.«
    Zum ersten Mal meldete sich Johannes zu Wort: »Wir glauben, dass Pa möglicherweise einen Kriminellen überrascht hat, der nach Südafrika rein wollte.«
    »Irgendeinen Gauner mit Zigaretten oder Whisky, die er auf den Docks in Lorenzo Marques gestohlen hatte.« Erich nahm Henrick den Flachmann aus der Hand. »Ein Kaffer, der nichts zu verlieren hatte.«
    »Das grenzt die Sache nicht gerade ein«, bemerkte Emmanuel und warf dabei einen prüfenden Blick das Flussufer hinauf. Ein Stück flussaufwärts saß im gefleckten Schatten eines Indonibaums ein älterer Schwarzer in einem schweren Wollmantel und einer Khakiuniform. Zwei verängstigte schwarze Jungen hatten sich dicht an ihn gekauert.
    »Wer ist das?«, fragte Emmanuel.
    »Shabalala«, antwortete Henrick. »Der ist auch Polizist. Halb Zulu und halb Shangani. Der Shangani in ihm kann jedes Tier aufstöbern, und der Zulu in ihm bringt es zur Strecke, hat Pa immer gesagt.«
    Bei dem Gedanken an diese alte Stammesweisheit des Captains lächelten die Pretorius-Brüder versonnen.
    Dienstbeflissen kam jetzt Hansie wieder hervor. »Das sind die Burschen, die die Leiche gefunden haben, Detective. Sie haben es Shabalala erzählt, und der ist dann in die Stadt geradelt und hat uns verständigt.«
    »Ich würde gern hören, was sie zu sagen haben.«
    Hansie förderte aus seiner Brusttasche eine Trillerpfeife zutage und ließ einen schrillen Ton erklingen. »Constable Shabalala! Bringen Sie die Jungs her! Beeilung!«
    Bedächtig erhob sich Shabalala zu seiner ganzen Größe von über einem Meter achtzig und kam auf sie zu. In seinem Schatten folgten ihm die beiden Jungen. Während Emmanuel Shabalala näher kommen sah, wurde ihm plötzlich klar, dass er der Polizist gewesen sein musste, der die Kette von Eingeborenen postiert hatte, um ihn zum Tatort zu leiten.
    »Schneller, Mann«, rief Hansie. »Sehen Sie das, Sergeant! Da sagt man ihnen, sie sollen sich beeilen, und das ist das Ergebnis.«
    Emmanuel drückte mit den Finger auf den Knochen über seiner linken Augenhöhle, wo ein Kopfschmerz pochte. Das gleißende Licht hier draußen, ungetrübt vom Dunst der Fabriken, brannte auf seiner Netzhaut wie eine Lötlampe.
    »Detective Sergeant Cooper, das ist Constable Samuel Shabalala«, stellte Hansie den Mann vor und versuchte dabei so erwachsen wie möglich zu klingen. »Shabalala, der Detective ist den ganzen weiten Weg aus Jo’burg gekommen, damit wir mit seiner Hilfe herausfinden, wer den Captain umgebracht hat. Seien Sie also ein guter Mann und sagen Sie ihm alles, was Sie wissen, okay?«
    Shabalala, der ein paar Köpfe größer und ein Jahrzehnt älter war als sämtliche Weißen, die vor ihm standen, nickte und schüttelte Emmanuels ausgestreckte Hand. Sein Gesicht war ausdruckslos wie ein See, es verriet nichts. Als Emmanuel den Mann anblickte, entdeckte er in den dunkeln braunen Augen lediglich sein eigenes Spiegelbild.
    »Der Detective ist Engländer«, wandte Henrick sich an Shabalala. »Sie müssen Englisch sprechen, okay?«
    Emmanuel wandte sich zu den Brüdern um, die in einem Halbkreis hinter ihm standen.
    »Sie müssen zwanzig Schritt zurückgehen, während ich die Jungen befrage«, erklärte er. »Ich rufe Sie, wenn wir soweit sind, dass wir Ihren Pa da rausholen können.«
    Henrick grummelte etwas, und die Brüder zogen sich zurück. Emmanuel wartete, bis sie sich wieder zusammengerottet hatten, dann fuhr er fort.
    Um mit den Jungen auf Augenhöhe zu sein, hockte er sich hin und sah dann zu Shabalala auf. »Uno bani wena?«, fragte er.
    Überrascht riss Shabalala die Augen auf, dann hockte er sich neben Emmanuel und berührte nacheinander beide Jungen sanft an der Schulter. Auch er sprach Zulu, als er Emmanuels Frage beantwortete. »Das hier ist Vusi und das da sein kleiner Bruder Butana.«
    Die Jungen mochten neun und elf Jahre alt sein, sie hatten fast glatt geschorene Schädel und riesige Augen. Ihre zerlumpten Hemden wurden von geblähten Bäuchen ausgebeult.
    »Ich heiße Emmanuel.

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