Ein schöner Ort zu sterben
auf Urlaub in Mosambik, und Captain Pretorius … naja … der ist tot.«
Er warf einen verstohlenen Blick auf den Captain, der im Fluss der Ewigkeit trieb. Aus dem seichten Wasser winkte ihnen seine tote weiße Hand zu.
»Haben Sie die Leiche entdeckt, Constable Hepple?«, fragte Emmanuel.
»Nein.« Dem halbwüchsigen Afrikaander schossen Tränen in die Augen. »Ein paar Kaffernjungen aus der Location haben den Captain heute Morgen gefunden. Er war die ganze Nacht hier draußen.«
Emmanuel wartete, bis Hansie sich wieder gefangen hatte. »Haben Sie die Kriminalpolizei verständigt?«
»Ich bin nicht zum Bezirksdezernat durchgekommen«, erklärte der junge Polizist. »Da habe ich meiner Schwester gesagt, sie solle es weiter versuchen, bis sie eine Leitung kriegt. Ich wollte den Captain nicht allein hier liegen lassen.«
An dem tränenüberströmten Constable vorbei spähte Emmanuel auf drei Weiße, die ein Stück weiter oben am Ufer standen und einen zerbeulten silbrigen Flachmann kreisen ließen. Es waren massige Hünen von der Sorte Mann, die den Planwagen selbst dann noch durch den Busch zog, wenn die Ochsen schon tot waren.
»Was sind das für Männer?« Emmanuel nickte hinüber zu der Gruppe.
»Drei von den Söhnen des Captains.«
»Wie viele Söhne hat der Captain?« Im Geiste stellte Emmanuel sich die Mutter vor, eine Frau mit ausladenden Hüften, die ihre Kinder zwischen Brotbacken und dem Aufhängen der Wäsche zur Welt gebracht hatte.
»Fünf. Es ist eine gute Familie. Echtes Volk.«
Der junge Polizist vergrub die Hände in den Hosentaschen und trat mit den beschlagenen Stiefeln Kiesel über das Ufer.
Acht Jahre waren seit den Stränden der Normandie und den Ruinen von Berlin nun schon vergangen, aber in der afrikanischen Savanne redete man immer noch vom Volksgeist und der Reinheit der Rasse.
Emmanuel warf einen prüfenden Blick auf die Söhne des ermordeten Captains. Waschechte Afrikaander, keine Frage. Muskelbepackte Blondschöpfe, die geradewegs vom Sieg in der Schlacht am Blood River zu kommen schienen und im Voortrekker-Denkmal verherrlicht wurden. Emmanuel sah, dass das Grüppchen sich auflöste und die Söhne des Captains auf ihn zukamen.
Bilder aus seiner Kindheit erwachten wieder zum Leben. Jungen, die vom Hals abwärts und von den Ellbogen aufwärts so weiß waren wie die Milch ihrer Mutter. Zerbeulte Nasen von den Kämpfen mit Freunden, mit den Indern, den Engländern und mit den farbigen Jungs, die dreist genug waren, ihnen den Logenplatz streitig machen zu wollen.
Die Brüder traten so nah an ihn heran, dass sie ihn hätten wegstoßen können, und Emmanuel nahm sie in Augenschein. Der erste und größte der drei war der Boss Man. Rechts von ihm stand mit mahlenden Kiefern der Vollstrecker des Trios, einen Schritt dahinter der dritte, der auf Instruktionen von weiter oben wartete.
»Wo ist der Rest der Einsatztruppe?«, wollte Boss Man in holprigem Englisch wissen. »Wo sind Ihre Leute?«
»Die Einsatztruppe bin ich«, gab Emmanuel zurück. »Sonst ist keiner da.«
»Machen Sie Witze?« Der Vollstrecker half mit einem ausgestreckten Zeigefinger nach. »Da wird ein Police Captain ermordet, und die Kriminalpolizei schickt nur einen lausigen Detective?«
»Eigentlich hätte ich nicht ganz allein hier draußen aufkreuzen sollen«, räumte Emmanuel ein. Bei einem toten Weißen waren eigentlich zwei Detectives gefragt, und bei einem toten weißen Polizisten eine ganze Abteilung. »Die Informationen, die das Dezernat erhalten hat, waren nicht eindeutig. Rassenzugehörigkeit, Geschlecht und Beruf des Opfers wurden nicht erwähnt …«
Der Vollstrecker ließ die Erklärung nicht gelten. »Da muss Ihnen schon was Besseres einfallen.«
Emmanuel beschloss, sich auf den Boss Man zu konzentrieren.
»Ich war gerade mit dem Mordfall Preston beschäftigt. Das weiße Paar, das in seinem Lebensmittelgeschäft erschossen wurde. Wir haben den Mörder auf der Farm seiner Eltern eine Stunde westlich von hier gestellt und ihn verhaftet. Dann hat Major van Niekerk angerufen und mich gebeten zu überprüfen, ob hier möglicherweise ein Gewaltverbrechen verübt wurde.«
»Möglicherweise ein Gewaltverbrechen?« Der Vollstrecker ließ sich nicht abfertigen. »Was zum Teufel soll das denn heißen?«
Geduldig klärte Emmanuel ihn auf. »Es soll heißen, dass die Telefonzentrale aus dem Anrufer nur einen einzigen brauchbaren Hinweis herausbekommen hat, nämlich den Namen der Stadt, Jacob’s Rest.
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