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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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und Kies spritzte hoch. Hansie schoss hinaus auf die Straße. Emmanuel lauschte und stellte sich vor, wie Hansie mit einem Grinsen im Gesicht den schnittigen Jaguar durch den Busch scheuchte. Er hörte ein Hupen, dann Getrappel und überraschte Ausrufe. Die Security Branch hatte den Köder geschluckt. Er konnte hören, wie knatternd Motoren angelassen wurden und Reifen durchdrehten. Die Jagd hatte begonnen.
    Er horchte, ob er Davidas Stimme hörte, aber mit einem bisschen Glück hatte sie es bis zur Hütte des Wachmannes geschafft und war entkommen. Der Plan war, sie an einen sicheren Ort zu schaffen, den nur King und seine treuesten Bediensteten kannten.
    Emmanuel wandte sich zum Gehen. Genau genommen war der Ausgang dieses Falles eine komplette Katastrophe. Man hatte den Falschen zu einem Geständnis geprügelt, die Geheimpolizei triumphierte, und van Niekerk konnte mit ein bisschen Erpressung weiter die Karriereleiter emporklettern. Als einzig versöhnlicher Gedanke blieb ihm nur, dass er Davida gerettet hatte. Damit musste er sich zufriedengeben.
    »Wenn Sie dachten, Sie wissen schon, was Schmerzen sind … « Reglos wie eine Kobra, die eine Feldmaus fixiert, stand Piet in der Tür. »Eine Schusswunde und ein paar Kratzer? Das ist noch gar nichts. Kinkerlitzchen.«
    Emmanuel wirbelte herum und stürzte zum Fenster. Noch waren seine Leber, seine Lunge und seine Milz intakt. Eiserne Pranken zerrten ihn ins Zimmer zurück. Dann machte Lieutenant Pict Lapping Ernst mit seiner Lektion.
     
    Emmanuel schmeckte Blut im Mund. Es war dunkel, und das Atmen tat weh. In unregelmäßigen Abständen, wann immer Pocken-Piet es wollte, wurde er ohnmächtig oder kam wieder zu Bewusstsein. Verschwommen erkannte er Piets Silhouette und dachte nur: Die Pretorius-Jungs hatten wirklich keine Ahnung, wie man jemanden richtig zusammenschlägt. Gut, dass Piet ihnen etwas beigebracht hat.
    Hinter Piet sah er, wie sich ein dunkler Fleck bewegte. Im nächsten Moment hörte er Glas splittern, und der Lieutenant brach zusammen. Ein Schwall Whisky landete auf Emmanuels aufgeplatzter Lippe. Mühsam richtete er sich auf und versuchte, zur Besinnung zu kommen.
    »Sie?«, keuchte er.
    Johannes, der Fußsoldat in der Pretorius-Truppe, half ihm hoch und schleppte ihn zum offenen Fenster. Als Emmanuel versuchte zu stehen, zitterten ihm sämtliche Muskeln. Da war nichts zu machen. Er kam sich vor wie Wackelpudding.
    »Warum?«, ächzte er, während der hünenhafte Bure ihn hochhob und aus dem Fenster hievte wie einen Sack geschmuggelter Tierfelle.
    »Als wir Louis nach Hause gebracht haben, habe ich unter seinem Bett die Fotos gefunden. Ich habe sie verbrannt. Alles, was Sie über Louis und meinen Pa gesagt haben, ist wahr. Ich musste die Sache wieder ins Lot bringen.«
    »Oh …« Emmanuel rutschte über das Fensterbrett und fand sich auf einer breiten Schulter wieder. Im ersten Moment sah er nichts als eine Khaki-Uniform, dann tanzte ein Gewirr aus gelben Wildblumen, roter Erde und grünem Buschgras vor seinen Augen. Er hörte das Rauschen der Bäume und roch das aus der feuchten Erde sprießende Versprechen eines neuen Frühlings. Ein Riese trug ihn durch die Natur. Dann schloss er die Augen.
     
    Constable Samuel Shabalala und der alte Jude Daniel Zweigman saßen nebeneinander und beobachteten, wie das erste Morgenlicht am Horizont erschien. Shabalala deutete mit dem Finger auf den blassrosa Streifen, der sich durch den Vorhang der Nacht schob.
    »Das Licht Gottes«, sagte er.
    »Ja«, stimmte Zweigman zu. »Ich hatte ganz vergessen, wie es aussieht.«
    Mühsam öffnete Emmanuel die Lider und erkannte diffus die Umrisse der beiden Männer links und rechts von ihm. Die Augen noch eine Sekunde länger aufzulassen kostete seine ganze Kraft.
    »Ah … da sind Sie ja wieder, Detective.«
    Verschwommene Gesichter, eins weiß und eins schwarz, beugten sich zu ihm herab und musterten ihn. Er schmeckte eine bittere Flüssigkeit auf seiner Zunge und versuchte zu schlucken. Alles tat ihm weh.
    »Eine halbe Dosis zerstoßener Tabletten und Wildkräuter, die Constable Shabalala im Busch gesammelt hat«, erklärte das weiße Gesicht. »Sie sind der erste Patient, den ich mit dieser geheimnisvollen Mixtur aus deutscher und Zulu-Medizin behandle. Sie können sich glücklich schätzen.«
    Zweigman. Jetzt fiel Emmanuel der Name wieder ein. Zweigman der Krämer und Shabalala der Polizist. Die zwei Männer, die van Niekerk informiert hatten, wo er steckte, und ihm so

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