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Ein Schritt ins Leere

Ein Schritt ins Leere

Titel: Ein Schritt ins Leere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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gurgelndes Lachen.
    Ob sich dieser schöne Dummkopf nicht doch noch einmal wundert, weshalb ich wegen Carstairs’ Adresse nicht einfach angerufen habe, überlegte Bobby, als er die Tite Street hinunterschritt.
    In Lord Marchingtons Haus zurück, erörterte er die Angelegenheit mit Frankie ausführlich von jedem Gesichtspunkt aus.
    «Es sieht so aus, als sei er rein zufällig nach Merroway Court gekommen», meinte diese nachdenklich.
    «Ich weiß. Indes wurde dort durch irgendeine Bemerkung seine Aufmerksamkeit auf die Nicholsons gelenkt.»
    «Woraus hervorgeht, dass Nicholson und nicht Bassington-ffrench der Kern des Geheimnisses ist», ergänzte Frankie.
    «Versuchst du immer noch deinen Helden schneeweiß zu waschen?»
    «Mein Lieber, ich halte mich nur an den Sachverhalt.»
    «Den genauen Sachverhalt kennen wir ja noch gar nicht», erinnerte er. Dann ging er in Lord Marchingtons Ankleidezimmer, zog den Cutaway und die gestreifte Hose aus und hängte alles wieder an seinen Platz. Eine Viertelstunde später saß er in seiner grünen Chauffeurslivree am Steuer des Bentley und fuhr mit Lady Frances nach Staverley zurück.
    «So früh erwarten sie mich nicht», sagte sie. «Wenn Roger sich tatsächlich in mich verliebt hat, wird er sich geschmeichelt fühlen. Er wird sich einbilden, ich könnte eine längere Trennung von ihm nicht ertragen.»
    «Vielleicht kannst du sie auch nicht ertragen!», knurrte Bobby. «Die wirklich gefährlichen Verbrecher haben den Weibern ja immer den Kopf verdreht!»
    Darauf antwortete Frankie nicht. Und da auch Bobby Jones keine Neigung verspürte, das Gespräch wieder in Gang zu bringen, saßen sie stumm nebeneinander – zwei Gegner eher als zwei Verbündete.
    Es war drei Uhr, als sie in Merroway Court ankamen. Das Haus erschien ihr unnatürlich still.
    Sie öffnete die Tür der Bibliothek und machte auf der Schwelle jäh Halt. Auf dem Sofa saß Dr. Nicholson, der Sylvias Hände in den seinen hielt. Jetzt ließ er sie los, und Sylvia sprang auf.
    «Er hat es mir gesagt», erklärte sie, auf Frankie zuschreitend. «O Frankie, es ist zu schrecklich!»
    Und ihr Gesicht in den Händen verbergend, schluchzte sie verzweifelt auf.

18
     
    B ei Bobbys Rückkehr in den Gasthof kam der Wirt eilfertig angetrabt. «Eine Dame wartet auf Sie, Mr Hawkins. Wir haben sie in das kleine Wohnzimmer meiner Frau geführt.»
    Eine Dame? Frankie hätte Flügel haben müssen, um vor ihm im Wirtshaus einzutreffen, und andere Damen kannte er in Staverley nicht.
    Verdutzt öffnete er die Tür des Zimmers, das Mrs Askew als ihr privates Heiligtum betrachtete, und vor Überraschung fehlten ihm zunächst die Worte. In dem altväterlichen Lehnstuhl saß ein zartes, in Schwarz gekleidetes Figürchen: die Frau der Fotografie.
    Ihre kleinen Hände zitterten und fuhren nervös auf den Armlehnen hin und her, und große, verstörte Augen blickten den Eintretenden an.
    «Sie sind es?», stieß Bobby endlich hervor.
    «Ja, ich. Sie sagten… Sie sagten… dass Sie mir helfen würden», erwiderte sie in einem tonlosen, heiseren Wispern. «Vielleicht hätte ich nicht kommen sollen…»
    Sofort fiel Bobby ihr ins Wort.
    «Natürlich sollten Sie kommen. Es war das einzig Richtige. Und ich werde Ihnen helfen, soweit ein Mensch es vermag. Zittern Sie doch nicht so – hier sind Sie in Sicherheit.»
    Ein schwaches Rosa färbte das Gesicht der jungen Frau, und unvermittelt fragte sie:
    «Wer sind Sie? Chauffeur sind Sie nicht. Ich meine, Sie mögen wohl ein Chauffeur sein, doch nicht wirklich.»
    Bobby Jones verstand den Sinn des konfusen Gestammels.
    «Ach heutzutage nimmt man den Beruf, der sich einem gerade bietet», meinte er leichthin. «Früher war ich bei der Marine… Doch das ist nebensächlich. In jedem Fall dürfen Sie mir vertrauen – und mir alles erzählen.»
    Das Rosa wurde zu einem dunklen Rot.
    «Sie werden mich für verrückt halten.»
    «Nein, nein.»
    «Doch. Zu Ihnen, einem Wildfremden, ins Wirtshaus gerannt zu kommen…, aber… ich habe solche Angst… solche Todesangst.»
    Bobby ergriff ihre zitternden Hände.
    «Beruhigen Sie sich doch. Hier geschieht Ihnen nichts. Sie sind in Sicherheit. Sie sind bei… bei einem Freund.»
    «Als Sie gestern Nacht in das Mondlicht hinaustraten», sagte sie hastig, «das war wie ein Traum von Befreiung…»
    «Weiter, weiter», drängte Bobby, als sie abermals schwieg. «Erzählen Sie.»
    «Wenn ich es Ihnen sage, werden Sie glauben, ich sei von dem Wahnsinn und den

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