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Ein Schritt ins Leere

Ein Schritt ins Leere

Titel: Ein Schritt ins Leere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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sein musste.»
    «Roger Bassington-ffrench?» Moira schien ihren Ohren nicht zu trauen.
    «Er war nämlich an jenem Tag in Marchbolt, und Ihr Bild verschwand, und kein anderer als er konnte es genommen haben.» Frankie holte abermals tief Atem. «Dann hatte ich zufällig dicht beim Park von Merroway Court einen Autounfall. Ein erstaunliches Zusammentreffen, nicht wahr? Ja, der Zufall leistet sich oft Unglaubliches!» Mit einem beschwörenden Blick sah sie Bobby Jones an. «Daher telefonierte ich mit Bobby und bat ihn, als mein Chauffeur hierher zu kommen, damit wir die Angelegenheit weiter untersuchen können.»
    «Nun wissen Sie, wie die Dinge liegen», griff Bobby ein, Frankies Abweichen von der Wahrheit kameradschaftlich deckend. «Und dass ich gestern Nacht, als ich auf dem Gelände des Birkenhofs herumspazierte, gleich auf Sie stieß – Sie, das Original der Fotografie –, na, das setzt allem die Krone auf!»
    «Sie haben mich sehr rasch erkannt», sagte Moira lächelnd.
    «Ich würde das Original jener Fotografie überall und zu jeder Stunde wiedererkannt haben», beteuerte Bobby.
    Moira Nicholson errötete leicht. Dann blickte sie scharf von einem zum andern.
    «Haben Sie mir die Wahrheit gesagt?», fragte sie misstrauisch. «Sind Sie wirklich zufällig hergekommen, ich meine infolge des Unglücksfalles? Oder kamen Sie, weil… weil…» – ihre Stimme zitterte – «weil Sie meinen Mann verdächtigen?»
    Bobby und Frankie wechselten einen erstaunten Blick.
    «Mrs Nicholson, ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, dass wir von Ihrem Gatten vor unserer Ankunft nichts wussten.»
    «Verzeihen Sie meine Frage. Aber erinnern Sie sich des Abends, Lady Frances, als wir zum Dinner eingeladen waren und Jasper Sie unausgesetzt mit Fragen über Ihren Unfall plagte? Damals begriff ich nicht, was ihn dazu bewog. Heute denke ich, dass er an der Echtheit Ihres Unfalls zweifelte.»
    «Nun, wenn Sie es genau wissen wollen: Er war nicht echt», gestand Frankie. «Uff! Jetzt ist mir leichter ums Herz! Es war alles ein sorgfältig ausgeklügelter und sorgfältig ausgeführter Bluff. Doch mit Ihrem Gatten hatte er nichts zu tun. Uns lag daran, Roger Bassington-ffrench unter die Lupe zu nehmen.»
    «Roger?» Moira lächelte. «Das klingt absurd», sagte sie offen.
    «Trotzdem: Tatsachen sind Tatsachen», sagte Bobby.
    «Roger – o nein! Er mag schwach sein… oder wild. Er mag Schulden machen oder in einen Skandal verwickelt werden. Aber jemanden über die Klippe stoßen – nein, das kann ich mir einfach nicht vorstellen.»
    «Ich auch nicht so recht», bekannte Frankie. Doch Bobby Jones beharrte dickköpfig:
    «Aber er muss die Fotografie genommen haben. Ich werde Ihnen noch einmal den Sachverhalt schildern, Mrs Nicholson.»
    Er tat es. Langsam und genau. Als er geendet hatte, nickte Moira zustimmend.
    «Ja. Das ist freilich sonderbar.» Sie schwieg eine Minute, und dann sagte sie unerwartet: «Warum fragen Sie ihn nicht?»

20
     
    D ie kühne Einfachheit der Frage raubte ihnen den Atem. Schließlich begannen Bobby und Frankie gleichzeitig zu sprechen.
    «Das ist unmöglich», sagte der Pfarrerssohn.
    «Das geht unter keinen Umständen», sagte die Tochter Lord Marchingtons.
    Hierauf verstummten beide, und an ihrer Stelle ergriff Moira das Wort.
    «Ich verstehe Sie natürlich», meinte sie. «Es sieht tatsächlich so aus, als habe Roger das Bild genommen, aber ich glaube nicht eine Sekunde, dass er Alan in den Abgrund stürzte. Warum auch? Er kannte ihn ja kaum. Ein einziges Mal sahen sich die beiden – damals bei dem Lunch in Merroway Court. Nein, für die Tat fehlt jegliches Motiv.»
    «Wer hat ihn dann hinuntergestürzt?», fragte Frankie.
    Ein Schatten legte sich über Moiras feines Gesicht. «Ich weiß es nicht», presste sie hervor.
    «Mrs Nicholson, gestatten Sie, dass ich Frankie erzähle, was Sie mir vorhin im Gasthof anvertrauten?»
    Moira senkte den Kopf.
    «Wenn Sie wollen, Mr Jones. Aber es klingt so hysterisch und sensationslüstern. In dieser Minute vermag ich es selbst kaum zu glauben.»
    Und in der Tat mutete der Bericht, knapp und sachlich vorgetragen, unter dem lichten Himmel der friedlichen englischen Landschaft unwirklich an. Jäh stand Mrs Nicholson auf.
    «Ich sehe ein, dass ich mich schrecklich albern benommen habe», sagte sie mit zitternden Lippen. «Bitte, vergessen Sie, was ich Ihnen erzählte, Mr Jones. Die Nerven waren es – weiter nichts. Außerdem muss ich jetzt fort. Adieu!»
    Mit schnellem Schritt

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