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Ein Schritt ins Leere

Ein Schritt ins Leere

Titel: Ein Schritt ins Leere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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selbst auf die Gefahr hin, dass Sie mich für dreist und zudringlich halten.»
    «Bitte, fragen Sie.»
    «Haben Sie eine Fotografie aus der Tasche des Mannes genommen, der in Marchbolt verunglückte?»
    Sie ließ ihn nicht aus den Augen, registrierte jede Einzelheit seines Mienenspiels, und was sie sah, befriedigte sie.
    Eine leichte Verdrießlichkeit, eine Spur von Verwirrung, aber nichts von Schuld oder Erschrecken.
    «Wie in aller Welt haben Sie das erraten?», staunte er.
    «Also Sie haben sie genommen?»
    «Ja.»
    «Warum?»
    Wieder gewahrte sie eine leichte Verwirrung.
    «Lady Frances, bitte, versetzen Sie sich mal in meine Lage. Da sitze ich auf dem Klippenhang und halte Wache bei einem fremden Toten. Etwas guckt aus seiner Tasche hervor. Ich sehe hin. Es ist das Bild einer Frau, die ich kenne; einer verheirateten Frau, deren Ehe ich nicht zu den glücklichsten zähle. Was wird geschehen? Eine amtliche Leichenschau. In aller Öffentlichkeit. Möglicherweise geht der Name der Unglückseligen durch alle Zeitungen! Ich folgte einer plötzlichen Eingebung, Lady Frances, nahm das Bild und zerriss es. Vielleicht handelte ich unrecht, aber Moira Nicholson ist so eine kleine zarte Blume, und ich wollte nicht, dass sie in Schwierigkeiten geriet.»
    «Darum also!», sagte Frankie und atmete hörbar auf. «Wenn Sie nur wüssten…»
    «Was?»
    «Ach, lassen wir das im Moment. Es ist alles ziemlich verworren. Ja, warum Sie die Fotografie vernichteten, begreife ich jetzt, nicht aber, weshalb Sie der Polizei nicht den Namen des Mannes nannten.»
    «Mein Gott, Lady Frances, ich kannte ihn doch gar nicht.»
    «Sie hatten ihn doch eine Woche zuvor hier in Merroway Court gesehen!»
    «Sind Sie verrückt?»
    «Alan Carstairs… haben Sie Alan Carstairs nicht kennen gelernt?»
    «Gewiss. Er kam mit den Rivingtons. Aber der Tote war nicht Alan Carstairs.»
    «Jawohl, er war es!»
    Sie starrten einander an. Dann sagte Frankie mit neu erwachtem Argwohn:
    «Sie müssen ihn doch wiedererkannt haben!»
    «Ich habe sein Gesicht nicht gesehen.»
    «Was…?»
    «Nein. Man hatte ein Taschentuch darüber gebreitet.»
    Ein Taschentuch…? Sie überlegte. Und plötzlich fiel ihr ein, dass Bobby in seinem ersten Bericht über die Katastrophe erwähnt hatte, er habe das Gesicht des Verunglückten mit einem Tuch bedeckt. «Und Sie haben es nicht hochgehoben?», fuhr sie mit ihrem Verhör fort.
    «Nein. Warum sollte ich?»
    Oh, diese Männer!, dachte Frankie. Wie wenig sie von Neugier geplagt werden! Wenn ich die Fotografie einer mir bekannten Person in der Tasche eines Toten gefunden hätte, würde ich unter allen Umständen sein Gesicht betrachtet haben…
    «Arme, kleine Moira», sagte sie dann laut. «Wie sie vor Angst zittert!»
    «Angst? Vor wem?»
    «Vor ihrem Mann, der ihr nach dem Leben trachtet.»
    «Aber Lady Frances!» Roger sah sie ungläubig an.
    «Setzen wir uns auf diese Bank da», schlug Frankie vor.
    «Ich werde Ihnen eine Unmenge erzählen und beweisen, dass Dr. Nicholson ein gefährlicher Verbrecher ist. Nachher können Sie selber urteilen.»
    Sie gab ihm einen ausführlichen Bericht über alles, was seit dem Tag geschehen war, als Bobby und Dr. Thomas den Abgestürzten gefunden hatten. Nichts verschwieg sie, außer der Tatsache, dass ihr Unfall inszeniert gewesen war; aber sie ließ durchblicken, dass ihr längeres Verweilen in Merroway Court mit dem sehnlichen Wunsch zusammenhing, das Rätsel zu lösen.
    Über einen Mangel an Interesse seitens ihres Zuhörers konnte sie sich nicht beklagen. Roger schien von der Geschichte ganz fasziniert zu sein.
    «Ist das alles wahr?», fragte er. «Auch die Vergiftung dieses jungen Jones?»
    «Die lautere Wahrheit.»
    «Zürnen Sie mir nicht wegen meiner Ungläubigkeit, Lady Frances. Doch das Ganze klingt fast wie eine Räuberpistole. Immerhin – mit Ihrer ersten Schlussfolgerung haben Sie meines Erachtens Recht. Dieser Alex Pritchard oder Alan Carstairs muss ermordet worden sein, und da die Mörder annahmen, der junge Jones wüsste etwas, was ihnen gefährlich werden könnte, versuchten sie, ihn ein für alle Mal mundtot zu machen – und werden es vermutlich ein zweites Mal versuchen, sobald sie herausgefunden haben, wo er steckt. Auf schwachen Füßen steht hingegen Ihr Verdacht gegen Nicholson.»
    «Er ist ein so verbissener, finsterer Mann», erwiderte Frankie. «Dazu der blaue Talbot und des Doktors Abwesenheit am Tag von Bobbys Vergiftung. Ferner die Enthüllungen seiner

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