Ein schwarzer Vogel
Informationen zu bieten haben.«
»Haben Sie die Abendzeitungen
gelesen?«
»Nein.«
»Nun, die Polizei wird bald bei
Ihnen auftauchen.«
»Die Polizei?«
»Ja.«
Seine Augen waren hart und
stechend. »Was soll das heißen?«
»Robert Cameron, der eine der
Treuhänder, wurde heute mittag ermordet.«
»Wer hat ihn getötet?«
»Man weiß es noch nicht.«
»Kann man Ihnen trauen?«
»Ja.«
Er zog eine Zigarettendose aus
der Tasche und zündete sich eine Zigarette an. »Aus welchen Motiven wurde er
ermordet?«
»Sie sind noch unbekannt.«
»Warum erzählen Sie mir das
alles?«
»Das würde ich selbst gern
wissen. Ich habe für jemand, der mit dem Testament zu tun hat, einen Auftrag
erledigt, und nun interessiert mich der Fall. Ich habe inzwischen Shirley Bruce
kennengelernt und dachte, es wäre vielleicht ganz aufschlußreich, auch Ihnen zu
begegnen.«
»Und was versprechen Sie sich
davon?«
»Ich sagte Ihnen schon, ich
weiß es nicht.«
Ein paar Sekunden rauchte er
schweigend. Dann begann er schnell und nervös zu sprechen. Die Zigarette
zwischen seinen Lippen bewegte sich auf und ab, während er redete, und kleine
Rauchwolken unterstrichen seine Worte. »Ich habe keinen Grund, Mitgefühl und
Schmerz zu heucheln, nur weil dieser Kerl tot ist. Ich haßte ihn wie sonst was.
Ich habe weder für ihn noch für Harry Sharples das geringste übrig. In meinen
Augen sind sie nur ein paar aufgeblasene Fettwänste. Das sind mir schöne
Treuhänder. Aber sie haben alles sauber hingekriegt. Cora Hendricks muß ihnen
blindlings vertraut haben. Nach allem, was ich feststellen konnte, war sie aber
auch die einzige, die das je getan hat. Aber machen Sie sich nichts vor. Diese Treuhänderschaft
ist luftdicht und bombensicher. Ihre Vorschriften sind so abgefaßt, daß sie mir
jeden Cent abnehmen können. Und das werden sie auch fleißig weiter tun, solange
sie Gelegenheit dazu haben. Sie haben schon alles dazu vorbereitet, was in ihrer
Macht steht. Mein Anwalt rät mir immer, nicht mit dem Kopf durch die Wand zu
rennen. Ich soll hübsch ruhig und ordentlich bleiben, damit ich wegen
Begünstigung Einspruch erheben kann, wenn sie plötzlich Shirley den ganzen Rahm
zufließen lassen wollen. Aber dazu muß mein Lebenswandel so weiß wie
frischgefallener Schnee sein. Darum muß ich diesen schmutzigen Autoladen
betreiben, während diese Brüder in der Welt umherfliegen. Verstehen Sie meine
Lage? Ich kann die Treuhänderschaft nicht angreifen, das läßt das Testament
nicht zu, aber wenn sie den anderen Erben begünstigen, kann ich sie vielleicht
ausschalten. Ich kann versuchen, daß das Vermögen anderen Treuhändern übergeben
wird und daß sie wegen Unzuverlässigkeit abgelöst werden.«
»Aber bisher wurde niemand
begünstigt. Shirley Bruce erhält doch den gleichen Betrag wie Sie?«
»Ja, die liebe, kleine Shirley.
Das ist auch so ein bestrickendes Persönchen«, sagte er, und seine Stimme bebte
vor Wut. »Sie ist so ein richtiges süßes, kleines Musterkind. Jedesmal, wenn
sie ihre — in Anführungsstrichen - Onkels sieht, überfällt sie sie mit Küssen,
die selbst einen alten Droschkenkutscher noch erröten lassen. Ein süßes
Herzchen. Sie denkt nicht daran, auch nur einen Pfennig mehr anzunehmen, als
ich bekomme, o nein! Aber sie wohnt in einer luxuriösen Wohnung, sie geht nach
der letzten Mode gekleidet, und die Hälfte ihrer Zeit verbringt sie in einem
Schönheitssalon. Wo kriegt sie, zum Teufel, all das Geld dafür her?«
»Danach wollte ich Sie auch
fragen.«
»Fragen Sie sie selbst, fragen
Sie Sharples, schauen Sie bei Cameron nach. Die Buchführung der Nachlaßverwalter
weist aus, daß sie nicht einen Cent mehr als ich bekommt. Aber woher hat sie
das Geld? Das möchte ich wissen!«
»Soviel ich weiß, hat sie ihr
eigenes Einkommen.«
Er lachte hämisch. »Ihr eigenes
Einkommen! So kann man es auch nennen. Wenn ich ein Mädchen mit ihren Reizen
wäre und wie sie mit Seidenstrümpfen, einem farbenfrohen dünnen Morgenrock und
bestickten Pantöffelchen Besuch empfinge, hätte ich vielleicht auch ein eigenes
Einkommen. Wenn Sie wissen wollen, woher sie ihr Einkommen hat, dann fragen Sie
Sharples. Und fragen Sie Cameron.«
»Cameron kann ich nicht fragen,
er ist tot.«
»Dann fragen Sie Sharples.«
»Danach ist er doch wohl schon
gefragt worden.«
»Und ob. Und er wird noch öfter
gefragt werden.«
»Ist Shirley Bruce mit Ihnen
verwandt?«
Er sah mich überrascht an.
»Hören Sie mal, Sie haben mit
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