Ein schwarzer Vogel
heißt Harry Sharples.«
»Arbeiten Sie für ihn?«
»Wir haben für ihn gearbeitet.«
»Ist Ihr Auftrag erfüllt?«
»Was mich betrifft, ja. Aber er
will noch mehr von uns.«
»Was denn?«
»Er will mich als seine
Leibwache engagieren.«
»Warum denn das?«
»Wenn ich das wüßte.«
»Als ob Sie keine Ahnung hätten...
!« sagte er zweifelnd.
Ich machte mein
scheinheiligstes Gesicht, während Sellers das Ende seiner Zigarre zu Fransen
zerkaute. »Donald, Sie sind ein verdammt hintergründiger Bursche. Wer sich mit
Ihnen einläßt, kann leicht in die Klemme kommen.«
»Meine Freunde nicht. Ich habe
noch nie einen Freund in Druck kommen lassen«, widersprach ich.
»Was wollen Sie denn nun
wirklich?«
»Sharples fürchtet sich
anscheinend.«
»Wovor?«
»Ich sagte Ihnen schon, ich
habe keine Ahnung.«
»Und was soll ich nun für Sie
tun? Den Hellseher markieren oder so etwas Ähnliches?«
»Sharples und Cameron
verwalteten gemeinsam den Nachlaß von Cora Hendricks. Es handelt sich um einen
beträchtlichen Haufen Geld. Es gibt zwei Erben, ein Mädchen namens Shirley
Bruce und einen jungen Mann namens Robert Hockley.«
»Und weiter?«
»Die Nachlaßverwalter sind für
Shirley Bruce sehr eingenommen und glauben, sie müßten Robert scharf auf die
Finger sehen. Shirley kann so viel Geld lockermachen, wie sie will, aber Robert
nicht, solange der Nachlaß von den Treuhändern verwaltet wird.«
Sellers nahm die Zigarre aus
dem Mund und spuckte die abgekauten Stummelteile in einen großen Messingnapf.
»Sie können sich gar nicht vorstellen, wie wenig mich das alles interessiert«,
sagte er sichtlich gelangweilt.
»Die Treuhandverwaltung endet,
wenn die Erben ein bestimmtes Alter erreicht haben. Dann können die
Nachlaßverwalter ihnen entweder das Kapital auszahlen oder eine Rente kaufen.«
»So, so.«
»Ich nehme stark an, daß die
Erben den Zaster lieber auf einen Haufen hätten.«
»Leider werden sie nicht danach
gefragt.«
»Es gibt aber noch eine andere
Möglichkeit, bei der die Treuhänderschaft endet.«
»Welche?«
»Den Tod beider Treuhänder.«
Er sah mich einen Moment mit
gerunzelter Stirn an und fragte dann plötzlich mit gespannter Aufmerksamkeit: » Wie war das?«
»Im Falle des Todes beider
Treuhänder wird die ganze Summe automatisch zu gleichen Teilen an die beiden
Erben ausgezahlt.«
»Wieviel ist es denn?«
»Runde zweihunderttausend.«
Das Ende seiner Zigarre bebte
und zitterte, als er wieder nervös auf ihr herumzukauen begann. »Und damit
kommen Sie zu mir?«
»Genau. Damit komme ich zu
Ihnen.«
Er riß mit den Zähnen ein paar
Tabakfetzen von seiner Zigarre los und spuckte sie aus. Mit dem Blick auf das
ausgefranste Ende der Zigarre fragte er noch einmal. »Warum erzählen Sie mir
das eigentlich alles?«
»Das Interessanteste an dem
Mord ist, daß Cameron eine Krähe namens Pancho besaß. Cameron wurde erstochen,
als er telefonierte. Vor ihm auf dem Tisch lag eine Pistole, mit der ein Schuß
abgefeuert worden war. Auf wen mag er wohl geschossen haben?«
Sellers zuckte nur die Achseln.
»Ich war dabei, als Sharples
die Leiche fand. Ich habe mich ein bißchen umgesehen, aber keinen Einschuß
gefunden, und soviel ich weiß, hat die Polizei die Kugel auch noch nicht finden
können.«
»Glauben Sie vielleicht, daß
jemand die Kugel in seinem Pelz mit herumschleppt?«
»Es wird behauptet, daß die
Polizei das annimmt.«
Sellers fuhr sich durch sein
welliges Haar. »Ich will Ihnen etwas verraten, Donald, aber sprechen Sie
nirgends darüber, von wem Sie es wissen. Wir haben die Spur der Kugel
gefunden.«
»Hat Cameron auf jemanden
geschossen und gefehlt?«
Sellers schüttelte den Kopf.
»Er hat in die Luft geschossen. Es sieht fast so aus, als habe er einen Trick
versucht. Aber er war ein zu schlechter Schütze.«
»Was soll das heißen?«
»Unter dem Dach ist doch ein
Loch, durch das die Krähe ein- und ausfliegen konnte. Oben, direkt unter der
Decke.«
Ich nickte.
»Nun, als unsere Jungens die
Pistole fanden, aus der der Schuß abgefeuert worden war, sagten sie sich,
irgend jemandem muß die Kugel ja gegolten haben. Und als sie keine Einschußspur
fanden, dachten sie, vielleicht hat Cameron auf jemand geschossen, um sich zu
verteidigen.«
Ich nickte wieder.
»Aber wer auch den Schuß
abgefeuert hat: augenscheinlich zielte er auf das Loch unter der Decke in der
Hoffnung, die Kugel würde irgendwohin in den blauen Himmel fliegen. Es war aber
ein Streifschuß, denn
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