Ein schwarzer Vogel
Bertha und schüttelte sich. »Jetzt habe ich das verdammte Wasser in mich hineingegossen und bin genauso durstig wie vorher. Himmel, ist das heiß hier.«
»In ein paar Tagen wirst du dich daran gewöhnen. Du hast bisher in einem völlig anderen Klima gelebt. Dein Blut ist noch zu dick.«
»Das ist ein feiner Trost.«
»Hast du geglaubt, ich könnte dir helfen? Reg dich nicht so auf, dann ist dir auch nicht so heiß.«
»Nun hört aber alles auf«, platzte Bertha wütend heraus. »Ich soll mich nicht auf regen, wenn ich von so einem Straßenräuber in ein Auto gesperrt und über die schlechtesten Straßen der Welt geschaukelt werde und dafür auch noch siebzehn Dollars bezahlen muß. Wo sind eigentlich diese beiden Kerle geblieben? Was haben sie vor?«
Warnend wies ich mit einem Blick auf den Verwalter der Mine. »Woher soll ich das wissen?«
»Und der eine von ihnen soll von der Polizei sein?«
Ich nickte.
»Und der andere ist sein Chauffeur?«
»Chauffeur, Leibwache und anscheinend erster Gehilfe, alles in einer Person.«
»Er sieht so aus, als hätte er nicht einmal genug Verstand, um sich bei Regen unterzustellen.«
»Dafür hat der andere genug für zwei«, versicherte ich ihr.
»Erzähl mir keine Märchen«, erwiderte Bertha. »Persönlich habe ich noch keinen gesehen, der einem unserer ausgekochten Krimis das Wasser reichen könnte. Nimm Sellers zum Beispiel.«
»So, so«, meinte ich trocken. »Sellers zum Beispiel.«
Berthas Augen blitzten wütend. »Was willst du damit sagen?«
»Nichts Besonderes. Wir wollen uns nicht unnötig in die Haare kriegen«, beruhigte ich sie. »Ich habe dir gesagt, womit ich meinen Aufenthalt hier begründet habe. Sie werden dich auch danach fragen, was du hier willst.«
»Von mir aus sollen sie mich fragen. Ich kann doch wohl noch dahin reisen, wohin ich will«, sagte sie herausfordernd.
»Aber warum kamst du ausgerechnet hierher?« fragte ich.
»Weil ich den Auftrag dazu erhielt.«
»Du hast einen Auftrag, hierher zu kommen?«
»Lieber Himmel! Glaubst du, ich würde zu meinem Vergnügen in dies gottverlassene Urwaldnest fahren?«
»Und wer hat dir den Auftrag gegeben? Ein Klient?«
»Natürlich.«
Ich warf Felipe Murindo einen Blick zu. Er rauchte seine Zigarette und schien in Gedanken meilenweit entfernt zu sein. Aber konnte ich dessen sicher sein? Wie die Dinge lagen, wollte ich kein vermeidbares Risiko eingehen.
Bertha folgte meinem Blick. Sie sah Murindo abschätzend an und zeigte dann deutlich, daß sie ihm keinerlei Bedeutung beimaß.
»Wann hast du ihn gesprochen?« fragte ich.
»Ich habe nicht mit ihm gesprochen. Er schrieb mir einen Brief.«
Ehe ich weiterfragen konnte, hörte ich das Brummen von Motoren. Ich trat auf die Veranda vor dem kleinen Büro und sah zwei Wagen kommen. Der erste war Maranillas. Der Chauffeur steuerte ihn mit dem gleichen unbeweglichen, stumpfsinnigen Gesicht wie am Vormittag. Hinter Maranillas großem, chromglänzendem Wagen kam eine erbärmliche Karre angerattert, die noch älter und brüchiger zu sein schien als die, in der Bertha über die Straßen geschaukelt worden war.
Der zweite Wagen wurde von einem Mann in einer zerknitterten Khakiuniform gelenkt. Hinter ihm saß ein zweiter Mann in Uniform, der ein Gewehr mit aufgepflanztem Bajonett in den Händen hielt. In diesem Wagen saßen noch zwei weitere Männer, die ich erst erkennen konnte, als das Auto näher herangekommen war. Es waren Harry Sharples und Robert Hockley. Sie sahen völlig verwahrlost und abgerissen aus, wie Leute, die gerade ihren letzten Cent beim Pferderennen verloren haben.
Maranilla machte eine kleine beiläufige Handbewegung, worauf die beiden Wachen ihre Gefangenen zwanzig Schritte vor der Veranda anhielten.
Maranilla kam die Stufen zu der verwitterten Veranda heraufgestiegen, bot mit ernster, altmodischer Höflichkeit Bertha eine Zigarette an und fragte: »Gestatten Sie, daß ich eintrete?«
Bertha nickte nur stumm.
Auch der Chauffeur kam die Veranda herauf, und wir gingen alle wieder in das kleine Büro.
»Sie interessieren sich also für Bergwerke«, wandte Maranilla sich an mich.
Ich nickte bestätigend.
Da öffnete plötzlich der Chauffeur den Mund und sagte in glattem, geläufigem Englisch: »Wir haben erfahren, daß Sie Privatdetektiv und Teilhaber der Detektei dieser Dame sind. Sie heißt Bertha Cool. Sie kam mit dem Morgenflugzeug in Medellin an, mietete sich sofort einen Wagen und fuhr hierher.«
Schweigend wartete ich ab,
Weitere Kostenlose Bücher