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Ein seltsamer Ort zum Sterben

Ein seltsamer Ort zum Sterben

Titel: Ein seltsamer Ort zum Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Derek B. Miller
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und er gestern ihre Auseinandersetzung hatten, standen zwei Namen auf dem Briefkasten, sie leben also zusammen. Wenn sie so lange zusammen sind, dass sie schon einen Briefkasten teilen – vielleicht sogar verheiratet –, wie kann es sein, dass sie sich noch so viel zu erzählen haben? Hat dieser Mann keine Freunde, denen er sich anvertrauen kann, anstatt seine Zeit mit diesem Mädchen zu verbringen?
    Stundenlang?
    Was für ein seltsamer Ort, dieses Norwegen. Was für seltsame Leute.
    Die CD ist zu Ende, und er schaltet das Radio ein. Er schaut auf sein Handy, keine neuen SMS . Im Radio läuft jetzt amerikanischer Rock ’n’ Roll aus den 1950 ern, und er lässt die Musik an. Er fummelt am Rückspiegel und fragt sich, ob er heute wohl noch mal Zeit haben wird, etwas zu essen. Das Frühstück hat er ausgelassen, und jetzt, wo er diese beiden beschatten muss, um den alten Mann, den Kadri in der kleinen Gasse gesehen hat, zu finden, fürchtet er, keine Gelegenheit mehr zu bekommen, es nachzuholen.
    Vielleicht ein Eis. Das wäre köstlich. Erdbeere. Oder Minze. Sie haben gute Minze hier. Eins im Hörnchen. Oder im Becher.
    Nein, im Hörnchen.
    Sein Blick fällt auf einen 7 -Eleven. Die haben Eis. Kein besonders gutes Eis allerdings. Vielleicht lieber doch nicht. Aber sie haben
Lollipop
, das ist eiskalt und fruchtig. Das wäre jetzt genau das Richtige. Wenn nicht viele Leute an der Kasse standen, würde er in … schätzungsweise vier Minuten wieder hier sein.
    Aber selbst das wäre zu lang. Da kann man nichts machen, sie kommen gerade aus dem Hotel, zwei seltsame hartschalige Koffer im Schlepptau. Sie haben Lederjacken an und tragen Helme. Dann biegen sie um die Ecke, Enver kann sie noch sehen, und besteigen eine riesige Off-Road-Maschine, was Enver sofort beunruhigt. Es ist sehr schwer, Leute auf Motorrädern zu beschatten. Selbst wenn sie nicht wissen, dass sie verfolgt werden, winden sie sich durch den Verkehr, fahren an der Ampel vor und biegen urplötzlich in Straßen ab, die im Wald verschwinden.
    Der Norweger nimmt sein Handy aus der Jacke, telefoniert kurz und steckt es wieder ein.
    Sein weißer Mercedes fällt bestimmt auf. Niemand fährt hier einen weißen Mercedes. Seine Freunde haben ihm den besorgt. Wie dämlich. Wenn du Fremde einspannst, kommen sie unweigerlich mit ihren eigenen Ideen an.
    Die korrekte Antwort auf dieses Problem wäre ein Audi A 6 Kombi in Silber gewesen, das am wenigsten verdächtige Auto in Oslo. Herdenweise tuckern sie durch die Stadt. Er hätte in einem von ihnen sitzen können. Tut er aber nicht. Er sitzt in einem weißen Gangster-Mercedes, ohne Klimaanlage und mit nur einer CD , und verfolgt ein BMW -Motorrad, das sich jetzt in den Verkehr einreiht und nach Osten fährt.
    Er startet die CD von neuem. Unwillkürlich muss Enver lächeln.
    Zumindest hat die Jagd begonnen.

7. Kapitel
    Die BMW GS 1200 braust dahin, und der Boxster-Motor dröhnt sanft. Rhea blickt über Lars’ rechte Schulter, während das Motorrad entspannt mit fünfundsechzig Kilometern pro Stunde an der neuen Oper vorbeizieht, die weiß und eckig vor der Kulisse des blauen Fjords schimmert, und Oslos Stadtzentrum hinter sich lässt.
    Sie öffnet die Reißverschlüsse ihrer Lederjacke ein wenig, um mehr vom warmen Fahrtwind reinzulassen.
    Flussratten vom 59 . Breitengrad.
    Das war nicht einfach nur so dahingeschrieben. Es konnte nur eins bedeuten – nämlich dass Sheldon am Glomma-Fluss nach Norden und Osten in Richtung Hinterland unterwegs war, dort, wo das Sommerhaus lag und darin zwei Gewehre, von deren Existenz er erst gestern erfahren hatte.
    Noch im Continental hatte Lars die Sache auf den Punkt gebracht.
    «Wenn wir uns getäuscht haben, sind wir in vier, fünf Stunden zurück und können weiter nach ihm suchen, obwohl ich nicht sicher bin, was das für einen Nutzen haben könnte, wahrscheinlich sollten wir dort oben bleiben, weil wir ohnehin nicht nach Hause können. Wenn wir allerdings recht haben, sind wir vor ihm da, ich kann die Gewehre besser sichern, und wir können auf ihn warten. Je nachdem, was wir für besser halten, können wir ihn dabehalten, ins Krankenhaus bringen oder vielleicht sogar zur Polizei.»
    Rhea knetete an ihren Motorradhandschuhen herum.
    «Die Gewehre sind gar nicht gesichert?»
    «Doch, schon, aber er kommt da ran.»
    «Woher weißt du das?»
    «Er war Uhrmacher», sagte Lars achselzuckend. «Bestimmt weiß er, wie man ein Schloss knackt. Meinst du nicht?»
    «Das ist ja nicht

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