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Ein seltsamer Ort zum Sterben

Ein seltsamer Ort zum Sterben

Titel: Ein seltsamer Ort zum Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Derek B. Miller
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Halbinsel – wie heißt die gleich?»
    «Bygdøy.»
    «Das ist Long Island.»
    «Was ist mit Staten Island?»
    «Was soll damit sein?»
    Der Junge heißt Daniel. Sie kommen an einem Spielzeugladen vorbei, und sie blickt ins Schaufenster. Auf einmal sieht sie Sheldon im Laden stehen, ein blutiges Messer in der Hand.
    «Komm, lass uns bezahlen und ins Sommerhaus fahren», sagt Rhea ganz plötzlich.

    Draußen vor dem Fenster, in einem weißen Mercedes gegenüber vom Hotel, lässt Enver die Finger auf dem schwarzen Kunststoffbezug des Lenkrads zu einer Melodie tanzen, die außerhalb des Wagens niemand hört. Sein Zeigefinger ist vom permanenten Rauchen jugoslawischer Zigaretten ganz gelb. Er hört die CD eines Sängers mit dunkler, kratziger Stimme, der auf eine Zigeunergitarre eindrischt.
    Der Motor ist abgeschaltet. Die Kühlerhaube knackt im Sonnenschein.
    Die Frau, die er in dem Gebäude beobachtet, hat das Kinn auf die Hände gestützt, und der Mann hat sich auf dem Stuhl ausgestreckt. Über eine Stunde sitzen sie schon da an diesem heißen Morgen, während die Sonne in Envers wettergegerbtes Gesicht scheint. Die Sonne geht hier nicht nur spät unter, sie geht auch früh auf.
    Er setzt eine Fliegerbrille mit Goldrand auf und atmet tief ein.
    Bald wird sein Exil hier ein Ende haben. Nach dem Krieg – als der Kosovo noch serbisch war – ist er aus seinem Heimatland geflohen. Er wurde gesucht und verfolgt. Aber jetzt stehen die Dinge anders. Der Kosovo hat seine Unabhängigkeit erklärt. Er wurde von Staaten auf der ganzen Welt anerkannt. Und dort ist Enver kein gesuchter Kriegsverbrecher. Dorthin, in diesen neuen Staat, mit neuen Gesetzen, neuen Regeln und einem neuen Gedächtnis, wird er als stiller Held zurückkehren. Ja, der neue Staat hat sämtliche Insignien einer modernen Regierung. Natürlich wird es ein guter Staat sein. Er wird in Übereinstimmung mit allen internationalen Gesetzen und Vereinbarungen regiert werden. Er wird dankbar sein für die Unterstützung der freundlichen Nationen, die sein Existenzrecht anerkannt haben. Aber er wird auch gewieft sein und weise. Er wird sich zuerst an seine eigenen Leute erinnern. Er wird Enver und seine Kameraden beschützen. Wird sie in die Arme schließen. Wird lernen, seine Taten von damals auf die Art und Weise zu feiern, wie dies alle Staaten mit ihren Soldaten tun.
    Bevor es so weit ist, muss aber in diesem nordischen Land noch etwas erledigt werden. Und vor allem muss er den Jungen finden.
    Die Unabhängigkeit des Kosovo hätte eine Zeit allgemeinen Jubels sein sollen – mit Tanzen, Saufgelagen, Sex –, die Kompensation für ein Jahrzehnt des Kampfes in der UÇK gegen den serbischen Abschaum. Seine Waffenbrüder haben in allen möglichen gottverlassenen Ländern gelebt, im Verborgenen wie Ratten, die das Licht scheuen. Wenn man für ein Land kämpft, das keine eigene Regierung hat, gibt es niemanden, der Partei für einen ergreift. Aber jetzt ist der Kosovo frei. Und die Regierung weiß, wer dabei geholfen hat, ihn zu befreien. Und sie wird zu den heimkehrenden Söhnen gut sein.
    Enver war im März 98 dort, als Adem Jasharis Haus zum zweiten Mal von der Polizei durchsucht wurde. Er rammte selbst ein Messer in den weichen Teil zwischen den Rippen eines bulligen Polizisten, der eine ärmellose Kampfweste trug, und starrte auf ihn hinab, als das Leben aus seinem Körper wich, sah zu, wie die letzte Gefühlsregung sich auf dem Gesicht seines Opfers abzeichnete.
    Hass. Es ist immer Hass. Niemals Reue. Niemals das Bedauern, dass das Leben endet oder dass die Schönheit vergänglich ist.
    Wenn er Traurigkeit sähe – die Traurigkeit wegen all dem, was noch ungetan, ungelebt, unerfühlt ist –, vielleicht könnte er dann etwas Neues erblicken in diesem Sommer im Asyl. Doch es geschieht nie. Du schlitzt einen Menschen auf, und alles, was herauskommt, ist der Hass, der in ihm wohnt. Er tropft vom Messer herab und rechtfertigt den Mord.
    Er wischt sich mit einem weißen Taschentuch über die Stirn. Sie haben mir nichts davon gesagt, dass es hier so heiß sein würde, denkt er.
    Während des Kriegs versuchten die Serben, ihn, seine Familie, seinen Clan, seine albanischen Landsleute aus dem Land zu vertreiben – der Westen nannte es «ethnische Säuberung». Doch als die NATO anfing, Bomben abzuwerfen, und die KFOR -Soldaten einmarschierten, wendete sich das Blatt. Enver und seine Männer lernten rasch. Sie übten nicht beliebig Rache. Sie hatten es auf die

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