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Ein silbernes Hufeisen

Ein silbernes Hufeisen

Titel: Ein silbernes Hufeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Barbera
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einem prüfenden Blick zur Kontrolle warf er sein Gepäck über die Schulter und nickte dabei seiner Freundin und Gastgeberin ein letztes Mal zu. „Danke, Vicky,“ sagte er atemlos. „Grüß Robert von mir.“
    Sie umarmte ihn und seufzte, als sie ihm von der obersten Stufe der Treppe hinterher sah und Tony eilig in den Stall lief.
    Schon wenige Minuten später befand er sich im Galopp auf dem Weg nach London. Um Himmels Willen, hatte Vicky gesagt und dies traf all seine tausend Gefühle und Sorgen in diesem Moment ganz genau. Gäbe es doch nur irgendeine Möglichkeit, um noch ein wenig schneller voranzukommen!
     
     
    „Es ist noch viel zu früh,“ murrte Alex. „Sollte er sich kein fliegendes Pferd gezüchtet hat, dann kann er unmöglich schon hier sein.“
    Guinievaire drehte sich mit einem kurzen, aber übellaunigen Blick von den großen, runden Fensterscheiben fort und neigte den Kopf. Sie wusste natürlich, dass es noch bei Weitem zu früh dafür war, tatsächlich auf Tonys Ankunft zu hoffen, aber sie gab trotzdem sehr gerne vor, als warte sie ungeduldig am Fenster, allein weil sie entdeckte hatte, dass jene vorgegaukelte Sehnsucht Alex ausgesprochen verrückt machte. Dabei hatte sie in letzter Zeit seine Nähe wieder deutlich besser ertragen können, besonders nachdem er ihr in einem sehr, sehr lauten Streit endlich aufgebracht versprochen hatte, sie würden ihr Leben lang einzig und allein die besten Freunde sein, wenn sie nur endlich damit aufhörte, sich derart grauenhaft und gnadenlos zu benehmen, woraufhin Guinievaire Alex bei seinen zweifellos unüberlegten Worten genommen hatte und nun erwartete sie nicht weniger als absolute Zurückhaltung von ihm, die sie ihm dafür mit ihrer wertvollen Gesellschaft und einem weniger scharfen Umgangston entlohnte.
    „Ich vermisse ihn nun einmal ganz einfach,“ antwortete sie nun mit einem grausamen Schulterzucken, während sie ihren Platz am Tisch wieder einnahm. Den heutigen, sehr langen Abend verbrachten Alex und Guinievaire in der Bibliothek, einem der prachtvollsten Räume des Hauses, den man durch zwei große, abgerundete Türen betreten konnte und somit in eine Art Eingangsbereich gelangte, der mit dunklem Holz bis hinauf zur Decke getäfelt war. An der linken Wand gab es einige, inzwischen finstere Fenster, gegen deren Scheiben ein heftiger Regen trommelte und im Kamin gegenüber der Türen brannte ein wärmendes Feuer, vor dem Guinievaire und Alex an einem langen Tisch saßen. Dieser stand wiederum zwischen zwei parallel verlaufenden Treppen, die hinauf zu den zahllosen Bücherregalen führten, die bis unter die braun und rot gestrichene und mit Stuck überladene Decke reichten. Die Wände dort oben waren dunkelblau und mit goldenen Sternen verziert.
    Alexander hatte soeben den erneuten Aufbau der Figuren beendet, während Guinievaire ihre Gläser wieder gründlich gefüllt hatte und somit war alles bereit für eine weitere Partie. Sie spielten Schach und Alex hatte sie dabei bisher schon zweimal geschlagen, was den einfachen Grund hatte, dass Guinievaire nicht im Geringsten gewinnen wollte. Aus Langeweile hatten sie nämlich ein Trinkspiel aus dem Spiel der Könige gemacht, bei dem man jedes Mal einen großen Schluck des köstlichen Weins trinken musste, wenn der Gegner eine der eigenen Figuren schlug, und Guinievaire trank mittlerweile wieder mit großer Passion, schlicht weil sie festgestellt hatte, dass es weitaus zu frustrierend war, nicht zu trinken.
    „Bitte erspare mir alle weiteren Details,“ murmelte Alex reichlich desinteressiert. Bei jeder Gelegenheit, die sich bot, betonte Guinievaire immerhin, dass Tony ihr schrecklich fehlte, was er nicht hören mochte, obwohl es doch der Wahrheit entsprach. Tatsächlich würde Guinievaire ihren Verlobten gerne wiedersehen, aber wenn sie ehrlich zu sich war, dann musste sie auch einräumen, dass sie es zuweilen ein wenig übertrieb mit den sehnsüchtigen Liebesbekundungen. „Weiß beginnt,“ erinnerte sie ihr bester Freund.
    „Ich verstehe wirklich nicht, warum ich immer Weiß sein muss,“ beschwerte sie sich, wobei sie jedoch bereits den ersten von sehr vielen weiteren, sinnlosen Zügen machte.
    „Nun wo du ein braves Mädchen bist, Guinievaire, passt Weiß doch viel besser zu dir als Schwarz, nicht wahr?“ entgegnete Alexander in einem sarkastischen Tonfall, während er einen seiner Bauern nach vorne schob.
    Unzufrieden spitzte sie daraufhin den Mund, obwohl sie doch wusste, dass sie seinen

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