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Ein silbernes Hufeisen

Ein silbernes Hufeisen

Titel: Ein silbernes Hufeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Barbera
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mit Victoria oder Robert über dieses Thema gesprochen hatte, denn selbst wenn die beiden sicher zahllose Geschichten über Guinievaire und Alexander kannten, sie interessierten Tony doch nicht im Geringsten. Er hatte beschlossen, dass er wütend auf seine Liebste sein wollte und deswegen hatte er sich aus den sehr wenigen, sehr winzigen Informationen, die ihm mittlerweile endlich bekannt waren, eine ganz eigene Geschichte konstruiert: Guinievaire Hastings kannte Alexander Lovett seit ihrem Debüt vor drei Jahren. Er hatte sie verführt, wie er es mit zahllosen anderen Mädchen vor ihr getan hatte, und Guinievaire war dumm und naiv genug gewesen, um sich in ihn zu verlieben, während Alexander sie länger behielt als die anderen, weil sie schön und aufregend war, jedoch keinerlei tiefere Gefühle für sie hegte. Die Tatsache, dass Vicky Tony versichert hatte, Lovett bete Guinievaire an, hatte er bequemerweise wieder verworfen. Dennoch ergab diese zornige Version von Guinievaires und Alexanders Romanze leider recht wenig Sinn und konnte sehr viele Dinge nicht erklären, weswegen parallel dazu eine weitere, wesentlich tröstlichere Phantasie entstanden war, in der Guinievaire erkannt hatte, wie schlecht Lord Lovett für sie war und sie sich für Tony, der sie soviel besser behandelte, von ihm getrennt hatte. Auch diese Variante war natürlich Unsinn, denn immerhin war es ein unleugbarer Fakt, dass Guinievaire nun mit Alexander verheiratet war und sie Tony voll und ganz vergessen hatte.
    Wie viel Zeit verbrachte er nicht damit, darüber nachzudenken, was nicht alles hätte anders geschehen können zwischen ihm und ihr? Was, wäre er ihr niemals in den Reitställen begegnet und was, wäre ihre Flucht an Silvester erfolgreich gewesen? Was, wäre sie damals Tonys Tanzpartnerin auf ihrem Debütantinnenball gewesen, wäre er zugegen gewesen? Meist hatten die Antworten, die er sich auf diese Fragen gab, ein glückliches Ende, denn er liebte Guinievaire und er konnte sie niemals vergessen, einfach weil er es sich geschworen hatte, damals, als er sie im Haus ihrer Tante durch puren Zufall wiedergefunden hatte. Sie und Alexander würden nicht ewig verreist sein und er würde schon bald wieder die Kraft haben, um nach London zurückzukehren. Dort würde er sie dann wiedersehen, wobei er ihr deutlich machen wollte, dass es nicht vorbei sein musste für sie und ihn, all der Lügen und des Ehebruches zu trotz. Sicherlich würde sie ihn mit offenen Armen empfangen, log er sich ausgesprochen gerne an.
    Während er dies tat, war er aus dem Haus geflohen, weil Vicky und Robert unerträglich waren in letzter Zeit. Zu Beginn hatten sie bloß langsam damit begonnen, sich zu verstehen, dies war für ihn die weitaus angenehmste Phase ihrer gemächlichen Annäherung gewesen. Wieder einmal hatten sie viel miteinander geredet über recht interessante Themen, und dabei hatten sie nun endlich auch erstmals zahlreiche Gemeinsamkeiten entdeckt und sich nicht länger beständig gestritten, wobei Tonys unauffällige Anwesenheit sie damals noch nicht gestört hatte. Mit der Zeit hatten sie sich jedoch nicht nur miteinander arrangiert, sie hatten sich auch langsam ineinander verliebt auf eine sehr zurückhaltende, vorsichtige und bedachte Art und Weise. Schüchtern hatten sie miteinander geflirtet und winzige Anspielungen gemacht, hin und wieder hatte Rob ihre Hand gestreichelt oder ihren Arm berührt und Vickys große Augen hatten gestrahlt. Diese Zeit war durchaus problematisch gewesen für Tony, selbst wenn er damals oft bei Guinievaires Haus gewesen war, und Vicky und Rob sehr viele endlose Spaziergänge unternommen hatten, um seine immer störender werdende Präsenz zu umgehen. Die Gefühle waren jedoch schon bald heftiger geworden, und daraufhin hatten sie schließlich begonnen, ernsthaft an einer Beziehung zu arbeiten, die sie bemerkenswert vernünftig und solide innerhalb ihrer erzwungenen Ehe errichtet hatten, was Tony ausgesprochen faszinierend gefunden hatte, denn dabei waren sie erschreckend erwachsen gewesen. Sie hatten besprochen, welche Pläne sie hatten, was sie erwarteten, was sie wollten und waren am Ende übereingekommen, dass dies ab sofort eine Ehe war, in der die beiden Eheleute sich liebten. Und nun, wo alles geklärt und dennoch zugleich merkwürdig romantisch war, war Vicky endlich in Roberts großes Schlafzimmer eingezogen. Er konnte also nicht mehr lange hier bleiben, aber ihm fehlte zugleich auch eine neue Richtung. Wie

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