Ein Sohn für den Scheich
erkundigte sie sich besorgt. “Ich dachte, die letzte Behandlung …”
“Deine plötzliche Sorge um ihn ist wenig glaubhaft”, fiel Hassan ihr ins Wort. “Vor einem Jahr war es dir jedenfalls herzlich egal, was es für seine Gesundheit bedeutet, wenn du mich verlässt.”
Hassans Unterstellungen waren mehr als unverschämt. Schließlich wusste er genau, wie sehr Leona ihren Schwiegervater schätzte und mochte. Zwischen Scheich Khalifa und ihr hatte sich in der Zeit, die sie in seinem Palast verbracht hatte, ein geradezu freundschaftliches Verhältnis entwickelt.
“Dein Vater hat sehr genau verstanden, warum ich gezwungen war, dich zu verlassen!”, verwahrte sie sich gegen Hassans Beschuldigungen.
Sein skeptischer Blick verriet, dass er anderer Auffassung war als seine Frau. “Dann weiß er mehr als ich”, erwiderte er sarkastisch, “denn ich habe es damals so wenig verstanden wie heute. Vielleicht wäre es klüger gewesen, wenn ich dich davon abgehalten hätte – notfalls auch mit Gewalt. Dann sähe ich mich heute nicht mit dem Problem konfrontiert, dass mir gewisse Kreise die Thronfolge streitig machen. Einem Mann, dessen Autorität nicht einmal dazu reicht, seine Ehefrau zu bändigen, traut man nicht ohne Weiteres zu, ein Land zu regieren.”
“Glaubst du wirklich, du könntest Autorität beweisen, indem du mich entführst und nach Rahman verschleppst?” Leona konnte Hassan ein ungläubiges Lachen nicht ersparen.
“Wäre es dir lieber, wenn ich dir nachträglich recht geben und die Frau, vor der du davongelaufen bist, doch noch heiraten würde?”, antwortete Hassan mit einer Gegenfrage.
“Vielleicht hättest du das längst tun sollen”, sagte Leona gequält. “Sie passt eindeutig besser zu dir als ich.” Es kostete sie schier übermenschliche Überwindung, Hassan mit der Wahrheit zu konfrontieren. Doch wie er hatte auch sie selbst die Augen zu lange davor verschlossen, dass sie als Ehefrau des Thronfolgers in einem arabischen Scheichtum denkbar ungeeignet war.
“Das mag sein”, antwortete Hassan ungerührt, “nur will ich sie nicht. Ich habe genau die Frau, die ich mir immer gewünscht habe.”
“Aber nicht die, die du brauchst!”, hielt sie ihm verzweifelt entgegen.
Ihre schonungslose Offenheit strafte Hassan mit einem missachtenden Blick, der sie wie ein Schlag ins Gesicht traf. “Dein Versuch, die selbstlose Heldin zu spielen, in allen Ehren”, erwiderte er schließlich zynisch, “aber könnte es sein, dass du schlicht zu feige bist, endlich zuzugeben, dass du mich nicht mehr liebst?”
Die Frage war so absurd, dass Leona sich außerstande fühlte, sie zu beantworten. In ihrer Verzweiflung schlug sie die Hände vors Gesicht und ließ ihren Tränen freien Lauf.
Doch Hassan war von seinem Irrtum nicht abzubringen. “Ich erwarte eine Antwort!”, sagte er drohend, und um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, ging er entschlossen auf Leona zu. “Du liebst mich nicht mehr, habe ich recht?”, fragte er energisch, als er unmittelbar vor ihr stand.
“Du hast recht”, erwiderte sie, ohne die Hände vom Gesicht zu nehmen.
Wutentbrannt umfasste Hassan ihre Handgelenke und zwang sie, ihn anzusehen. “Sag das noch einmal”, forderte er sie auf, “und sieh mir dabei in die Augen.”
“Bitte lass mich los”, flehte sie und senkte den Blick, um Hassan nicht zu zeigen, welche Qualen sie litt.
Doch er war so außer sich vor Wut, dass er kein Erbarmen kannte. “Wenn ich dir glauben soll, musst du mir schon ins Gesicht sagen, dass du mich nicht mehr liebst”, wiederholte er seine Forderung. “Doch du wirst es nicht wagen. Und weißt du auch, warum? Weil es eine verdammte Lüge ist!”
“Ja, ich habe gelogen”, gestand Leona endlich und sah mit dem Mut der Verzweiflung zu ihm auf. “An meiner Liebe zu dir hat sich nichts geändert. Sonst würde ich nicht auf der Scheidung bestehen. Oder glaubst du, ich würde zulassen, dass du dich meinetwegen ins Unglück stürzt?”
Kaum hatte sie die ganze bittere Wahrheit ausgesprochen, riss sie sich von Hassan los, der zu ihrer Erleichterung keinen Versuch machte, sie zurückzuhalten.
Was ihn jedoch nicht daran hinderte, sie weiterhin mit Verachtung zu strafen. “Wenn ich dich richtig verstanden habe, willst du dein eigenes Glück opfern, um meinem nicht im Weg zu stehen”, sagte er mit schneidender Schärfe. “Sosehr mir das imponiert, frage ich mich, was aus dir wird, sollte ich tatsächlich in die Scheidung
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