Ein Sommer mit Danica
mein Freund, der Lobrovic? Er guckt sich die Akten an, entdeckt einen Ausweg … und nun ist's passiert! Freunde, es lebe die Intelligenz!«
Robic trank einen tiefen Schluck, aber niemand schloß sich seinem ›Prost‹ an. Betreten sahen sie vor sich hin, starrten auf die gescheuerten Dielen, schabten mit den Händen über die Tischplatte oder die Hosenbeine. Nur Stana sagte laut: »So ein hinterlistiger Kerl ist er, seht ihr es jetzt? Mit so etwas lebe ich nun dreißig Jahre zusammen! Muß ihn im Bett erdulden! Erst verdreht er die Augen und sagt: ›Unser Töchterchen wird einen Arzt bekommen! Wo hat sie sonst ein solches Glück, he? Schlechter als bei uns kann sie's nirgendwo antreffen, wir sind arme Hunde, die man dafür belohnt, daß sie auf den Hinterpfötchen tanzen …‹ – und jetzt schaltet er den Parteisekretär ein. Fragt ihn doch, warum? Los, fragt ihn!«
»Ja … Warum?« sagte Serge Dobroz. Ihn, den es am meisten anging, der sich um seine Liebe zu Danica betrogen sah, der seit dem Vorfall auf dem Tartiniplatz nur noch ein halber Mensch war und die Fischkonserven bespuckte, wenn sie vor ihm aus der Lötmaschine kullerten und er sie verpacken mußte, ihn plagte jetzt die Erkenntnis, daß Petars kühner Vorstoß ein Schuß war, der nach hinten losgehen und sie alle treffen würde.
»Ich habe es mir eben überlegt!« brüllte Robic und suchte die Flasche Malvazija. »Ich habe halt darüber nachgedacht.«
»Er denkt!« rief Stana. »Dr. Vicivic, tun Sie schnell etwas gegen diese unheimliche Krankheit!«
»Sascha hat es selbst gesagt.« Der alte Robic tauchte nach unten, erhaschte die Flasche neben Stanas Stuhl und hob sie triumphierend hoch. »Es wird weh tun, ein paar Tage oder Wochen, aber dann geht das Leben weiter. Die erste Liebe, meine Freunde! O Himmel, hätten wir alle unsere erste Liebe geheiratet!«
»Du hast es!« sagte Stana laut.
»Gott hat es zugelassen als Warnung.« Robic entkorkte die Flasche, und es reichte noch für eine Runde, halbvoll das Glas. »Danica wird Sascha vergessen, wenn nur dieser Trottel von Serge sich ernsthaft darum bemüht. Hörst du, du Fischbändiger, an dir liegt es.«
Serge Dobroz sah hilflos zu Dr. Vicivic hinüber. Duschan Dravic, der Milizkommandant von Piran, lachte meckernd. Er vertrug nicht viel Wein, denn seine Frau Ljubinka hatte immer den Daumen auf dem Flaschenhals, und man versuche einmal, ein Zweizentnerweib von der Flasche wegzudrängen.
»Sie wird mich hassen –«, sagte Dobroz elend. »Danica wird mich immer hassen, wenn man Sascha auf diese Art von ihr wegnimmt. Sie ist verrückt nach ihm.« Man sah, wie schwer es ihm fiel, das zu sagen. Er kaute an den Worten, als seien sie Gummi, der in seinem Mund aufquoll.
»Ha, du kennst Danica besser als ihr Vater!« sagte Stana. »Steh auf, du Esel von einem Vater, geh an den Spiegel und sieh dich an! Diesen Kopf aus Stein hat sie von dir geerbt, nur ist er schöner behauen worden. Mit diesem Schädel rennt sie Felsen ein … was ist dagegen eine Grenze!«
»Ich werde noch einmal mit Danica sprechen«, sagte Robic und ballte die Fäuste. »Wenn sie soviel von mir hat, wird sie mich verstehen.«
»Sie wird dich auslachen«, rief Stana.
»Was sagen Sie, Dr. Vicivic?« Der alte Robic stand auf, ging um den Tisch und wollte in die Küche, eine neue Flasche holen. Stana, an der er vorbei mußte, hielt ihn bewußt nicht an der Hose fest. Ein total betrunkener Mann ist in dieser Lage besser als ein halbbetrunkener Mann, dachte sie. Besauf dich ruhig, Väterchen. Als wenn man die Liebe mit Gesetzen und Winkelzügen beeinflussen könnte …
Robic blieb stehen, starrte Stana verwundert an, weil sie ihn ungehindert passieren ließ und lehnte sich gegen den Pfosten der Küchentür.
»Wo sind sie jetzt?« fragte Dr. Vicivic.
»Danica und Sascha? In Pula.«
»Sie werden dort übernachten, was?« Serge Dobroz sprang auf. Sein Gesicht glühte. »Sie werden zusammen schlafen! Und ich soll heiraten, was man diesem Deutschen gewaltsam aus dem Bett zieht?«
»Hinsetzen!« brüllte Robic. »Sie schlafen nicht. Sie kommen bald zurück. Das Wochenende beginnt, da ist Hochbetrieb im Laden. Danica muß hinter der Theke stehen. Sie hat noch nie ihre Pflicht versäumt! Nie! Das Pflichtbewußtsein hat sie von mir. Aber bevor sie zurückkommen, müssen wir hier unter uns Klarheit haben. Darum sitzen wir hier zusammen.«
»Sie werden sich draußen lieben –«, sagte Dobroz dumpf. »Irgendwo …«
»Duschan, hau' ihm
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