Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Sommer und ein Tag

Ein Sommer und ein Tag

Titel: Ein Sommer und ein Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Winn Scotch
Vom Netzwerk:
oder die Zeit, in der ich noch eine Wahl hatte.

[zur Inhaltsübersicht]
    14
    M ontagvormittag treffe ich mich mit Rory in der Galerie, mit dem Plan, im Anschluss zum Couch-Shoppen zu gehen – mein Versuch, wieder die Kontrolle zu bekommen, die Wahl zu haben, in Bezug auf mein altes und mein neues Leben. Weil ihm langweilig ist und die Stadt wegen des langen Wochenendes immer noch wie ausgestorben ist, schließt Anderson sich uns an. «Außerdem», sagte er am Telefon, «kann ich dann das Personal bei Crate and Barrel bezirzen und einen Rabatt für dich rausschlagen. Das tun die gerne für Schauspieler, weißt du?» Ich seufzte und fragte mich, wie jemand gleichzeitig so liebenswert und so unerträglich sein kann.
    Ich habe am Wochenende versucht, ohne Schlaftabletten auszukommen, weil ich Angst davor habe, süchtig zu werden. Deswegen waren die Ruhephasen etwas unregelmäßig. Die letzte Nacht war keine Ausnahme: Um 2:32 Uhr starrte ich putzmunter meinen Wecker an, und jetzt habe ich Augen wie Marshmallows. Dick und geschwollen, kaum auf zu bekommen. Anderson reicht mir den Grande Latte, den er netterweise für mich mitgebracht hat.
    «Du kannst Gedanken lesen», sage ich. Mein schlechtes Gewissen regt sich, weil ich mich vorhin über seinen Narzissmus aufgeregt habe.
    Er nuckelt an seinem eigenen Becher. «Schlafstörungen. Rauben uns den allerletzten Rest Würde. Du siehst aus wie vom Zug überfahren, und ich fühle mich so.» Er lächelt. Wir wissen beide, wie glimpflich wir davongekommen sind.
    «Ich könnte Hilfe gebrauchen!», unterbricht uns Rory, die Arme voller Aktenmappen und losen Blättern.
    Rory geht es auch nicht besser. Sie hat das ganze Wochenende langgestreckt auf meiner Couch oder auf meiner Bettkante oder an die Heizung gelehnt verbracht und ihren Riesenstreit mit Hugh wieder und wieder in sämtliche Einzelteile zerlegt. Ich habe ihr zugehört, noch mal zugehört und immer wieder zugehört. Dabei hätte ich sie am liebsten an den Schultern geschüttelt und Jetzt stell dich nicht so an, davon geht die Welt nicht unter! geschrien. Stattdessen habe ich Kaffee gekocht, Reste aufgewärmt und versucht, sie so gut es ging zu trösten; ich habe die Wahl getroffen, von der Liv gesprochen hat: Ich habe mich dazu entschieden, für sie da zu sein, die Kontrolle aufrechtzuerhalten, als ich es konnte. Weil ich dazu in der Lage war.
    Samstagabend wurde es Peter endgültig zu viel oder zu langweilig, er verabschiedete sich kurz und verschwand … ich weiß nicht mal mehr, wohin. Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich ihn eigentlich danach gefragt habe, und ich weiß auch nicht mehr, ob er es mir erzählt hat, als ich Sonntagmorgen aufwachte und er vollständig bekleidet und nach kaltem Rauch stinkend neben mir lag. Ich habe ihm vertraut. Ich musste ihm vertrauen, auch wenn ich ihm eigentlich nicht vertraute. Das ist die Brücke, die wir überqueren müssen, um das Beige zu überwinden.
    Rory lädt die Mappen auf meinem Schreibtisch ab, mitten auf den Tischkalender mit meinen alten Frauenarztterminen. Anderson zieht den Bürostuhl mit den quietschenden Rädern heran und drückt mich hinein.
    «Also. Das war dein Aufgabenbereich», sagt Rory und deutet auf die Mappen. «Das sind deine Akten, mit dem System hast du hier Ordnung gehalten.»
    «Ich war also eine Aktenreiterin.» O Gott, bin ich wirklich eine Aktenreiterin gewesen? Wo ist der Sex? Wo ist der Glamour? Wo der winzige Funken Aufregung, der Beweis dafür, dass ich wenigstens irgendeinen Aspekt dieses Jobs geliebt habe?
    «Aber eine gute, das muss man dir lassen.» Rory schlägt den obersten Aktenordner auf. «Unsere Kunden in alphabetischer Reihenfolge – inklusive der jüngsten Käufe, Vorlieben, Abneigungen, Namen ihrer Kinder, Beruf. Steht alles hier drin.»
    Ich blättere ein paar Seiten durch, erstaunt darüber, wie viele Aspekte eines Menschen sich in die Spalten einer einzigen Seite pressen lassen. Genau wie bei meiner Akte, die Liv alles verrät, was sie über mich wissen muss. Nicht alles , verbessere ich mich. Nicht einmal annähernd alles. Ich blättere weiter bis zur letzten Seite, dann schlage ich den Deckel zu. Es interessiert mich jetzt schon nicht mehr. Ich lasse mich gegen die Stuhllehne sinken und mustere das Bücherregal an der Wand. Noch mehr Ordner. Doch diese tragen die Aufschrift FRANCIS SLATTERY.
    «Sind die von Dad?» Ich deute mit dem Kinn aufs Regal.
    Rory fährt herum und nestelt unbewusst an ihrem Hals herum.
    «Was?» Ihr

Weitere Kostenlose Bücher