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Ein Sommer und ein Tag

Ein Sommer und ein Tag

Titel: Ein Sommer und ein Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Winn Scotch
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Lachen ist zu hoch. Es klingt unnatürlich. «Oh, ach so, die . Ja, also, die sind von Dad.»
    «Mit Arbeiten von ihm?»
    Sie blinzelt zustimmend.
    «Hat Jamie dich nicht schon vor Wochen darum gebeten? Während seiner Recherchen?» Operation Freiheit für Nell Slattery . Ja, genau, auch nicht zu vergessen, wo wir gerade beim Thema sind.
    Sie zögert, fragt sich eindeutig, ob sie mit einer Lüge durchkommt. «Okay, ja, hat er. Bitte entschuldige», sagt sie, eindeutig mehr genervt als entschuldigend. «Ich wollte den ganzen Scheiß einfach nicht noch mal ans Licht zerren. Außerdem habe ich es Mom versprochen.»
    Du hast es Mom versprochen? , will ich schon sagen, doch dann fallen mir wieder Wahl und Kontrolle ein, und ich lasse es bleiben. Natürlich hat sie es Mom versprochen. Mom, die ebenfalls die Kontrolle für sich beansprucht.
    Ohne uns weiter zu beachten, tritt Anderson vor das Regal und zieht eine dicke Mappe heraus. Er knallt sie vor mir auf den Tisch, der Deckel springt auf und begräbt meinen Tischkalender gänzlich unter sich. Ich habe schon die ganze Zeit versucht, so zu tun, als wäre er nicht da, habe jeden Blick darauf vermieden, wie man den Blickkontakt mit dem Ex auf einer Cocktailparty vermeidet. 9. Woche. Ultraschall . Nein, nein, an solche Dinge denken wir jetzt nicht. Ich konzentriere mich lieber wieder auf die O.F.N.S., auf das, was ich womöglich gleich ausgrabe.
    «Also. Was haben wir hier?», fragt Anderson und nimmt ein paar Seiten genauer unter die Lupe.
    «Ach, dies hier stammt aus den späten Achtzigern.» Rory lässt den Finger über ein Blatt gleiten. «Und hier ist eins von Mom, siehst du? Eine Skizze des Porträts aus Moms Esszimmer», wendet sie sich an mich.
    «Aha.» Mein Blick ist zwar auf die Zeichnung geheftet, doch in Wirklichkeit sehe ich sie gar nicht richtig. Um ehrlich zu sein, bin ich abgelenkt, auch wenn der Kalender nicht mehr zu sehen ist – der Ex ist nun mal irgendwo im Raum, und ich verwende mehr Energie darauf, ihm aus dem Weg zu gehen, als die Party zu genießen. Wollte ich Peter davon erzählen? Wollte ich es behalten? Das sind in diesem ganzen Durcheinander die Fragen, die kein anderer für mich beantworten kann.
    «Sie sieht jung aus», sagt Anderson. «Glücklich.»
    «War sie auch – Ersteres zumindest. Was Zweiteres betrifft, das war bei ihr immer etwas komplizierter. Bei ihnen.» Rory schüttelt fast unbewusst den Kopf. «Und was sagt uns das? Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm und so weiter und so fort.»
    Freud , denke ich, und Liv fällt mir wieder ein. Wie sehr werden wir durch unsere Eltern geprägt? Welche Möglichkeit haben wir tatsächlich, uns davon zu lösen?
    «Rory? Kann ich dich was fragen?» Mir will dieser Scheißkalender nicht aus dem Kopf, dieser Termin in der Neunten Woche. Er hat mich eisern im Griff, drückt mir die Luft ab. Was hatte ich vor? «Ich weiß, dass du von meiner Schwangerschaft nichts wusstest, das hast du mir im Krankenhaus schon gesagt … aber … hast du es vielleicht geahnt? Gab es irgendwelche Anzeichen? Andeutungen über … über meine Pläne?»
    Beiden steht der Schrecken ins Gesicht geschrieben, und Anderson fasst meine Schulter, wie um mich zu stützen, obwohl ich bereits sitze.
    «Kein Grund zur Sorge», beruhige ich sie. «Ich, also, ich frage mich das einfach nur.»
    «Nein. Nichts», antwortet Rory schließlich und macht ein trauriges Gesicht. «Ich wünschte, ich hätte es gewusst. Ich hätte dich nie nach San Francisco geschickt.»
    «In der achten Woche schwanger macht einen noch nicht zum Krüppel. Ich wäre trotzdem geflogen.» Ich denke kurz nach. «Ich bin trotzdem geflogen.»
    «Mir hast du’s erzählt», klinkt Anderson sich ein.
    Er lehnt sich lässig an den Schreibtisch, in seiner braunen Cordhose und dem bunten T-Shirt, als wäre es die natürlichste Sache der Welt. Als würde er gerade in einem seiner Filme die eine Textzeile sprechen, die der Handlung die alles entscheidende Wendung verleiht. Rory und ich spielen die Szene perfekt zu Ende: Blicketauschen, ungläubiges Staunen, wie aufs Stichwort gerunzelte Augenbrauen.
    «Wirklich? Dir?», fragen wir beide gleichzeitig, und ich weiß nicht genau, ob Rory eifersüchtig oder nur verwundert ist. «Ich kannte dich doch gar nicht.»
    «Wir haben uns fast den ganzen Flug unterhalten. Ich wollte dich zu einem Wodka Tonic überreden, und da hast du es mir erzählt.» Er bricht ab, verzieht das Gesicht. «Ehrlich gesagt glaube ich, du wusstest

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