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Ein Sommer und ein Tag

Ein Sommer und ein Tag

Titel: Ein Sommer und ein Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Winn Scotch
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selbst nicht, was du tun sollst. Zumindest hast du mir nichts davon erzählt. Tja, ich weiß auch, dass dir das jetzt nicht weiterhilft.»
    «Klang ich, als wäre ich aufgeregt?» Ich versuche mir vorzustellen, wie es sich anfühlt, Mutter zu werden, auch wenn das bedeutet, alleinerziehende Mutter zu sein. Ja, vielleicht.
    «Ich bin nicht weiter darauf eingegangen. Ich war schon ein bisschen angetrunken, und ich fand, es wäre kein passendes Thema für ein Gespräch unter Fremden im Flugzeug.»
    «Oder ganz im Gegenteil. Vielleicht ist es das ideale Thema für ein Gespräch unter Fremden im Flugzeug. Vielleicht habe ich deshalb davon angefangen.»
    «Ist doch egal», unterbricht Rory mich schneidend. «Willst du dir die jetzt ansehen oder nicht?» Sie greift zum wiederholten Mal zum Handy und prüft den Posteingang. Die Enttäuschung steht ihr ins Gesicht geschrieben. Hugh hat sich immer noch nicht gemeldet.
    «Himmel, jetzt schalt mal einen Gang zurück!», bricht es aus mir heraus, dann mustere ich sie. «Geht es dir gut? Abgesehen davon, meine ich?» Ich zeige auf ihr Telefon.
    «Okay, na gut! Schön, ich sage dir die Wahrheit. Du hast mir nicht erzählt, dass du schwanger bist, weil wir nicht mehr miteinander gesprochen haben.» Sie seufzt, fährt sich mit den Fingern durch die ungewaschenen roten Haare und setzt sich wie geschlagen neben Anderson auf den Schreibtisch. «Als du weggeflogen bist, haben wir ungefähr eine Woche lang kein Wort mehr miteinander geredet. Ich hätte dich anrufen und mich entschuldigen sollen. Und hätte ich gewusst, dass du schwanger warst oder dass du beinahe bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kommen würdest, hätte ich dich natürlich angerufen, um einzulenken. Aber …»
    «Aber was?», hake ich nach.
    «Aber du warst bei unserem letzten Streit furchtbar fies. Du warst gemein und hast mir schreckliche Dinge an den Kopf geworfen. Und um ehrlich zu sein, ich habe dir genauso schreckliche Dinge an den Kopf geworfen. Ich konnte dir nicht verzeihen, nicht einfach so.»
    Ich atme tief ein und aus, schließe die Augen und wünschte, das wäre alles nicht so … so was? Kompliziert? Ja, wieso muss das alles so kompliziert sein? Also treffe ich die Wahl – wie Liv es ausdrücken würde –, es etwas einfacher zu machen.
    «Ich weiß, ich sollte dich jetzt wohl fragen, was ich gesagt habe, worum der Streit ging, aber … ist es in Ordnung, wenn ich nicht danach frage?» Ich mache die Augen wieder auf und sehe meine kleine Schwester an. Sie hat auch so schon genug Sorgen.
    Sie beugt sich zu mir und gibt mir einen Kuss.
    «Mehr als okay.» Ihre Stimme bricht. «Es tut mir leid, dass ich nichts von deiner Schwangerschaft wusste. Dass du es mir nicht erzählt hast, auch nicht vor unserem Streit. Wir hätten beide genügend Raum dafür schaffen müssen. Als Schwestern, verstehst du? Immer, vor allem anderen.»
    Ich strecke die Arme aus und lasse die Hände über ihre blassen Wangen gleiten. «Schwestern. Immer. Vor allem anderen. Ich kann mich zwar nicht daran erinnern, aber ich wünschte auch, ich hätte es dir erzählt.»

    Zweieinhalb Wochen später wird abends um neun Uhr die erste der American-Profiles -Folgen ausgestrahlt. Diese Folge berichtet, wie Jamie mir erzählte, als er mich aus seinem neuen Büro beim Sender anrief, vorwiegend über den Hintergrund – damit die Zuschauer sich ein Bild machen können, wer ich vor dem Absturz war, und um ihr Interesse zu wecken, damit sie sich gemeinsam mit uns auf die monatelange Reise begeben, auf die wir sie gerne mitnehmen möchten. Deswegen haben wir im Vorfeld auch nicht besonders viel neues Material gedreht, was für mich absolut in Ordnung war. Das, was mich interessierte – und das hatte ich ihm unmissverständlich klargemacht –, war die Entdeckung meiner eigenen Geschichte, die Ausgrabungen einzelner Teile mit ihm als Archäologen, der hier und da den Elementen trotzen muss, um die wirklich wichtigen Dinge ans Tageslicht zu bringen. Die naheliegenden Dinge ließen sich zum Großteil über Google herausfinden: der Aufstieg meines Vaters in die Künstlergemeinde und später die Abwärtsspirale bis hinunter zu seinen Dämonen, die er nie ganz zähmen konnte. Was ich jetzt brauche, sind die ungreifbaren Dinge, die Dinge, die sich durch Google – und Livs Akte – nicht herausfinden ließen. Wer war ich in den Zwischenräumen?
    Wir haben uns alle in unserer Wohnung versammelt, um die Sendung zu sehen. Offiziell habe ich zur

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