Ein Spiel um Macht und Liebe
konnte das Lächeln nicht ganz unterdrücken.
»Wenn normal bedeutet, daß ich den Wunsch verspüre, mit dir eine Schlägerei anzufangen, dann bin ich in Hochform.«
»Die erste Zigeunerregel für den Kampf lautet, man soll niemals mit jemandem eine Schlägerei anfangen, der einige Zentimeter größer ist als man selbst.«
»Ich werd’s mir merken.«
Sie hatten das Ufer des Sees erreicht, in dem Enten mit lautem Gequake herumpaddelten und zwei kleine Jungen unter dem wachsamen Blick ihres Kindermädchens Spielzeugboote schwimmen ließen. Sie wanderten langsam um das Gewässer herum, und Nicholas deutete mit dem Kopf auf die kleinen Boote. »Luden hat mir erzählt, daß man plant, die Siegesfeierlichkeiten im Juni hier zu veranstalten. Wahrscheinlich wird der Prinzregent die Schlacht von Trafalgar auf der Serpentine nachstellen lassen.«
»Meinst du das ernst?«
»Ganz und gar«, bestätigte er ihr. »Plus Feuerwerk, Paraden und einem hübsch-vulgären Jahrmarkt für die niederen Stände. Wenn du auf das Spektakel Lust hast, fahren wir wieder nach London.«
»Ich kann nicht zwei Monate im voraus entscheiden – ich kann mir ja kaum vorstellen, wie ich den nächsten Tag überstehen soll.« Sie schaute mit gequälten Augen auf. »Wir können nicht so weitermachen. Das siehst du doch ein.«
Sein Mund preßte sich zusammen. »Und warum nicht?«
»Wir haben bisher ein gefährliches Spiel gespielt.
Wir haben einander geneckt und provoziert und sind dadurch immer näher an die Grenzen des anderen gekommen«, sagte sie offen. »Zwischen meiner Hysterie und deiner ständigen Enttäuschung liegt nichts als Vernichtung. Wir müssen aufhören.«
»Vielleicht hast du recht«, gab er widerstrebend zu. »Was schlägst du als Lösung vor?«
»Ich denke, uns beiden ist am besten gedient, wenn ich nach Hause, nach Penreith gehe.«
Eine Welle der Furcht schlug über ihm zusammen.
»Was ich schon einmal gesagt habe, bleibt bestehen«, sagte er rauh. »Verlaß mich, bevor die drei Monate um sind, und ich kümmere mich um gar nichts mehr, was Penreith betrifft.«
Sie blieb stehen und starrte ihn an. »Ich begreife einfach nicht, warum dir soviel an meiner Anwesenheit liegt. Ich dachte eigentlich, inzwischen würdest du dich schon deswegen für die Mine einsetzen, weil du Lord Michael ärgern willst.«
Er begriff sich selbst nicht, aber er wußte verdammt genau, daß er sie nicht gehen lassen wollte. Instinktiv hob er die Hand, um sie mit einer Berührung zu überreden. Clare jedoch versteifte sich in einer angedeuteten, doch unmißverständlichen Ablehnung.
Seine Eingeweide krampften sich zusammen, und er ließ die Hand sinken. Ihm fiel nur eine einzige Lösung ein, wenn sie ihm auch überhaupt nicht gefiel. »Ich verzichte auf meine täglichen Küsse.
Das sollte uns helfen, unseren Seelenfrieden zu erhalten. War es nicht das, was du ursprünglich als Wetteinsatz für unsere gestrige Billardpartie vorgesehen hattest?«
Sie zog die Brauen zusammen. »Jetzt verstehe ich noch weniger. Gestern abend hast du den Verzicht auf dein Kußrecht glattweg abgelehnt.«
»Das war gestern. Heute ist alles anders.« Er nahm ihren Arm, um sie wieder zum Gehen zu bewegen. Langsam entspannte er sich, denn es sah so aus, als würde sie akzeptieren. »Du mußt doch merken, daß mir etwas an deiner Gesellschaft liegt. Wenn wir wieder in Aberdare sind, schaue ich mich mal nach einem Hund um, aber bis dahin werde ich wohl mit dir vorliebnehmen müssen.«
Sie lächelte, und ihre Miene wurde weicher.
»Da du es so schmeichelhaft ausdrückst, wie könnte ich da ablehnen?«
Er war so froh über ihr Lächeln. Doch als sie zum Aberdare-Haus zurückgingen, fuhr ihm durch den Kopf, daß er nur noch zwei Monate Zeit hatte, um sie zum Bleiben zu überreden. Und die Waffen der Verführung standen ihm nun nicht mehr zur Verfügung.
Als der Duke of Candover heimkehrte, war sein Hausgast gerade dabei, seine Sachen zu packen.
»Habe ich dich zu sehr vernachlässigt, Michael?«
fragte er und versuchte, sein Unbehagen nicht durchschimmern zu lassen.
Mit ausdrucksloser Miene antwortete sein Freund:
»Ganz und gar nicht. Aber ich kann nicht noch mehr Zeit verschwenden, indem ich wie ein Invalide herumliege – ich habe zuviel zu tun. Mit mir ist alles in Ordnung, ich hatte schon mal schlimmere Kopfschmerzen.« Dann erinnerte er sich an seine gute Erziehung und fügte hinzu:
»Vielen Dank für deine Pflege.«
»Warum gibst du nicht deine Mietwohnung
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